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Rezension: Dilemmata der Entwicklungspolitik

Dilemmata

Kürzlich habe ich den schmalen Band „Dilemmata der Entwicklungspolitik, Geschichten aus der Praxis“ gelesen, herausgegeben vom Netzwerk entwicklungspolitischer Fachleute. Auf gut 100 Seiten berichten darin Gutachterinnen und Gutachter aus ihrer Praxiserfahrung. Die Publikation greift Diskussionen auf, die unter Fachleuten oft informell geführt werden, zu selten aber ihren Weg in offizielle Meetings, Berichte oder sonstige Strukturen finden. „Bitte nicht fürs Protokoll“, lautet dann auch der bezeichnende Titel der Einleitung.

In 12 Beiträgen berichten die AutorInnen über Erfahrungen aus der Praxis als meist freiberufliche, externe ExpertInnen in der EZ. Die oft anekdotenhafte Form der Beiträge und die verwendete Fachsprache dürften dazu beitragen, dass der Band wenig Publikum außerhalb von EZ-Kreisen findet. Innerhalb der EZ ist ihm aber durchaus Leseinteresse zu wünschen.

Erfolge und Misserfolge

Die AutorInnen diskutieren sowohl Beispiele für Erfolge (etwa Karin Janz in einem Beitrag über die Kooperation mit Nordkorea) wie auch Schwierigkeiten (z.B. Theo Rauchs Diskussion des ownership-Konzeptes oder Anette Englerts Beitrag über Anspruch und Wirklichkeit bei der Durchführung von Evaluierungen). Vor allem die Schwierigkeiten sind natürlich für die weitere Auseinandersetzung mit strukturellen Problemen, die der Band vorantreiben will, von Interesse.

Besonders interessant fand ich das Kapitel von Iris Paulus und Beate Holthusen über „Die Zusammenarbeit mit Co-GutachterInnen“, da dieses sehr gut das Nord-Süd-Machtgefälle thematisiert, das in den allermeisten EZ-Kontexten weiterhin besteht. Ihre Empfehlungen an die beauftragenden Organisationen werden dort hoffentlich wahrgenommen, diskutiert und zumindest teilweise auch einmal umgesetzt.

Nettes Beiwerk, aber auch gute Fallstudien

Einige Beiträge sind eher nettes Beiwerk denn wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung (etwa Susanne Neymeyers Gespräch mit der 9-jährigen „Maya“), insgesamt aber lesen sich die meisten Kapitel, auch wegen der oft verwendeten persönlichen Anekdoten, interessant. Wer wie ich im Rahmen von Seminaren oder Lehrveranstaltungen gelegentlich Fallstudien aus dem Bereich der EZ-Praxis verwendet, kann hier überdies fündig werden – etwa im bereits erwähnten Beitrag von Karin Janz, Bernd Lebers Diskussion des Arbeitgebers UN oder Peter Ays Auseinandersetzung mit seiner Ehrung als Chief während seiner Tätigkeit als Teamleiter eines großen Projektes in Nigeria.

Ein Kritikpunkt meinerseits ist das nicht leserInnenfreundliche Layout. Die Texte sind oft im engen Blocksatz gesetzt; Absätze, Zwischenüberschriften etc. sind selten oder fehlen gänzlich.

Fazit

Wie die AutorInnen selbst schreiben, handelt es sich bei den thematisierten Dilemmata um solche, die eigentlich allen in der EZ tätigen AkteurInnen bewusst sind, die aber oft aufgrund struktureller oder finanzieller Zwänge, aber auch dem Mangel an Interesse unter EntscheiderInnen fortbestehen. Hier ist zu wünschen, dass die Beiträge ihren Weg in weitere fachliche Netzwerke und Institutionen der (deutschen) EZ finden, um dort Wirkung zu entfalten.

Netzwerk entwicklungspolitischer Fachleute (Hrsg.):
Dilemmata der Entwicklungspolitik. Geschichten aus der Praxis
(Reihe „Von Antidiskriminierung zu Diversity und Inklusion“ 2)
ibidem-Verlag, Stuttgart 2015, 125 Seiten, 12,90 €

Disclaimer: Der ibidem-Verlag hat mir freundlicherweise eine Ausgabe von „Dilemmata der Entwicklungspolitik“ als kostenloses Rezensionsexemplar überlassen.

 

 

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