Afrika
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Unruhen in Sansibar und Dar es Salaam

Zum dritten Mal in 2012 gab es Mitte Oktober Unruhen auf Sansibar, genauer in Stone Town, der Hauptstadt des Sansibar-Archipels, das der tansanischen Küste vorgelagert ist.

Von deutschsprachigen Medien ignoriert, haben internationale Medien bereits länger darüber berichtet. IRIN Africa bietet einen guten Überblick über die Oktoberproteste und ordnet sie in den gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Kontext Tansanias ein.

Die Proteste, in deren Verlauf ein Polizist getötet wurde, wurden ausgelöst durch die Behauptung der Nichtregierungsorganisation Uamsho, ihr Anführer Sheikh Farid Hadi sei durch die Staatsgewalt entführt worden, was die Polizei jedoch abstritt. Hadi tauchte drei Tage nach seinem Verschwinden wieder auf, der Grund für sein Verschwinden wird nirgends genannt. Uamsho soll Unterstützung von wohlhabenden Individuen aus den Golfstaaten und dem Iran erhalten. Uamsho setzt sich u.a. für eine Unabhängigkeit Sansibars (bestehend aus den Inseln Unguja und Pemba) von der Republik Tansania ein, zu der sich Sansibar und der Festlandteil Tanganyika 1964 zusammengeschlossen hatten.

Ebenfalls Mitte Oktober hatten in Dar es Salaam, der größten Stadt auf dem Festland, Proteste stattgefunden, ausgelöst durch die Festnahme des Geistlichen Sheikh Mussa Ponda. Diese stehen zwar in keinem inhaltlichen Zusammenhang zu denen auf Unguja, haben aber zum Teil vergleichbare Ursachen und könnten, wenn die Regierung sich nicht bald ernsthaft um die Lösung der Probleme kümmert, zu einer Bedrohnung für die tansanische Gesellschaft und die Einheit der Republik werden.

Enttäuschung, Armut, radikaler Islam

Enttäuschung mit der gegenwärtigen Politik, weit verbreitete Armut und Perspektivlosigkeit, vor allem unter der wachsenden sehr jungen Bevölkerung Sansibars wie auch des Festlandes gehören zu den Fäden, die sich zu einem komplexen Ganzen verweben und ExtremistInnen einen Nährboden bieten.

Insbesondere die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist ein großes Problem und laut IRIN bestand die große Mehrheit der Protestierenden auf Sansibar aus Männern unter 20 Jahren.

Laut den oben verlinkten Medienberichten schürt Uamsho Stimmung gegen TansanierInnen vom Festland und setzt sich dafür ein, dass der Tourismus stärker reglementiert wird (etwa durch Bekleidungsvorschriften oder die Begrenzung des Alkoholausschanks).

Tansania hat seit Jahren steigende Einnahmen durch den Tourismus. Neben den bekannten Nationalparks (u.a. Serengeti, Ngorongoro Crater) gehört Sansibar zu den Hauptzielen der TouristInnen. Dies könnte sich jedoch schnell ändern, sollten sich weitere Proteste ereignen (und internationale Medien darüber berichten).

Wie steht es um „Uhuru na Umoja“?

Für Tansania steht die Reputation, ein besonders friedliebendes Land zu sein, auf dem Spiel. Viele TansanierInnen sind stolz darauf, dass es in dem Land mit rund 120 ethnischen Gruppen nie zu bewaffneten Konflikten kam und dessen Wappenspruch „Uhuru na Umoja“, „Freiheit und Einheit“ lautet.

Nach Einschätzung von Abdullahi B Halakhe, Analyst bei der International Crisis Group, der von IRIN zitiert wird, besteht die Herausforderung für die tansanische Regierung nun darin, schnell adäquate Antworten zu finden, die die Ursachen der Proteste berühren, da sonst nicht nur Tansanias bisheriger Ruf als Hort der Stabilität Ostafrikas in Gefahr, sondern auch die Einheit des Landes durch eine wachsende Sezessionsbewegung auf Sansibar bedroht ist.

Weitere Texte

Deutschsprachige Medien (und Blogs) haben, soweit ich herausfinden konnte, nichts zum Thema berichtet. Hier ein Bericht von Bloggerin Suletta, die zufällig in die letzten Proteste geriet. Und hier eine interessante Reflexion von Pernille bei Dunia Duara, die sich damit auseinandersetzt, welche Wortwahl beim Berichten über „Proteste“ angebracht ist und wie soziale Medien dazu genutzt werden sollen oder können.

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