Neueste Artikel

Der internationale Frauentag in Afrika

Plakat der UN zum internationalen Frauentag in West Africa von

http://unwomenwestafrica.blog.com/2012/03/06/want-to-know-whats-happening-in-west-africa-on-international-womens-day/

Im letzten Post hatte ich es angekündigt; hier folgt nun der zweite Teil zum internationalen Frauentag mit  einigen Beispielen aus Afrika (genauer gesagt: Westafrika). Eigentlich dachte ich, es gäbe mehr Material zur Bedeutung des Frauentages in Afrika, aber anscheinend ist das noch ein weitgehend unerforschtes Feld. Ich bin aber auf eine interessante Liste von Veranstaltungen in Westafrika gestoßen, dazu gleich mehr.

Das Motto der UN zum diesjährigen internationalen Frauentag lautet „Empower rural women – end hunger and poverty“ (Frauen aus ländlichen Gebieten stärken, Hunger und Armut beenden).

Dahinter steckt, dass in ländlichen Gebieten in Entwicklungsländern Frauen etwa die Hälfte, oft auch mehr, der in der Landwirtschaft Beschäftigen ausmachen. Hier eine interessante Grafik (in Englisch) über „The female face of farming“ (das weibliche Gesicht der Landwirtschaft)

Frauen in Entwicklungsländern haben oftmals einen erschwerten Zugang zu Ressourcen wie Bildung und Ausbildung, Krediten, Landrechten oder Gesundheitsvorsorge. Müttersterblichkeit ist zum Beispiel eines der gravierendsten Probleme; sie ist alarmierend hoch in vielen Ländern wie etwa Sierra Leone (eine von 21 Frauen stirbt während Schwangerschaft oder Geburt), Liberia, Niger  und Somalia (eine von 17 Frauen).

In diesem Beitrag soll es allerdings weniger um Frauen in Entwicklungsländern gehen, sondern um die Bedeutung des internationalen Frauentages in verschiedenen afrikanischen Ländern.

Der internationale Frauentag quer durch Afrika

In Burkina Faso, Guinea-Bissau, Eritrea, Madagaskar, Sambia und Uganda ist der 8. März ein offizieller Feiertag. In vielen weiteren Ländern Afrikas werden an diesem Tag Feierlichkeiten mit Vorträgen, Reden und Begleitprogramm organisiert.

Die Themen sind vielfältig; hier einige Beispiele aus westafrikanischen Ländern (je ein Beispiel pro Land aus der umfangreichen Liste von UN Women West Africa):

  • Cote d’Ivoire: Offizielle Feierlichkeiten mit Anwesenheit des Präsidenten
  • Gambia: Demonstration des Anlegens von Gemüsegärten in einem Dorf, unterstützt durch UN, Regierung, Geberorganisationen (EU, Weltbank) und der NGO Concern
  • Ghana: Seminar über „‚Connecting girls, inspiring futures to reduce poverty“ (Mädchen verbinden für die Inspiration einer Zukunft der Verminderung der Armut), unterstützt vom Ministerium für Kinder und Frauen
  • Guinea: Aufklärungsveranstaltung  „Reise der Mobilisierung für mehr Autonomie für Frauen aus ländlichen Gebieten“ in allen 33 Präfekturen des Landes, unterstützt vom Ministerium für soziale Belange und Förderung von Frauen und Kindern
  • Kapverden: Offizieller Start der Telefonhotline für von Gewalt betroffene Frauen des kapverdischen Instituts für Gleichberechtigung und der kapverdischen Telecom
  • Liberia: Straßenparade von Frauengruppen, unterstützt vom Ministerium für Gender und Entwicklung
  • Mali: Diskussionsveranstaltungen in Schulen über „Leadership“ unter hoher Teilnahme von Mädchen, unterstützt vom Ministerium für Bevölkerung, Förderung der Frau und Schutz des Kindes
  • Niger: Aktion „Frauen im nationalen Radio“, unterstützt von der Vereinigung von Frauen in den Medien, der deutschen EZ und UN Women)
  • Nigeria: Offizieller Start eines nationalen Mentoringprogrammes für Mädchen des Ministeriums für Frauen
  • Senegal: Offizielle Feier der Regierung mit dem Start eines Fonds für Gendergleichheit, der Organisation eines Forums über Stärkung von Frauen aus ländlichen Gebieten und einer Ausstellung von Produkten, die von Frauen aus ländlichen Gebieten hergestellt werden – mit breiter Unterstützung von diversen UN-Organisationen und Entwicklungsagenturen
  • Sierra Leone: zweitätiger Workshop zum Thema des diesjährigen Frauentages, organisiert vom Ministerium für Soziale Angelegenheiten, Gender und Kinder

Der Frauentag wird also auch in afrikanischen Ländern mit politischem und gesellschaftlichem Engagement begangen. Leider konnte ich keine ähnliche Übersicht für andere Regionen Afrikas finden, vermute aber, dass der Tag dort im wesentlichen ähnlich begangen wird.

In vielen afrikanischen Gesellschaften holen Frauen auf und kämpfen gegen ihre Diskriminierung und Benachteiligung in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Der internationale Frauentag dient daher vielerorts, auf diese Mühen hinzuweisen und sich der Solidarität untereinander zu versichern.

Wie aus der obigen Liste ersichtlich wird, gibt es in vielen Ländern Ministerien, die für Frauen und/oder Gender zuständig sind. Allzu oft verfügen diese leider über zu wenig Mittel und damit einhergehend an Durchsetzungskraft, dennoch ist alleine ihre Existenz ein Erfolg. Zudem sind Themen wie „Frauen“, „Gender“, „Mädchenförderung“ seit vielen Jahren wichtige Bestandteile der Programme der meisten internationalen Geber – auch wenn die Erfolge nicht immer sichtbar sind.

Schließlich bleibt zu sagen, dass gesellschaftlicher Wandel Zeit braucht, oft Generationen. Erfolge lassen sich oft nur an winzigen Details festmachen, weniger am „großen Ganzen“ – und viele Beispiele aus afrikanischen Ländern zeigen, dass sich überall Frauen auf allen Ebenen für ihre Rechte engagieren.

Aus aktuellem Anlass: 8. März – internationaler Frauentag

http://www.lpb-bw.de/08_maerz_frauentag.html

Der morgige 8. März ist internationaler Frauentag. Anlass, einmal kurz über dessen historische und aktuelle Bedeutung nachzudenken. (Für weitere Informationen siehe z.B. das Dossier der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg oder Wikipedia).

Ich plane außerdem einen Folgebeitrag zur Bedeutung des internationalen Frauentags in Afrika.

Was ist der Ursprung des internationalen Frauentages?

Der internationale Frauentag hat seinen Ursprung im frühen 20. Jahrhundert, als Frauen in immer mehr Ländern begannen, für das Frauenwahlrecht zu kämpfen. In Deutschland gilt Clara Zetkin, SPD-, später KPD-Mitglied, als Begründerin des Frauentages, nachdem sie auf der ersten internationalen sozialistischen Frauenkonferenz 1907 das allgemeine Frauenwahlrecht gefordert hatte. Erstmals begangen wurde der internationale Frauentag dann am 19.3.1911.

Nicht vollständig geklärt ist, wie das Datum 8. März zustande kam, an dem der Tag seit 1921 begangen wird. Am 8. März 1917 streikten Arbeiter-, Soldaten- und Bauernfrauen in St. Petersburg und lösten damit die Februarrevolution aus. Die Meinungen gehen auseinander, ob im Jahr 1921 der Vorschlag der bulgarischen Delegation zur 2. internationalen Konferenz sozialistischer Frauen oder aber Lenin den 8. März  als internationalen Frauentag vorschlugen.

Nachdem 1918 das Wahlrecht für Frauen in Deutschland eingeführt worden war, rückten weitere Formen der Ungleichbehandlung von Frauen in den Fokus des Aktionstages, etwa die Bereiche Zugang zu Bildung, Arbeitslohn, oder Zugang zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen betreffend.

Die Nationalsozialisten verboten den Frauentag wegen seines sozialistischen Ursprungs und führten stattdessen den Muttertag ein. Nach dem 2. Weltkrieg hatte der Frauentag in Westdeutschland zunächst kaum Bedeutung während er in der DDR und anderen sozialistischen Ländern als Feiertag begangen wurde.

Die sozialistische Herkunft des Frauentages führte im Kontext des Kalten Krieges zu einer neuen Herleitung des Datums in den westlichen Ländern: losgelöst von der Frauenbewegung galt nun ein angeblicher Streik New Yorker Textilarbeiterinnen vom 8.3.1857 als eigentlicher Ursprung des Gedenktages, was inzwischen aber als Mythos entlarvt worden ist.

Erst die zweite Frauenbewegung griff Ende der 1960er Jahre den Frauentag wieder auf, um auf Themen wie Gewalt in der Ehe, verschiedene Formen der Diskriminierung sowie die Rechte nicht-heterosexueller Menschen aufmerksam zu machen. Seit 1975 ist der 8. März als internationaler Frauentag offizieller UN-Tag. In einigen Ländern ist er sogar gesetzlicher Feiertag.

Internationaler Frauentag heute – brauchen wir den noch?

Betrachtet man die ursprüngliche Bedeutung des internationalen Frauentages, nämlich den Kampf für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit, so lautet die Antwort ganz klar: Ja!

KritikerInnen wenden ein, dass – wie bei vielen anderen Gedenktagen auch – solche Tage oft nur als Feigenblatt fungieren. Für einen Tag werden die Forderungen und Lebenssituationen von Frauen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt, um danach für die kommenden 364 Tage wieder in den Hintergrund zu verschwinden.

Grundsätzlich ist diese Argumentation nachvollziehbar: Frauenrechte sind immer aktuell und werden täglich eingeschränkt, da kann es nicht mit einem Tag der Aufmerksamkeit getan sein. Tagtäglich kämpfen viele AktivistInnen für die Rechte von Frauen und Mädchen auf Gleichbehandlung, für gleiche Chancen (und Pflichten).

Dennoch dienen solche internationalen Tage dazu, dass diese täglichen Aktivitäten und Kämpfe einmal sichtbar werden, sichtbarer als sonst. Die mediale Aufmerksamkeit ist höher und vielleicht wird gerade dann die/der eine oder andere dazu motiviert, sich einmal intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen. Ein solcher internationaler Gedenktag dient also auch als eine Art Signal und Wegweiser der Orientierung im Meer der Informationsdauerbeschallung.

Gibt es nicht längst die „Gleichberechtigung“?

Viele – Frauen wie Männer – wenden gerne ein, dass die Gleichberechtigung doch längst erreicht sei, und Feministinnen sich aber wirklich einmal zufriedengeben könnten mit dem, was erreicht wurde.

Ist das wirklich so? Ein großes Nein lautet die Antwort. Frauen sind in vielen gesellschaftlichen Bereichen weiter Einschränkungen und Diskriminierungen ausgesetzt, und das weltweit. Gerade forderte die EU-Justizkommissarin Viviane Reding eine europaweite Frauenquote für das Management großer Unternehmen. Und in der Tag ist die „gläserne Decke“ nach wie vor eines der großen Probleme, mit dem sich berufstätige Frauen konfrontiert sehen.

Ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen (der sog. Gender Pay Gap), Benachteiligung alleinerziehender Mütter, fehlende Kitaplätze, sexistische Werbung,  Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen in  in den den Medien, ein zunehmender Diskurs gegen Abtreibung (nicht nur im US-Wahlkampf)… Beispiele der Ungleichbehandlung gibt es viele und auch wenn Frauen im Vergleich zu den Frauen rund um Clara Zetkin heutzutage vieles erreicht haben, so ist immer noch vieles unerreicht und leider viel zu weit unten angesiedelt auf der politischen Agenda, nicht nur aber auch in Deutschland.

Wo finde ich weitere Informationen?

Das Internet bietet eine Fülle von Informationen, hier ein kurzer, nicht repräsentativer und überhaupt nicht vollständiger Überblick:

  • das oben erwähnte Dossier der Landeszentrale für politische Bildung BW
  • Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung über die „Geschichte der Frauenbewegung“
  • Übersicht von Veranstaltungen zum Frauen(kampf)tag von der Mädchenmannschaft
  • UN-Seite zum International Women’s Day mit dem diesjährigen Motto „Empower rural women – end hunger and poverty“ (Frauen aus ländlichen Gegenden stärken – Hunger und Armut beenden)
  • arte Themenabend am heutigen 7.3. zu „Was Frauen wollen“ mit weitergehenden Informationen zum Thema und der Möglichkeit, im TV gesendete Beiträge bis zu 7 Tage nach Ausstrahlung im Netz anzusehen

Rassismus in Deutschland – leider immer noch Alltag in Politik und Gesellschaft

Rassismus in Deutschland, ein heikles, ein ernstes, ein erschreckend aktuelles Thema. Gerade fand die Gedenkfeier für die Opfer der Zwickauer Terroristen und deren Angehörige statt. Es gab eine deutschlandweite Gedenkminute und parteiübergreifend war sich die Politik einig, dass dies nie wieder passieren dürfe.

Die Kerzen zum Gedenken der Toten sind kaum verloschen, da erscheint die Studie  „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ [Zusammenfassung und Download] im Auftrag des Innenministeriums. Und wird verkürzt und mit populistischem Begleitgetöse in der BILD präsentiert.

Verkürzte und unsachliche Darstellung

Wie so oft, wenn es um Themen Muslime in Deutschland betreffend geht, verlief die Debatte zutiefst unsachlich. Das fing damit an, dass die BILD eine große Schlagzeile über die angebliche „Schockstudie“ brachte, nach der sich ein Fünftel der in Deutschland lebenden jungen Muslime nicht integrieren wollen.

Innenminister Friedrich ließ über die gleiche Zeitung verlauten, „Multikulti“ sei gescheitert und die Zahl der angeblichen „Integrationsverweigerer“ erschreckend hoch. Inzwischen wurde sowohl die verkürzte und populistische Darstellung der Studienergebnisse sowie ihr methodisches Vorgehen vielfach kritisiert. U.a. sagte in der SZ einer der Autoren, Wolfgang Frindte, Universität Jena, dass sich die Autoren missverstanden fühlen, da nur ein einziges Detail aufgegriffen und verzerrt dargestellt wurde. Die Autoren geben auch selbst zu, dass sie aufgrund fehlender Daten über die muslimische Bevölkerung innerhalb Deutschlands selbst nicht sagen können, wie repräsentativ ihre Daten sind.

Migration ist immer und überall

War das Land eben noch zutiefst erschüttert ob der Trauerfeier für die Opfer und Angehörigen der Mordserie der Zwickauer Terroristen, so folgt nun wieder ein Gegenreflex samt Beschuldigungen: „Die“ [die Muslime] wollen sich ja gar nicht integrieren, sind also selbst schuld, wenn man ihnen feindselig begegnet.“

Diese perfide Logik findet man leider allzu oft, verkürzte Darstellung von Tatsachen und einseitige Schuldzuschreibungen. Schwarzweißmalerei ist auch einfacher, als Ursachen und Wirkungen zu hinterfragen und möglicherweise auch selbst zuzugeben, dass die Politik jahrelang Fehler gemacht hat und diese immernoch macht.

Jahrelang hieß es, Deutschland sei „kein Einwanderungsland“, was aber angesichts der großen Zahl der „GastarbeiterInnen“ niemals stimmte. Im übrigen sind alle Gesellschaften der Welt in allen Zeiten durch Migration geformt worden, wir alle sind Produkte ganz unterschiedlicher Gesellschaften und Migrationsprozesse. Uns ist das nur oft nicht bewusst, da die Erinnerung daran nur wenige Generationen, wenn überhaupt, überdauert und sich der seit dem 19. Jahrhundert bestehende Nationalstaatsgedanke in uns festgesetzt hat. Da muss man aber nur einmal daran erinnern, dass es „die Deutschen“ als Volk eines einheitlichen Staates vor 1871, der Gründung des Deutschen Kaiserreiches, gar nicht gab.

Im politischen Diskurs wird aber leider viel zu oft ein „wir“ gegen „sie“ instrumentalisiert, ein ganz grundlegendes psychologisches Phänomen: Indem eine „fremde“ Gruppe als bedrdohlich dargestellt wird, erreicht man den Zusammenhalt der „wir“-Gruppe – aber zu welchen Preis geschieht das?

Die Frage nach dem „Warum?“

Eine Studie wie die oben erwähnte sollte nicht als „so ist es“ gelesen werden, sondern auch, und noch viel mehr, die Frage diskutieren lassen „warum ist das so?“ Warum geben junge Menschen an, dass sie sich nicht mit diesem Land identifizieren? Die Vermutung liegt nahe, dass ihnen allzu oft gezeigt wird, dass dieses Land sie nicht haben will. Das fängt an bei Begrifflichkeiten wie „AusländerIn“, „FremdeR“ oder „Migrationshintergrund“. Viele vermeintliche „AusländerInnen“ sind in Deutschland geboren und aufgewachsen, sprechen oft besser Deutsch als die Muttersprachen ihrer Eltern und haben deutsche Schulabschlüsse (was sie dann übrigens zu „BildungsinländerInnen“ macht).

Wie sich junge Menschen fühlen, die hier aufgewachsen sind, denen aber gezeigt wird, dass sie nicht dazugehören, beschreibt Kübra Gümüsay in ihrem Blog – und mit Sicherheit gibt es zahllose andere Beispiele.

Zeit, einmal innezuhalten und die eigenen Gedanken dazu zu sortieren.

Was bleibt von der Fassenacht? Ein rassistischer Nachgeschmack…

… leider alle Jahre wieder.

Am heutigen Aschermittwoch lecken die Närrinen und Narren ihre Wunden, nachdem sie übers Wochenende ausgiebig Fassenacht (oder Karneval, Fasching, Fasnet, usw.) gefeiert haben. Ist auch gut so und gehört zu dieser Jahreszeit – auch wenn ich keine Fassenachterin bin und nie war, so habe ich mir, nach mehreren Jahren im norddeutschen Exil, doch tatsächlich zum ersten Mal die Mainzer Fernsehfassenacht angesehen. Und auch ein wenig Rosenmontagszug, doch dazu später mehr.

Rassissmus im HR

Denn mein Anliegen ist eigentlich Folgendes: Was dringend einmal zum Thema der Fassenacht werden sollte ist Rassismus. In der vergangenen Woche gab es mehrere Berichte zur Fernsesendung „Frankfurt Helau“ des HR, in der eine „Türkin Ayse“ auftrat, verkörpert von der Deutschen Patricia Lowin. Die „Türkin“ verbreitet ein peinliches Klischee nach dem nächsten und der Beitrag ist alles andere als lustig sondern tut einfach nur weh weh aufgrund der platten Aneinanderreihung von bösen Vorurteilen.

Noch schlimmer macht es die Ansage des Mainzer Fassenachtsurgesteins Margit Sponheimer, die den Beitrag ankündigt mit „Wir zeigen Ihnen, wie Integration wirklich funktioniert“. Klingt im Nachhinein wie ein böser Scherz.

Auf Youtube kann man sich das Video ansehen (weil es wirklich schlimm ist, hier kein Link). Der Beitrag ist in keinster Weise lustig und hat auch überhaupt nichts mit der eigentlichen Fassenacht zu tun.

Der Sinn der Fassenacht war einmal, den Oberen die Meinung zu sagen unter dem Deckmantel des Kostüms und der Satire. Beiträge und Kostüme wie der oben erwähnte sind aber verletzend und werten Minderheiten ab, daher sind sie alles andere als „lustig“ und man muss sie auch nicht tolerieren „weil sowas gehört zur Fassenacht“. Nein, absolut nicht.

Rassismus in der Straßenfassenacht in Köln – und Mainz

Ein zweiter „Klassiker“ sind leider kolonialistisch angelehnte Verkleidungen, die lustig sein sollen, dabei aber andere Menschen verletzen. H. Depe Tchatchu schreibt hier, wie verletztend Verkleidungen als „primitive“ Schwarze für Afrodeutsche sind und ruft die Kölner KarnevalistInnen auf, zukünftig darauf zu verzichten.

Nein, auch das ist keine alberne Empfindlichkeit, die halt zur Fassenacht gehört, sondern es ist Rassismus und verletzt Menschen, die einen anderen Zugang zu Ereignissen in der (kolonialen) Vergangenheit haben als wir Angehörigen der weißen Mehrheitsgesellschaft. Im Text heißt es u.a.:

„Wenn Karnevalist/innen sich schwarz bemalen, Baströckchen anziehen und Knochen ins Haar stecken beschwören sie unkritisch Bilder der Kolonialzeit herauf, mit denen Afrikaner/innen zu „anderen, primitiven, exotischen, naturverbundenen“ aber im Geiste weniger entwickelten Menschen konstruiert wurden, um Gewalt und Ausbeutung zu rechtfertigen. Diese Bilder sind nicht harmlos, auch wenn die Darsteller/innen „es nicht so meinen“.“

Als ich das gestern las fiel mir ein, wie ich am vergangenen Montag kurz in die Übertragung des Mainzer Rosenmontagszuges hineingeschaut habe. Auch da lief eine Gruppe solchermaßen verkleideter Menschen mit, Gesichter schwarz angemalt und orientalisch angelehnten“Diener“-Kostümen. Die KommentatorInnen (darunter zufällig wieder Margit Sponheimer) hoben hervor, wie lustig doch solche Verkleidungen seien und wie schön, dass die betreffende Gruppe in diesem Jahr wieder dabei sei. Auch das muss im Jahr 2012 wirklich nicht mehr sein.

Nochmal: Sich dabei auf die Tradition zu berufen, gilt nicht. Rassismus ist Rassismus und bleibt Rassismus, egal wie lange er angeblich schon überliefert wurde.

Also, liebe Närrinnen und Narhallesinnen, oder wie auch immer sich Vortragende und Verkleidete nennen mögen, die Hausaufgabe für die Kampagne 2013 sollte also sein, sich einmal mit den eigenen rassistischen Vorurteilen auseinanderszusetzen.

Kriegerin: Krasses Kino

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=ZBHQQ5BVK-4&w=560&h=315]

Vorgestern habe ich den Film „Kriegerin“ gesehen, als Abschlussfilm des Regisseurs David Wnend an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ gedreht und inzwischen vieldiskutiert und bereits mit Preisen ausgezeichnet.

Es geht um Marissa, Anfang 20, gewaltbereites Mitglied einer Naziclique, deren Weltbild nach einer Begegnung mit zwei afghanischen Flüchtlingen ins Wanken gerät. Gleichzeitig stößt die einige Jahre jüngere Svenja zur Clique und wird allmählich so aggressiv, wie Marissa zu Beginn.

Weswegen ich den Film sehen wollte, war die absolut überzeugende Darstellung der Marissa durch Alisha Levshin, die ich in der Vorschau gesehen hatte und alleine dafür lohnt es sich auch, ins Kino zu gehen. Absolut beeindruckend und überzeugend.

Das Thema des Films ist erschreckend aktuell; nachdem im Herbst 2011 die Zwickauer Zelle aufgeflogen ist, wird wieder verstärkt über Rechtsradikalismus diskutiert und insbesondere auch die Rolle der Frauen hierbei (auch ich hatte dazu etwas geschrieben).

Der Film hat überwiegend positive Kritiken erhalten, in linken Medien ist die Betrachtung kritisch bis ablehnend. Die Vorwürfe lauten, dass die dargestellten Nazis zu sehr dem Klischee entsprechen (gewalttätige SäuferInnen und MitläuferInnen), die alle in ihren Familien Ablehnung erfahren und in der Naziclique ein Zugehörigkeitsgefühl erleben. Das kann ich nachvollziehen, vor allem den Einwand von Michael Bergmann in „Jungle World“, wonach „die Beschäftigung mit der eigenen Rolle und dem Rassismus der Mehrheitsgesellschaft (…) unnötig [bleibt].“

Weiterlesen

Hinter jedem starken Mann…

… steht eine starke Frau, so ein beliebter Spruch.

http://jedalexander.blogspot.com/2009/01/new-yes-we-can-all-weather-stickers.html

Heute schreibt die SZ über Michelle Obamas Einfluss auf ihren Mann, den Präsidenten der USA, garniert mit der Überschrift „Heimliche Herrscherin“. Anlass ist ein in den USA erschienenes „Enthüllungsbuch“ – ein Begriff, der selten Gutes ahnen lässt.

Der Artikel bringt wenig Neues, außer der Erkenntnis, dass Obama sich anscheinend vor wichtigen Entscheidungen mit seiner Frau (!) berät, die wiederum nicht immer einer Meinung mit seinen Beratern ist. Aber was bitte soll denn so skanadlös daran sein, dass der Präsident der USA sich in wichtigen Fragen mit seiner Frau berät (die – oho – öfters nicht der gleichen Meinung wie die präsidentialen Berater ist)?

Ist es nicht selbstverständlich, dass sich Paare, die in einer gleichberechtigten Beziehung leben, oft gegenseitig um Rat fragen und auch gegebenenfalls die Meinung des Partners zum Anlass nehmen, die eigene Meinung in Frage zu stellen oder gar zu revidieren? Auch und gerade in beruflichen Dingen?

Michelle Obama hat selbst eine beachtliche berufliche Karriere hingelegt (u.a. in einer Anwaltskanzlei, in der sich die Obamas kennenlernten) und hatte zeitweise ein höheres Jahresgehalt als ihr Mann – das dürfte sie durchaus zur Ratgeberin mit gewissem Sachverstand und ebensolcher Intelligenz qualifizieren.

Die „böse Hexe“ ist nicht totzukriegen

Es ist wirklich unzeitgemäß mit Berichten dieser Art das Bild von der „bösen Hexe“ im Hintergrund weiter am Leben zu erhalten (auch über Hillary Clinton wurde in ihrer Zeit als First Lady vielfach ähnlich berichtet). Auch hierzulande  lassen sich ähnliche Tendenzen gegenüber „starken Frauen“ hinter erfolgreichen Politikern erkennen, etwa in der andauernden Berichterstattung um die leidigen Affären des Bundespräsidenten.

Häufiger war zuletzt vom Einfluss seiner Frau auf sein Tun zu lesen, meist mit einem gewissen Unterton (die böse Frau flüstert dem guten Mann Unredliches ein). Ohne zu bewerten, was Herr und Frau W. zu irgendeinem Zeipunkt getan und gesagt haben, finde ich doch, dass diese Art der Berichterstattung ebenfalls zu weit geht. Zunächst einmal ist jede/r Mensch selbst verantwortlich für sein Tun – und moralisch fragwürdige Entscheidungen zeugen zuallererst einmal von einer Charakterschwäche der Person, die diese Entscheidung getroffen hat.

Die Frau im Hintergrund erscheint vielen BeobachterInnen suspekt: zu auffällig (sowohl in der Berichterstattung über Michelle Obama als auch über Bettina Wullf wird immer wieder betont, wie gut sie aussehen und wie modisch sie sich anziehen), karrierebewußt (beide waren beruflich erfolgreich, bevor die Männer ihre jeweiligen Ämter übernahmen) und vor allem mit einer eigenen Meinung ausgestattet, die ihre Männer ernst nehmen – was anscheinend als bedrohlich angesehen wird.

Kann man sich vorstellen, dass eines Tages ein Enthüllungsbuch über die Rolle von Angela Merkels Mann auf ihre politischen Entscheidungen erschiene? Was wären die Assoziationen dazu? Vermutlich weniger kritische, denn immerhin ist „Herr Merkel“ Joachim Sauer Professor und besitzt daher eine gewisse Reputation. Wäre eine ähnliche Empörung denkbar, wenn morgen enthüllt würde „Merkel berät sich in Euro-Krise mit ihrem Mann?“

Es wird wohl noch lange dauern, bis sich das Bild der „Politikergattin“ in den Köpfen gewandelt hat, hin von der Lady, die in Hannelore-Kohl-hafter Unscheinbarkeit still an der Seite ihres Mannes repräsentiert zur gleichberechtigten Frau mit eigener Meinung und entsprechendem Selbstbewußtsein.

Vielleicht müssen auch einfach mehr Politikergattinen nach Ende der Amtszeiten der Männer in die aktive Politik gehen und zeigen, dass sie es auch können (vielleicht sogar besser). Hillary Clinton hat es vorgemacht und überraschenderweise warfen in dieser Woche bereits zwei bekannte deutsche Frauen ihre Hüte in den Ring. Und heute ist erst Mittwoch.

Lebensmittelskandal # 38592

Kein Jahr vergeht ohne Lebensmittelskandal, und kein Jahr vergeht, ohne dass auf entsprechende Dinge hingewiesen wird, ohne dass längst bekannt wäre, dass hier Probleme bestehen, die dringend einer Lösung bedürfen. Zum Beispiel einer schärferen Gesetzgebung.

Heute in den Medien: Hähnchenfleisch aus Supermärkten ist verseucht mit resistenten Bakterien. Details darüber, was sich dahinter verbirgt, hat Arnim, der Dipl-Bio, verständlich zusammengefasst.

Ich schließe mich dem voll an. Wer Billigfleisch aus dem Supermarkt kauft, ohne sich zu fragen, wie es sein kann, dass das Fleisch dort zu absurd niedrigen Preisen verkauft wird, ist mittlerweile selbst schuld. Zu viele Skandale gab es in der Vergangenheit und inzwischen sind eine Menge guter Filme, TV-Dokumentationen und Bücher zum Thema in der Welt.

Leider ist die Lebensmittelindustrielobby viel zu mächtig, weit mächtiger, als es die Verbraucherschutzlobby ist. Und leider vereint die Bundesregierung die Zuständigkeit für beides, für Lebensmittelindustrie und Verbraucherschutz in ein und demselben Ministerium. Notwendigerweise bleiben da immer Interessen auf der Strecke – leider meist die der VerbraucherInnen.

Was ist los im Südsudan?

Am 9. Januar jährt sich zum ersten Mal der Tag, an dem die Südsudanesen aufgefordert waren, in einem Referendum über eine mögliche Unabhängigkeit ihres Landes vom Nordteil des Sudan zu entscheiden. Nachdem sich eine große Mehrheit dafür entschied, wurde der Südsudan am 9. Juli 2011 ein unabhängiger Staat.

Viele BeobachterInnen begleiteten und begleiten den Friedensprozess innerhalb des vormaligen Sudan – nun der zwei Staaten Sudan und Südsudan – kritisch und es scheint, dass der Südsudan immer instabiler wird. Diente zuvor die gemeinsame Abneigung der meisten Südsudanesen gegen den Norden dem Zusammenhalt, so intensivieren sich innerhalb des unabhängigen Südsudan nun viele lange bestehende Konflikte und Konfliktlinien wieder.

In dieser Woche melden verschiedene Medien, dass es 3.000 Tote bei einem Zusammenstoß zwischen Angehörigen der Ethnien der Lou-Nuer und Murle im Bundesstaat Jonglei gegeben habe, darunter rund 2.200 Frauen und Kinder.

Ende Dezember haben 6.000 bewaffnete Lou-Nuer die Stadt Pibor im Nordosten des Südsudan überfallen und dabei zwischen 20.000 und 50.000 Murle vertrieben, meldet reliefweb.

http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-16427732

Dies ist der letzte Vorfall innerhalb einer Spirale der Gewalt zwischen Lou-Nuer und Murle; vor einigen Monaten töteten Murle rund 600 Lou-Nuer während eines Angriffs.

Solche innergesellschaftlichen Konflikte sind im Südsudan an der Tagesordnung, und brechen immer weiter auf, je weniger Bedeutung ein gemeinsamer Feind, wie es zuvor der arabische Norden des Sudan darstellte, für die Südsudanesen hat.

Die BBC beruft sich auf Schätzungen der UN, wonach alleine in 2011 rund 350.000 Südsudanesen infolge ähnlich gelagerter Konflikte zu Vertriebenen im eigenen Land wurden.

Eskalation der Gewalt durch Kleinwaffenverbreitung

Im Fall der Murle und Lou-Nuer geht es seit Jahren um Viehdiebstähle. Eine Gruppe stielt Vieh von den anderen, es erfolgt Rache, das Vieh der Gegner wird wiederum gestohlen, und so weiter. Eine ähnliche Konfliktdynamik besteht zwischen vielen sogenannten pastoralisten in Ostafrika, Gesellschaften, die halbnomadisch leben und in denen Vieh eine sehr große Bedeutung für Status und als Kapitalanlage hat. Brautpreise werden mit Vieh bezahlt und wer keines hat, besitzt quasi keinen gesellschaftlichen Status mehr.

Viele benachbarte Gruppen stehlen sich seit Jahrzehnten gegenseitig ihr Vieh, oftmals war das ein Initiationsritus, in dem sich jüngere Männer beweisen mussten. Das führte nicht notwendigerweise zu vielen Toten, da die übliche Bewaffnung aus Speeren und Messern bestand.

Mittlerweile ist die Dichte an Kleinwaffen – was ein verharmlosender Begriff ist, siehe verlinkte Wikipedia-Definition – in Sudan, Kenia, Äthiopien und Uganda derart groß, dass die Viehdiebstähle in Gewaltorgien eskalieren, mit den entsprechenden Anzahlen an Toten.¹Diese Waffen und die entsprechende Munition kann sich jede_r auf jedem besseren Dorfmarkt besorgen.

Dadurch, dass fast alle Menschen Waffen besitzen, werden traditionelle Konfliktlösungsmechanismen untergraben; oft gab es z.B. Ältestenräte, die Konflikte lösten, Strafen verhängten und deren Autorität von allen anerkannt wurde. Wer eine Kalaschnikow trägt, der lässt sich aber nicht unbedingt mehr etwas von den Ältesten sagen.

Gerade im Südsudan hat der jahrzentelange Bürgerkrieg überdies dazu beigetragen, die Menschen zu militarisieren, gesellschaftliche Strukturen zu schädigen und ein allgemeines Klima der Gewalt und Rechtlosigkeit zu befördern.

Zwar gibt es in allen Staaten Programme zur Entwaffnung, im Südsudan etwa existiert ein Programm zur Demobilisierung der früheren Bürgerkriegskämpfer. Allerdings fördert dies in vielen Fällen eher die Gewalt; Angehörige der Murle berichten in der erwähnten Studie, dass entwaffnete Gemeinden in der Folge als schutzlos gelten und oft überfallen werden.

In 2011 stationierte die UN zeitweise Truppen in sogenannten TOBs (Temporary Operating Bases) in Jonglei, einem Bundesstaat, in dem mehrere Milizen Krieg gegen die südsudanesische Regierung führen. Doch da der Betrieb der TOBs teuer und logistisch aufwändig war, wurde diese Maßnahme wieder eingestellt. Die Autoren der Studie von Minority Rights Group International, Laura A. Young und Korir Sing’Oei merken jedoch an, das jedoch die dauerhafte Präsenz internationaler UN-Truppen eine erfolgreiche Intervention war und fortgeführt werden müsste, um den Kreislauf der Gewalt in Jonglei zu durchbrechen.

Es bleibt abzuwarten, ob sich infolge des jüngsten Massakers die internationale Gemeinschaft bereit erklärt, die UNMISS, die Mission der UN im Südsudan, entsprechend finanziell besser auszustatten, damit der Friedensprozess dauerhaft unterstützt werden kann.

¹  Eine aktuelle Studie zum Thema ist „Land, livelihoods and identities: Inter-community conflicts in East Africa“ herausgegeben von Minority Rights Group International, die auf einer Feldforschung von 2011 basiert und Konflikte im Südsudan, Kenia und Uganda analysiert, und die hier heruntergeladen werden kann.

Wahlausgang im Kongo –

In zwei vorherigen Posts hatte ich ja bereits über die Wahlen in der DR Kongo berichtet, hier ein kurzer Bericht zur aktuellen Lage.

Der neue Präsident ist auch der alte: Joseph Kabila wurde vom Obersten Gerichtshof der DR Kongo zum Wahlsieger erklärt und hat bereits seinen Amtseid abgelegt.

Die Opposition erkennt das Ergebnis der Wahl jedoch nicht an; Oppositionskandidat Etienne Tshisekedi plant, sich am kommenden Freitag, den 23.12. selbst als Präsident auszurufen. Auch internationale Wahlbeobachter, die EU, das US-basierte Carter Center und die katholische Kirche sprechen ebenfalls von massiven Unregelmäßigkeiten (siehe z.B. die letzten Einträge bei Congo Siasa).

Die Lage ist gespannt und gekennzeichnet von Gewalt und Unsicherheit. Die BBC berichtet unter Berufung auf Human Rights Watch, dass seit die Polizei seit Ende der Wahl 24 Menschen getötet hat. Immer noch ist der Versand von SMS nicht möglich (der bereits vor den Wahlen Anfang Dezember im gesamten Land unterbunden wurde).

Sollte Tshisekedi sich tatsächlich morgen zum Präsidenten ausrufen, könnte das die Situation weiter verschärfen und dazu führen, dass die Prognosen, ein unklares Wahlergebnis könne Konflikte bis hin zum Bürgerkrieg auslösen, wahr werden lassen.

Spende für „das arme Kind aus Afrika“ – Filmtipp „White Charity“

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=kUSMh8kV-xw&w=420&h=315]

„White Charity“ – ein Film von Carolin Philipp und Timo Kiesel.

Viele weitere Informationen mit Literaturtipps und Downloads gibt es auf der Seite zum Film.

Spendenwerbung – was steckt hinter dem armen Kind aus Afrika?

Wie jedes Jahr zur Weihnachtszeit werben unzählige (Hilfs-)Organisationen um Spenden. Doch auch sonst begegnen einem übers Jahr immer wieder die großen Plakate mit den afrikanischen, asiatischen oder lateinamerikanischen Kindern, die „unsere“ Hilfe brauchen.

Der kürzlich erschienene Film „White Charity“ thematisiert diese Spendenwerbung deutscher Hilfsorganisationen im Hinblick darauf, wie die Darstellung nicht weißer Menschen rassistische und kolonialistische Klischees verfestigt und weiter tradiert.

Im Film kommen sowohl WissenschaftlerInnen als auch VertreterInnen der Organisationen zu Wort. Sehr interessant ist etwa, wie die Kulturwissenschaftlerin Peggy Piesche einzelne Spendenplakate „liest“; anhand konkreter Beispiele erklärt sie, wie subtil die Klischees funktionieren.

So werden z.B. schwarze Kinder oft ohne Kleidung abgebildet, und es wird aufgezählt, was ihnen fehlt (Nahrung, Bildung, etc.). Die Kinder werden als passive Opfer ihrer Situation konstruiert und die AdressatInnen des Plakates, (weiße) Deutsche, werden aufgefordert, aktiv etwas zur Verbesserung der Situation beizutragen. Dies suggeriert, dass die Kinder in ihrer schwachen, aussichtslosen Situation gefangen sind und „gerettet“ werden müssen.

Spendenwerbung, Macht und Menschenwürde  – ein Dilemma der EZ

Ich finde den Film sehr wichtig, weil er hilft, die Spendenplakate auf eine andere Weise zu lesen, und weil er auf ein zentrales Dilemma der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) verweist. Sei es die nichtstaatliche (um die es im Film geht) oder auch die staatliche EZ, ihre Akteuer bewegen sich immer in einem Spannungsfeld von Macht- und Hierarchieunterschieden.

Auch wenn die Bedeutung von Partizipation ständig herausgestellt wird und vordergründig die Rede von Partnerländern und der „Partnerschaft auf Augenhöhe“ ist. Das ist aber nicht so. „Wir“ sind weiß, „sie“ sind schwarz, „wir“ sind die Geber, „sie“ sind die Empfänger, „wir“ setzen uns ein für Partizipation, „sie“ sollen aber doch erst einmal die Konzepte umsetzen, die „wir“ ihnen vorgeben.

Die Analyse der Spendenplakate fügt sich somit ein in das größere Gesamtbild von der Wahrnehmung der „Dritten Welt“, bzw. der „Entwicklungsländer“, deren Einwohner immer noch als hilfsbedürftige und schwache Menschen gesehen werden. Es ist ein Dilemma, da die Hilfsorganisationen ihre Arbeit größtenteils über Spenden finanzieren und dafür Öffentlichkeitsarbeit machen müssen. Gleichzeitig kommt ihnen aber auch eine Verantwortung im Hinblick auf die Repräsentation, auf die Darstellung ihrer Arbeit und „Kunden“ zu. Hierzu liefert der Film eine wichtige Disussionsgrundlage, denn oberstes Gebot bei der Spendenwerbung sollte eine würdevolle Darstellung der Abgebildeten sein. Und nicht die Stilisierung von Menschen zu ewig hilflosen Opfern, die gerettet werden müssen.

Das soll jetzt nicht im Sinne eines „EZ-Bashings“ verstanden werden; ich arbeite seit Jahren in diesem Bereich, möchte es weiterhin tun, aber habe dennoch viele Diskussionen mit KollegInnen zu genau diesem Thema geführt. Ich finde es wichtig, dass Filme wie dieser gemacht werden, um solche Diskussionen in Gang zu halten und sie weiter zu befördern, denn das Thematisieren von Machtverhältnissen innerhalb der EZ (wozu auch die Macht über die Bilder der „anderen“ gehört) geschieht viel zu zögerlich und sollte dringend prominenteren Raum einnehmen.

Danke an Mädchenmannschaft und i heart digital life für den Hinweis zum Film.