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Was so auffällt in den USA

Bei jeder Reise an einen anderen (fremden) Ort fallen einem Dinge auf, über die man staunt, über die man sich wundert, die man einfach „anders“ findet. Manchmal komisch, manchmal merkwürdig, gelegentlich vollkommen unverständlich.

Peel me, I’m fat free

Während sich Arnim an der Anti-Salz-Propaganda abgearbeitet hat (überall wird vor zu hohem Salzkonsum gewarnt, da dies Herzinfarktfördernd sei), kam ich nicht über das Kopfschütteln beim Thema „low fat“ hinweg. Die Amerikaner erscheinen mir besessen von Fett, oder vielmehr besessen von weniger bis gar kein Fett. Das das i.d.R. ein Mehr an Chemie bedeutet: Egal. Ist möglicherweise keinem so recht bewußt. Oder was hat Gelatine in einem Joghurt verloren (der dafür aber „100% fat free“ ist).  Es war unmöglich, ganz normalen Joghurt zu finden. Von mir aus auch welchen mit weniger Fett („low fat“), aber ohne irgendwelche merkwürdigen Zusatzstoffe (Aromen, Gelatine, etc., etc.). Selbst im Bio-Joghurt („organic“).

Bei meiner Rückkehr war einer der ersten Käufe dann auch ein großer Becher (Bio)Joghurt der Marke A.

Noch irrer fand ich aber Aufkleber auf Bananen wie diesen:

Slimcado und noch mehr Fett-frei

Die Banane hat kein Fett, kann also bedenkenlos gegessen werden. Noch merkwürdiger fand ich die „Slimcado“ (die auch einen Aufkleber hatte, den ich mich aber nicht abzuziehen traute, da gerade ein Regalauffüller mit dem Auffüllen der Fächer direkt neben den Slimcados beschäftigt war.)

Eine kurze Recherche ergab, das die Slimcado 50 % weniger Fett als eine reguläre Avocado hat und daher 33% weniger Kalorien. Die Meinungen im Internet sind allerdings einhellig darin, dass der Geschmack dabei vollkommen auf der Strecke bleibt. Das kann ich mir nur allzu gut vorstellen. Fett ist schließlich Geschmacksträger und außerdem auch nicht per se böse.

Es kommt eher darauf an, was für Fett und wie die gesamte Mahlzeit und überhaupt die Ernährung eines Menschen zusammengesetzt sind. Während der Reise habe ich das Buch „Fast Food Nation“ von Eric Schlosser gelesen. Darin beschreibt der Autor die Entwicklung der Fast Food Industrie in den USA und den Einfluss, den die großen Nahrungsmittelkonzerne mit der Zeit im Land erlangt haben. Ziemlich gruselig. Wenn ich vorher schon kein Fan von Fast Food war, so bin ich es jetzt erst recht nicht. Nicht nur, dass einem ekliges Zeug vorgesetzt wird (die Schlachthausszenen erinnern sehr an J. S. Foers „Tiere Essen“), die Industrie steht auch für die konsequente Unterdrückung von Gewerkschaften und Mindestlöhnen (in Deutschland gibt es die „McJobs“).

Und überall: Latte to go – aber bitte mit Sahne (und einer ordentlichen Toilette dazu!)

Milch findet man auch oft nur in Form von komplett fettfreiem Wasser – oder aber als „half and half“ (Milch und Sahne) für den Kaffee. Beliebte Bestellung im Coffeeshop ist ein „latte“ mit fettfreier Milch und Sahnehaube. Und alles natürlich in riesigen Plastikbechern. Jeder zweite Fußgänger läuft mit einem Riesenbecher „iced“ coffee herum, darin Milchkaffee mit Eiswürfeln. Das ist ein super beliebtes Getränk – ein positiver Nebeneffekt der immer-und-überall-trinkenden Amerikaner ist übrigens, dass es in regelmäßigen Abständen öffentliche Toiletten gibt, die immer in Top-Zustand sind. Davon sind wir in Deutschland meilenweit entfernt. Nur mal so.

Trotz der Unmengen an Plastik setzt auch langsam ein Umdenken in Richtung Umweltschutz ein:

Auf den erwähnten Toiletten waren zumeist nur ein leidiger Handtrockner zu finden, keine Papierhandtücher. Und aus Gründen der Behindertengerechtigkeit waren die Handtrockner zumeist so niedrig angebracht, dass ich mich bücken musste. Aber immerhin beantwortet der Aufdruck vieler Geräte eine Frage, die ich mir schon seit Jahren stelle: Was ist eigentlich umweltfreundlicher, der Elektro- oder der Papiertrockner? Der Elektrotrockner, heißt es oben, da dafür keine Wälder gefällt werden und kein Müll entsteht.

Aber woher kommt eigentlich die Energie zum Betrieb des Händetrockners? Ist vielleicht jemandem eine Vergleichsrechnung bekannt? Wenn sich z.B. 100.000 Leute die Hände trocknen, einmal mit Papier, einmal mit dem Elektrotrockner, was ist wohl umweltschonender? Das wüsste ich gerne einmal! Ernst gemeint!

USA, das Land der Freien, das Land der Waffennarren

Der typische Amerikaner ist in den Augen des kultivierten Europäers ein Waffennarr. Und in der Tat fallen einem im Vorbeifahren Schilder wie dieses auf: der Lincoln Country Waffenclub lädt ein zum Ladies Day. Na, das hat sicher ordentlich geknallt.

Nicht unüblich waren auch Straßenschilder mit Einschusslöchern, oder Werbung für „Amerikas beliebteste 22 mm Waffe“ im Outdoor-Laden. Befremdlich.

Ebenso befremdlich, wenn auch mit abnehmender Tendenz, ist der Eifer, mit dem Amerikaner gerne ihre Häuser und Vorgärten schmücken. Bald ist Halloween und langsam wird aufgerüstet:

Eine riesige aufblasbare Katze, gesehen nahe Gloucester, Cape Ann, Massachusetts.

Und schließlich ist das Verhältnis zum Alkohol befremdlich. Eines Abends schlug ich angesichts des Wetters vor, Strand, Sonnenuntergang und Bier zu kombinieren, nur um im gleichen Moment resigniert zu seufzen und meinem kopfschüttelden Mann zuzustimmen: Kein Alkohol in der Öffentlichkeit. Waffen darf jeder tragen, aber wehe, man trinkt eine Dose (Light)Bier. Das wird uns Deutschen sicher niemals einleuchten.

Als wir kurz nach unserer Landung über den Alma-Wartberg-Platz in Eimsbüttel liefen und dort etwa die Hälfte der in der Sonne auf den Bänken Sitzenden Alkohol in diversen Formen neben sich stehen hatten, fragte ich mich, wie wohl ein/e Amerikaner/in diese Szene erlebt: Neugierde, Neid oder eher Verwunderung und Ablehnung? Erfahrungen irgendwer?

Aus dem Staunen heraus

Vieles habe ich bestaunt, davon vieles im positiven Sinne. Oben erwähnte ich bereits die in Vielzahl vorhandenen und stets sauberen Toiletten (und ich wette, das an dieser Stelle die ganz große Mehrheit der Leser/innen insgeheim gedacht hat „Ja, das kenne ich nur zu gut, das Ding mit den Toiletten auf Reisen“).

Die Vorgärten sind immerzu super gepflegt – und nie hinter hohen Mauern und Zäunen versteckt, alles ist offen (aber man hat auch einfach mehr Platz als im dichtbesiedelten Deutschland). (Und dafür steht manche Scheunenruine nur noch bis zum nächsten stärkeren Regenfall – warum reißt man alte Häuser nicht ab?? Immerhin sind die nur aus Sperrholz, da würde es reichen, einmal mit dem Truck dagegen zu fahren).

Aber es gibt noch unzählige weitere positive Erfahrungen: Die netten, hilfsbereiten Menschen, die meist gute Beschilderung (wir haben uns nie schlimm verfahren), Bagels (Brötchen-ähnliches Gebäck, das ein guter Brot-Ersatz darstellte), tolle Sparangebote (bleibe drei Nächte im Motel und zahle nur zwei, super Frühstück inklusive), wunderschöne Hafenstädchen in Maine und, und, und.

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