Neueste Artikel

Internationaler Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten

logo-coa

Heute ist der internationale Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten, auch Red Hand Day  genannt. Am 12. Februar 2002 trat das UN- Fakultativprotokoll in Kraft, das die zwangsweise Rekrutierung und den Einsatz bei Feindseligkeiten von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ächtet.

Als KindersoldatInnen gelten laut UN-Kinderrechtskonvention alle Kriegsteilnehmenden unter 15 Jahren, die direkt an Feindseligkeiten teilnehmen. UNICEF, terre des hommes und Amnesty International zählen „alle Kämpfer und deren Helfer, die unter 18 Jahre alt sind“ als „Kindersoldaten“ (zitiert nach Wikipedia).

Wie UNICEF (siehe unten verlinkte Grafik) schreibt, ist der Begriff „KindersoldatInnen“ irreführend und sollte besser durch „child associated with an armed force or armed group“ (mit einer bewaffneten Armee oder bewaffneten Gruppe assoziiertes Kind) ersetzt werden. Kinder werden nämlich nicht nur als SoldatInnen im bewaffneten Kampf missbraucht, ihre Rollen sind vielfältig. Dazu gehören etwa Spionagetätigkeiten, das Tragen von Waffen und Lasten, Sklavenarbeit oder der Missbrauch von Kindern als „menschliche Schutzschilde“. Organisationen in Deutschland kritisieren in diesem Zusammenhang übrigens, dass auch die Bundeswehr RekrutInnen unter 18 Jahren anwirbt. Das von 12 NGOs getragene Deutsche Bündnis Kindersoldaten setzt sich gegen den Einsatz von KindersoldatInnen ein, u.a. durch Beteiligung an der Aktion Rote Hand (weltweit als Red Hand Day).

Schätzungen zufolge gibt es derzeit weltweit rund 250.000 Kinder und Jugendliche in bewaffneten Konflikten (terre des hommes), darunter viele Kinder im Grundschulalter. Kinder werden meist entweder zwangsrekrutiert oder aber schließen sich bewaffneten Gruppen aus wirtschaftlicher Not an. Die Folgen sind meist schwerwiegend. Mangel- und Fehlernährung und hohe körperliche Belastung wirken sich auf körperliche und geistige Entwicklung aus. Viele Kinder erleiden körperliche und sexuelle Gewalt, schwere Verletzungen, seelische Traumata. Ich konnte keine Angaben dazu finden, wie viele der Kinder während ihrer SoldatInnenzeit sterben.

Quelle: UNICEF

Quelle: UNICEF

Wie im oben verlinkten Artikel der Wikipedia beschrieben wurden Kinder und Jugendliche schon immer für Kriegshandlungen missbraucht, auch in westlichen Kriegen und entgegen des heute im medialen Diskurs vorherrschenden Bildes der afrikanischen KindersoldatIn, was nicht zuletzt durch die Bürgerkriege in Sierra Leone, Liberia und auch in der Demokratischen Republik Kongo in westlichen Medien propagiert wurde. Leider trägt auch die Lobbyarbeit mancher Hilfsorganisation zur entsprechenden Verzerrung der Thematik in den Medien bei – was nicht heißen soll, dass ihre Ansätze in der Arbeit für und mit KindersoldatInnen grundsätzlich falsch wären. Im Gegenteil, gerade die Lobbyarbeit in westlichen Ländern wie auch vor Ort ist wichtig, um Bewusstsein für die Verletzungen der Rechte von Kindern und Jugendlichen zu wecken und um entsprechende politische Handlungen zu initiieren.

Wie engagieren sich Hilfsorganisationen? Organisationen die sich für die Rechte von Kindern einsetzen, sind weltweit aktiv um Kindern und Jugendlichen zu helfen, die in bewaffneten Konflikten kämpfen. Dies fängt bei der Lobbyarbeit in westlichen Ländern an, etwa bei der Forderung, Kindern und Jugendlichen aus diesen Kontexten Asyl zu gewähren und international auf die Einhaltung der Kinderrechtskonvention und verwandter Abkommen zu achten. Auch die Lobbyarbeit in Bezug auf strengere Waffenexporte ist hier zu nennen, dazu läuft z.B. eine Kampagne von Amnesty International. Deutschland gehört zu den weltweit führenden Waffenherstellern und es sind dringend strengere Richtlinien erforderlich. Vor Ort tragen NGOs dazu bei, Kinder und Jugendliche in ihre Herkunftsfamilien und -gemeinden zu reintegrieren, ihre Traumata zu verarbeiten und z.B. verpasste Schul- oder Ausbildungsabschlüsse nachzuholen.

Informationen auf Deutsch gibt es z.B. bei der BpD in Form eines einführenden Artikels (Stichwort Kindersoldaten). NGOs wie terre des hommes Deutschland oder UNICEF Deutschland haben enbenfalls eine Reihe von Informationen zusammengestellt, jeweils mit Beispielen aus der eigenen Projektarbeit.

Interessant ist auch die etwas ältere Zusammenstellung zu „Kindersoldat_innen in Kunst, Literatur und Film“ von bei Afrika Wissen Schaft.

Sehr umfassend recherchiert und mit einer Reihe von Fallstudien angereichert ist die Studie Louder Than Words (2012) von Child Soldiers International. Danach waren zwischen 2010 und Mitte 2012 Kinder unter 18 Jahren in 20 Staaten im Einsatz, sei es in direkten Kampfhandlungen, als RekrutInnen oder zu militärischen Zwecken wie Spionage.

Use of Child Soldiers, Quelle: Child Soldiers International

Use of Child Soldiers, Quelle: Child Soldiers International

Eine ausführliche Dokumentation jüngster Ereignisse unter Beteiligung von KindersoldatInnen stellt Human Rights Watch zusammen  (leider nicht im deutschsprachigen Angebot verfügbar).

Weiterführende Informationen

Links zum Wochenende #23

Die Winterpause ist endgültig vorbei, nach der Fülle an interessanten Initiativen, Artikeln, Studien und Blogs, die mir im Lauf der vergangenen Woche begegnet sind. Eine Auswahl nun im Folgenden.

Inklusion als Exportschlager? Das BMZ hat kürzlich seinen Aktionsplan zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen (PDF) veröffentlicht. Grundsätzlich ist das eine wichtige Sache, da der Aspekt der Inklusion in der EZ viel zu wenig beachtet wird. Nur langsam findet hier ein Umdenken statt. VENRO, der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen kritisiert, dass der Aktionsplan unverbindlich ist. Julia Probst, (@EinAugesnschmausmerkt an, dass es Deutschland selbst noch viel zu sehr an Know How in Sachen Inklusion und Barrierefreiheit fehlt, als dass diese im Rahmen der EZ exportiert werden könnten. Ein Zitat:

In Deutschland gehen 20% aller Kinder mit Behinderungen in eine Regelschule. 80% besuchen nach wie vor Sonderschulen. Was besonders erschreckend ist: Mehr als die Hälfte der Kinder, die eine Sondershcule [sic] besuchen, verlassen diese ohne einen Hauptschulabschluss! Und genau dieses Deutschland will den Entwicklungsländern zeigen, wie das mit der Inklusion geht? Das mit der Barrierefreiheit hat Deutschland auch noch nicht so ganz kapiert. Mal ein paar Beispiele, welche Länder, die von Deutschland aus gesehen, Entwicklungsländer sind, das mit der Inklusion besser begriffen haben: In Ägypten, Algerien, Tunesien und in Griechenland sah ich Gebärdensprachdolmetscher im Fernsehen, direkt in den Nachrichten. Ohne Aussortierung in ein Nebenprogramm, wie es in Deutschland der Fall ist. 

Im Umgang mit Lesben und Schwulen tun sich kirchliche Hilfswerke schwer: Ein weiteres Thema, das wenig, jedoch mit zunehmender Tendenz in der EZ diskutiert wird, ist das der Rechte von LGBT (Lesbian, Bi, Gay and Transgender). Hier haben insbesondere (aber nicht nur) kirchliche Hilfswerke viel Nachhol- und Diskussionsbedarf. Karl Schönberg schreibt darüber, wie wenig sichtbar LGBT in der EZ sind und was die Gründe dafür sind. Dabei wird deutlich, dass nicht nur kirchliche, sondern auch die meisten anderen Hilfsorganisationen, staatlichen Agenturen sowie Geber (Ausnahmen sind z.B. die Heinrich-Böll-StiftungHIVOSSida oder Mama Cash).

German Food Partnership: Ende Januar gab es eine Pressekonferenz des German Food Partnership (GFP), einem „Netzwerk, in dem deutsche und internationale Unternehmen der Agrar- und Ernährungsindustrie, Verbände und Stiftungen, der öffentliche Sektor sowie Unternehmen aus Schwellen- und Entwicklungsländern gemeinsam daran arbeiten, die Rohstoff- und Nahrungsmittelsicherung zu verbessern“ (von der GFP-Website). Finanziert wird das Netzwerk durch das BMZ und die Gates-Foundation (jeweils rd. 20 Mio Euro), sowie durch verschiedene Partner aus der Industrie (rd. 40 Mio. Euro). Diese sind zumeist Unternehmen aus Agro- und Ernährungsindustrie, wie z.B. Bayer CropScience, BASF, Syngenta, METRO oder Mars Incorporate. Nichtregierungsorganisationen kritisieren das starke Engagement der Industrie, da aus ihrer Sicht Hungerbekämpfung auf der kleinbäuerlichen Ebene ansetzen muss und nicht mittels industrieller Landwirtschaft geschehen sollte. Siehe auch „Hungerbekämpfung à la Dirk Niebel“ von FIAN sowie den Kommentar von Oxfam.

Niemand spricht mehr von der Dritten Welt: Leider doch, zuletzt ist er mir bei SZ Online begegnet, die es eigentlich besser wissen könnten. AllianceSud hat (in seiner empfehlenswerten Rubrik „Herausgepickt“) einige Publikationen zusammengestellt, in denen AutorInnen erklären, warum der Begriff der „Dritten Welt“ nicht mehr zeitgemäß ist, darunter auch eine Publikation der KfW über den „Wildwuchs an Entwicklungsländer-Klassifizierungen“. Wer das haarspalterisch findet, muss es nicht lesen, ich finde aber, dass es durchaus angebracht ist, den eigenen Gebrauch von Sprache gelegentlich kritisch zu beleuchten.

Das Kiswahili-Programm der Deutschen Welle ist 50  Jahre alt geworden. Auf der Startseite von DW Afrika gibt es eine informativ betextete Fotogalerie dazu. Hongera!

Interview mit Conceição Lima: Über das kleine Land São Tomé und Príncipe ist bei uns kaum etwas bekannt. Die Autorin Conceição Lima war zu Gast bei den Afrikanischen Literaturtagen in Frankfurt und hat in diesem Rahmen ein kurzes, interessantes Interview gegeben. Auf der Website der Afrikanischen Literaturtage werden demnächst einige Berichte, Fotos und Videos von den Veranstaltungen zu sehen sein.

Buchtipp: 50 Jahre afrikanische Un-Abhängigkeiten Über die BpB kann der interessant klingende Sammelband 50 Jahre afrikanische Un-Abhängigkeiten. Eine (selbst)kritische Bilanz bezogen werden:  „Intellektuelle, Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, Künstlerinnen und Künstler geben einen Einblick in die Debatten um Unabhängigkeit und Dekolonisierung in Afrika. Unterschiedliche Beiträge – vom Fachartikel bis zur historischen Rede, über Hommagen, Gedichte und Songtexte – eröffnen vielfältige Zugänge zu politischen, ökonomischen und kulturellen Aspekten des Themas.“

Filmtipps: Afrika Wissen Schaft hat eine Übersicht über Filme aus und über Afrika auf der Berlinale zusammengestellt.

Neu im Blog und anderswo: Mit HIV/AIDS: Zur aktuellen Situation weltweit habe ich einen Artikel nachgereicht, den ich eigentlich schon vor zwei Monaten, anlässlich des letzten Weltaidstages, hatte schreiben wollen. Außerdem habe ich eine Rezension von Daniel Neylands lesenswertem Buch Organizational Ethnography für das Journal of Busniess Anthropology verfasst (hier als PDF); danke an dieser Stelle nochmals an die Lektorin Anne!

HIV/AIDS: Zur aktuellen Situation weltweit

Schon lange wollte ich diesen Beitrag geschrieben haben, doch erst jetzt, knapp zwei Monate nach dem letzten Weltaidstag (1.12.) bin ich dazu gekommen.

Mein ursprünglicher Arbeitsschwerpunkt in der EZ war HIV/AIDS in Ostafrika. Mein Forschungsinteresse galt der Ausbreitung lokaler NGOs, die sich des Themas annehmen, ein Bereich, den ich nach wie vor extrem spannend finde. Später habe ich dann im Bereich HIV/AIDS-Prävention am Arbeitsplatz gearbeitet, und auch wenn es derzeit nicht den Schwerpunkt meiner Tätigkeit bildet, so liegt mir das Thema dennoch weiterhin am Herzen.

Welches sind die weltweiten Trends?

Um die Jahrtausendwende wurde meist ein düsteres Bild gezeichnet von der Bedrohung durch HIV/AIDS für das Leben von Millionen Menschen. Vor allem im Zusammenhang mit afrikanischen Ländern wurde vor indirekten verheerenden Auswirkungen der HIV/AIDS-Epidemie gewarnt, etwa den Folgen für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaften, wenn ganze Elterngenerationen sterben und Kinder und Jugendliche auf sich alleine gestellt bleiben oder von oft überforderten Großmüttern aufgezogen werden. Auch der Zusammenbruch der Bildungssysteme durch den Tod von LehrerInnen und wirtschaftliche Schwierigkeiten durch den erwarteten Mangel an Arbeitskräften waren oft geäußerte Befürchtungen.

Inzwischen sind die Aussichten vorsichtig positiver. Die Infektionsraten sinken und vor allem in Afrika südlich der Sahara sind die Aussichten weit besser als vor zehn Jahren – auch wenn hier nach wie vor einige der Länder mit den höchsten Infektionsraten weltweit liegen und auch wenn es nach wie vor keine Möglichkeit gibt, AIDS zu heilen.

Trotz alledem gehört der globale Kampf gegen HIV/AIDS zu den erfolgreichsten internationalen Bewegungen der letzten Jahrzehnte.  Dies einmal wegen der erzielten medizinischen Fortschritte, aber ebenfalls aufgrund der breiten politischen Unterstützung, die es von Anfang an gab, insbesondere auch unter westlichen PolitikerInnen. Mit dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Malaria und Tuberkulose wurde ein wichtiges – wenn auch nicht immer unumstrittenes  – multilaterales Instrument zur Förderung im Kampf gegen die drei Krankheiten geschaffen.  Außerdem war die Bewegung von Anfang an eine der von HIV und AIDS Betroffenen und keine vorwiegende Solidaritätsbewegung („the history of AIDS is the clearest example of why the advocacy ‘professionals’ should get out of the way and let the people who need to know ask the powerful how much they think their lives are worth“ Kirsty McNeill).

Entsprechend lautet das Ziel von UNAIDS nun: Getting to Zero – denn anders als vor zehn Jahren erscheint die Vorstellung keineswegs mehr unrealistisch, dass es eines Tages keine Neuinfektionen, keine HIV/AIDS-bedingten Todesfälle und auch keine Diskriminierung von Menschen mit HIV/AIDS mehr geben könnte.

Daher eine kurze Bilanz des letzten Jahrzehnts, in dessen Verlauf sich viele Trends im Bereich HIV/AIDS gewandelt haben.

Neueste Zahlen zu HIV und AIDS

HIV AIDS Dtl

Quelle: Robert Koch-Institut

  • Ende 2012 leben in Deutschland rund 78.000 Menschen mit einer HIV-Infektion (bei rund 18% davon ist die Infektion nicht diagnostiziert)
  • 2012 gab es schätzungsweise 3.400 Neuinfektionen mit HIV
  • Seit 2001 steigen die Infektionsraten in Deutschland leicht an.
Rückgang der HIV-Infektionen weltweit; Quelle: UNAIDS

Rückgang der HIV-Infektionen weltweit; Quelle: UNAIDS

  • Weltweit lebten 2011 34 Millionen Menschen mit einer HIV-Infektion (schätzungsweise die Hälfte ohne ihren Status zu kennen)
  • Es gab rund 2,5 Millionen Neuinfektionen
  • Von 14,8 Millionen Menschen, die eine Behandlung benötigten, erhielten nur 8 Millionen eine solche

Galt lange Afrika südlich der Sahara als am stärksten betroffen, so breitet sich HIV weltweit derzeit am schnellsten in den Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas, Zentralasien und Osteuropa aus (zwischen 2001 und 2011 z.B. in Georgien oder Moldawien um 25%).

Erfolge

Als großen Erfolg meldet UNAIDS, dass es in 2011 über 700.000 weniger Neuinfektionen gab als 2001 und es vielen Ländern innerhalb von 10 Jahren gelungen ist, die Epidemie wirksam einzudämmen. In 25 Ländern mit niedrigen und mittleren Pro-Kopf-Einkommen (low and middle income countries), darunter viele afrikanische, ging die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von 10 Jahren um die Hälfte zurück, zum Beispiel in

  • Malawi: Verringerung der Neuinfektionen um 73%
  • Botswana:  Verringerung der Neuinfektionen um 71%
  • Südafrika: Verringerung der Neuinfektionen um 41%.

Weltweit sind die durch AIDS bedingten Todesfälle zwischen 2005 und 2011 um 50% zurückgegangen.

Gründe für den Erfolg

Die Gründe für den Erfolg sind zahlreich und es zeigt sich auf globaler Ebene, dass eine ganze Reihe von Faktoren zusammenwirken, damit eine Epidemie dieses Ausmaßes bekämpft werden kann. Die Ansätze müssen global sein, dabei aber immer auf lokale Besonderheiten abgestimmt sein.

Schon in den 1990er Jahren wurden eine ganze Reihe von Präventionsprogrammen entwickelt und durchgeführt, deren Erfolge langsam greifen. Dies umfasst ganz unterschiedliche Bereiche wie z.B. eine bessere Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten (da diese Infektionen eine Ansteckung mit HIV begünstigen) oder die rechtzeitige Versorgung HIV-positiver Schwangerer zur Vermeidung der Übertragung von HIV auf Babys.

Prävention findet außerdem in vielfältigen Kommunikationsmaßnahmen statt, die Menschen zum Ändern ihres Verhaltens bewegen wollen, etwa dazu, Kondome zu benutzen oder sich regelmäßig auf HIV testen zu lassen. Die Wirksamkeit solcher Kommunikationsmaßnahmen ist umstritten – ich persönlich halte grundsätzlich sehr viel von Ansätzen dieser Art, allerdings müssen sie sehr gut vorbereitet werden und sehr gut auf individuelle lokale Besonderheiten abgestimmt sein, was meistens nicht der Fall ist. Auch lässt sich die Wirkung solcher Maßnahmen oft erst nach langer Zeit feststellen – jede/r weiß von sich selbst, wie schwierig es sein kann, alte Gewohnheiten zu ändern, auch wenn es sich möglicherweise positiv auf die eigene Gesundheit auswirkt. Mit dem Rauchen aufhören, weniger Schokolade essen, sich mehr bewegen – wir alle wissen, dass dies unser Leben verlängern kann, aber wie oft schaffen wir es, „vernünftig“ zu handeln?.

Dahinter steht natürlich der Einsatz großer finanzieller Ressourcen, die zu einem großen Teil von westlichen Geberländern und –strukturen bereitgestellt wurden. Es zeigt sich jedoch der verstärkte Trend, dass Länder des Südens selbst immer mehr eigene Mittel in den Kampf gegen HIV/AIDS investieren (country ownership). Dies ist wichtig, da die internationalen Mittel auf längere Sicht eher sinken als weiter steigen werden.

Dies ist wiederum teils verursacht durch gesunkene Preise für Medikamente und Therapien: In einigen Ländern sind die Kosten für eine antiretrovirale Therapie für eine Patientin innerhalb von 10 Jahren von 10.000 US$ auf rund 100 US$.

Nicht zufriedenstellend ist aber der weiterhin bestehende treatment gap, welcher beschreibt, dass es HIV-Infizierte und AIDS-Kranke gibt, die der Behandlung bedürfen, sie aber nicht erhalten, etwa, weil es schlicht keine Angebote vor Ort gibt oder den Betroffenen das Geld oder die Möglichkeit fehlt, zu einem Therapiezentrum zu reisen, etc. UNAIDS schätzt, dass diese Lücke auf absehbare Zeit zwar kleiner werden wird, jedoch nicht geschlossen werden kann, da keine ausreichenden Mittel vorhanden sind.

Treatment Gap; Quelle: UNAIDS

Treatment Gap; Quelle: UNAIDS

Neue Studie: Warum ist die HIV-Infektionsrate in Uganda gesunken?

Hier der Verweis auf eine im Oktober 2012 veröffentlichte Studie, die untersucht, welche Faktoren in Uganda eine Rolle gespielt haben. Uganda gilt als Erfolgsbeispiel, da sich hier in den 1980er Jahren die Epidemie besonders schnell ausbreitete, es dem Land aber relativ rasch gelungen ist, sie einzudämmen.

Die Studie kommt u.a. zu dem Ergebnis, dass das Sinken vorehelicher sexueller Kontakte junger Frauen wesentlich zur Verringerung der Infektionsrate beigetragen hat. Dies wiederum steht im Zusammenhang mit der wachsenden Zahl junger Frauen, die eine weiterführende Schule besuchen. Uganda hat 1990 seine Bildungspolitik dahin geändert, das Frauen der Zugang zu Universitäten erleichtert wird – dies könnte, so die AutorInnen der Studie, für ein Fünftel des gesamten Rückgangs der Infektionszahlen seit 1990 verursacht haben.

Links zum Wochenende #22

Schwarz, deutsch: In der Berliner Zeitung ist im Zusammenhang mit der Ausstellung „Zerstörte Vielfalt“ ein aufrüttelnder Beitrag über die Familiengeschichte der Schwarzen Deutschen Abenaa A. erschienen. Ihr Urgroßvater war 1891 aus Kamerun nach Deutschland gekommen und hatte sich später als Kaufmann in Danzig niedergelassen. Die Ausstellung dokumentiert, wie der Nationalsozialismus eine Bruch im Leben der Familie und in der gesamten deutschen Gesellschaft verursachte: „Dieses Foto [von der Familie des Urgroßvaters, gekleidet im Sonntagsstaat, datiert aus den 1920ern] ist für sie [Frau A.] ein Symbol dafür, was in dieser Zeit möglich war. Der „feine Zwirn“, wie sie es nennt, in den ihr Urgroßvater gehüllt ist, steht für sie für seinen Platz im bürgerlichen Leben dieser Zeit. Das Bild symbolisiert aber auch, was durch die NS-Zeit verloren gegangen ist, nämlich, dass ein Afrikaner ein angesehenes Mitglied der deutschen Gesellschaft sein konnte. Diesen Bruch, diesen Verlust an Normalität spüre sie bis heute, sagt Abenaa A. (Link über die Mädchenmannschaft)

Shell muss Schadenersatz für Schäden in Nigeria leisten: Schon lange steht der Ölkonzern Shell wegen seines rücksichtslosen Vorgehens bei der Ölförderung in Nigeria in der Kritik. Hier bei werden immer wieder Menschen bedroht, verhaftet und auch zum Tode verurteilt, und seit Jahren werden ganze Landstriche und Gewässerabschnitte verseucht. Vier nigerianische Bauern hatten Shell in den Niederlanden verklagt. Das Den Haager Gericht wies ihre Klage zwar ab, da der in den Niederlanden ansässige Mutterkonzern nicht für Schäden einer Konzerntochter im Ausland haftbar gemacht werden könne. Gleichzeitig stellte es aber fest, dass Shell Nigeria die Schäden verursacht habe und daher Schadenersatz leisten muss.

Wahl in Kenia: Kenia läuft sich warm für die Wahlen am 4. März und entsprechend steigt die Anzahl an Berichten auch im deutschsprachigen Raum. Die Wahlen finden in einem politisch sehr komplexen und konfliktbeladenen Umfeld statt. Noch sind die Gewaltausbrüche nach den letzten Wahlen 2007 noch nicht komplett aufgearbeitet. Der internationale Strafgerichtshof wird in wenigen Wochen einen Prozess zur Aufklärung der damaligen Ereignisse eröffnen. Angeklagt wegen Anstiftung zu Gewalt gegen „gegnerische“ ethnische Gruppen sind u.a. zwei der aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten, Jomo Kenyatta und William Ruto,  Die Vorwahlen am 17. Januar verliefen teils chaotisch. Warum Wahlämter für Frauen viel schwerer erreichbar sind als für Männer beschreibt Miriam Gathigah auf Afrika.info. Die Wahl wird auch im Netz heiß diskutiert, etwa in einem kürzlich eingerichteten Youtube Channel oder auf Twitter (#kenyadecides)

Die Kinder des Krieges: Bei ZEIT Online gibt es eine Fotostrecke des Fotografen Nik Bothma über Kinder aus Mali, die mich lange beschäftigt hat. Die beiden Extreme der Wahrnehmung sind in den bislang zwei LeserInnenkommentaren darunter gut zusammengefasst: Handels es sich hierbei um „poverty porn“, also die Abbildung von Kindern zum Zweck des Erregens von Mitleid oder ist es eine realitätsgetreue Dokumentation der Situation vor Ort? Einige Bilder finde ich sehr gut, andere wiederum hart an der Grenze zum ethisch Vertretbaren. Diese Grenze kann jede/r selbst ganz leicht herausfinden: Wie fände ich es, wenn mein Kind das hier abgebildete wäre? 

Forschung 2.0: Über die Schulter schauen kann man den beiden Beratern Kennedy Oulu und Francis Omondi, die derzeit im Auftrag der NGO Restless Development eine Studie über „State of the Youth“ in Tansania erstellen. Die Studie wird in sieben Regionen des Landes durchgeführt und auf dem zugehörigen Blog wird der Prozess dokumentiert (alle Quellen englischsprachig). Ich finde das ein interessantes Projekt, da die meisten Organisationen von ihnen beauftragte Studien nur zögerlich veröffentlichen und nur wenig über den eigentlichen Forschungsprozess bekannt wird. Richtig spannend wird es natürlich, wenn die Jugendlichen selbst, die ja Gegenstand der Forschung sind, zu Wort kommen – hoffentlich wird das auch der Fall sein.

Neu im Blog: Ich habe das interessante Buch „Afrika! Plädoyer für eine differenzierte Berichterstattung“ von Martin Sturmer rezensiert.

Rezension: Martin Sturmer. Afrika! Plädoyer für eine differenzierte Berichterstattung.

Sturmer-Afrika-9783867643238_komm-wiss

Vor rund 11 Monaten wurde im Fahrwasser der letztjährigen Kony2012-Debatte zuletzt in größerem Rahmen on- wie offline über das Afrika-Bild der westlichen Öffentlichkeit debattiert. Bislang allerdings ohne spürbare Folgen; weiterhin lässt die Mainstream-bestimmte Afrikaberichterstattung kein Stereotyp aus (jeden Tag aufs Neue hört man x-Mal vom „schwarzen Kontinent“) und selbst das Entwicklungsministerium, das gerade noch eine Kampagne für ein positiveres Afrikabild in der deutschen Öffentlichkeit angestoßen hatte, befördert munter weiter sämtliche Klischees.

In Afrika! Plädoyer für eine differenzierte Berichterstattung analysiert der Afrikanist und Medienwissenschaftler Martin Sturmer nun die Ursachen dieser verzerrten Berichterstattung und regt einen Perspektivwechsel an. Dieser kann gelingen , so Sturmer, indem westliche Medien viel mehr mit JournalistInnen aus afrikanischen Ländern zusammenarbeiten, von denen es immer mehr und immer besser ausgebildete gibt. Klar strukturiert und angereichert mit vielen Beispielen aus vergangener (Kongo-Krise, Biafra-Krieg) und sehr aktueller Berichterstattung (Kony 2012, Somalia) ist Martin Sturmer damit ein Buch gelungen, das nicht nur JournalistInnen sondern alle, die sich für Afrika interessieren und darüber berichten, mit Gewinn lesen können und sollten.

K-Themen, Klischees und Auslassungen

Martin Sturmer analysiert ausführlich, wie die Strukturmerkmale der (westlichen) Afrika-Berichterstattung zur Verfestigung der üblichen Klischees beitragen. Dabei geht er insbesondere auf die kommunikationswissenschaftlichen Grundlagen ein und stellt die wichtigsten Akteure sowie ihre jeweilige Rolle im Nachrichtenfluss vor.

Ausgehend von der Prämisse „gute Nachrichten sind keine Nachrichten“ thematisiert die Afrika-Berichterstattung zumeist die sog. „K-Themen“ (Kriege, Krisen, Katastrophen, Krankheit, Korruption und Kriminalität). Sturmer weist nach, dass dies bis in die Zeit des Kolonialismus zurückgeht, in der das vormals neutrale Bild von Afrika von westlichen Akteuren ins Negative überzeichnet wurde, um ihre kolonialen Projekte als „zivilisatorische Missionen“ zu rechtfertigen.

In einem eigenen Kapitel erklärt der Autor kommunikationswissenschaftliche Grundlagen im Hinblick auf die Auswahl und Darstellung von Ereignissen als Nachrichten. Dazu gehören z.B. die sog. „Nachrichtenfaktoren“, erstmals formuliert von Galtung und Ruge, die in ihrer zugehörigen Studie u.a. die Kongo-Krise von 1960 analysierten und beschreiben, wie ein Ereignis zu seinem Nachrichtenwert kommt. Auch wer bisher nicht in Berührung mit der Kommunikationswissenschaft gekommen ist, dürfte Sturmers Ausführungen interessiert lesen, denn der Autor versteht, Theorie verständlich und praxisbezogen darzustellen.

Sehr erhellend ist weiterhin Martin Sturmers Analyse der internationalen Nachrichtenarchitektur und ihrer Akteure und die Auswirkungen auf die westliche Afrikaberichterstattung. Nur einige wenige (westliche) Nachrichtenagenturen bestimmen hierbei den Mainstream bestimmen, dazu kommt, dass die meisten westlichen Medie zunehmend an Afrika-KorrespondentInnenstellen sparen. Auch fehlt es in heimischen Redaktionen zunehmend an RedakteurInnen mit Fachwissen zu „Nischenthemen“ (worunter die Afrika-Berichterstattung gerne fällt). Dies trifft auf die sehr professionelle PR-Maschinerie vieler Hilfsorganisationen und Prominenter, die sich und ihre Charity-Bemühungen gerne gegen Hochglanzbilder verkaufen.

lego africa

Schablone: Muss manchmal sein, aber es gibt immer ein Bild dahinter (Quelle: flickr)

Ungleichgewichte: Ein Perspektivenwechsel ist notwendig

Das mit „Perspektivenwechsel“ betitelte Kapitel soll die zentrale Botschaft des Buches transportieren, leider kommt der Anspruch des Autors, ein Plädoyer für einen solchen Wechsel zu halten, jedoch etwas zu kurz. Ein Großteil des Kapitels handelt von der Nachrichtenagentur IPS, die ein Gegengewicht zu den westlich zentrierten Agenturen bilden will. Die Ausführungen sind interessant, aber im Vergleich zu anderen Fallbeispielen des Buches zu ausführlich. Ebenso ist die Medienresonanzanalyse, die der Autor am Bespiel der Salzburger Nachrichten durchführt, zwar aufschlussreich, für LeserInnen ohne medienwissenschaftlichen Hintergrund dürfte aber das daraus gezogene Fazit interessanter sein als die Darstellung der Analyse.

Im Hinblick auf den vorgeschlagenen „Perspektivwechsel“ wäre daher ein weiteres zusammenfassendes Kapitel wünschenswert gewesen, in dem ausdrücklich erläutert wird, wie ein solcher Wechsel gelingen kann. Der Autor plädiert zwar für eine verstärkte Kooperation mit lokalen JournalistInnen sowie einige Beispiele, jedoch nicht in systematischer Form. Interessant wäre etwa eine detaillierte Analyse der Herangehensweise des in Katar beheimateten Nachrichtensenders Al Jazeera, analog zur Darstellung der Historie von IPS, da der Autor Al Jazeeras Berichterstattung mehrfach als beispielhaft aufzeigt. Etwa, weil der Sender, anders als die meisten westlichen Medien und Agenturen über ein dichtes Korrespondentennetz in Afrika verfügt oder weil er im Format „The Stream“ traditionelle Nachrichten durch Bürgerjournalismus und Multimedia ergänzt. Ebenfalls nur kurz werden neue Formate wie das Bloggernetzwerk Global Voices oder die Plattform Pambazuka vorgestellt. Ein eigenes Kapitel für solche alternativen Nachrichtenformate hätte der Forderung nach einem Perspektivwechsel mehr Nachdruck verliehen.

Leider fehlt auch ein abrundendes Fazit, denn das Buch endet recht abrupt mit einer letzten Fallstudie in Form eines kurzen Kapitels über die Kampagne Kony 2012, in deren Verlauf westliche Medien erstmals in größerem Maß auf afrikanische JournalistInnen und BloggerInnen wie die Uganderin Rosebell Kagumire aufmerksam wurden. Der Autor verzichtet im Anschluss aber leider auf einen Ausblick und so schlägt man das Buch mit dem Gefühl zu, es habe womöglich schnell beendet werden müssen, sodass keine Zeit mehr für ein Schlussplädoyer des Autors geblieben ist.

Africa's Web 2.0 Sites (updated)

Afrika ist online: „Africa’s Web 2.0 Sites“ (Quelle: flickr)

Gute Auswahl von Praxisbeispielen

Martin Sturmer zeigt mithilfe einer Fülle von Praxisbeispielen wie die Medien dazu beitragen, die westliche Sicht auf Afrika zu verzerren und dadurch bestehende Klischees weiter verfestigt werden. Sehr gelungen sind die aktuellen Bezüge etwa zu Kony 2012, zu alternativen Plattformen und der Agentur IRS, für die viele afrikanische JournalistInnen und BloggerInnen aktiv sind oder der Verweis auf Diskussionen in Social Media-Kanälen wie Twitter. Dies regt zum Besuch und zur Lektüre der erwähnten Plattformen an und erweitert hoffentlich das Recherche-Repertoire so mancher BerichterstatterIn.

Der Autor schreibt flüssig und anregend, nur gelegentlich stören zu viele lange Zitate den Lesefluss, von denen viele nur auf Englisch wiedergegeben sind. Auch wenn inzwischen viele deutschsprachige LeserInnen Englisch verstehen, dürften nicht wenige eine Übersetzung in Form von Fuß- oder Endnoten dennoch als hilfreich empfinden.

Alles in allem ist Martin Sturmers Afrika! Plädoyer für eine differenzierte Berichterstattung durch seinen systematischen Aufbau, seinen Praxisbezug und insbesondere viele aktuelle Bezüge eine lohnenswerte und aufschlussreiche Lektüre und könnte durchaus zu einem Standardwerk für (deutschsprachige) JournalistInnen und Studierende in Medienfächern wie auch der Afrikanistik werden. Empfehlenswert ebenso für alle, die sich dafür interessieren, wie die westliche Afrika-Berichterstattung der komplexen Realität in den vielen Ländern des Kontinents gerechter werden kann.

Disclaimer: Ich hatte, nachdem ich von der Ankündigung des Buches las, den Autor um ein Rezensionsexemplar gebeten und es freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt bekommen. 

Links zum Wochenende #21

Der Krieg in Mali: Die Mali-Berichterstattung in den deutschsprachigen Medien ist etwas zurückgefahren worden (und war ohnehin nicht so ausführlich, wie etwa in US- und UK- oder einigen französischsprachigen Medien). Eine gute Übersicht über Beiträge zu Mali auf Deutsch und Englisch gibt es im Bretterblog, sehr empfehlenswert das dort verlinkte arte-Video über „Instabile Staaten in der Sahelzone“.

Interessant im Hinblick auf die Nutzung Sozialer Medien im Kontext von Krisen ist übrigens das ICT4Peace Wiki: Crisis in Mali. Die ICT4Peace-Foundation stellt auf dieser Website viele Hintergründe, Statistiken und Links zu relevanten Websites zusammen.

Guinea-Bissau: Am 24. September dieses Jahres feiert Guinea-Bissau 40 Jahre Unabhängigkeit. In einem Beitrag auf afrika.info zieht Mario Queiroz eine düstere Bilanz: Wiederholte Putsche (zuletzt 2012) und die Position des Landes als Drehscheibe des Drogenhandels zwischen Lateinamerika und Europa resultieren in einer alltäglichen Präsenz von Gewalt.

Einmal um die Welt lesen Ein interessantes Projekt von Ann Morgan, die ein ganzes Jahr lang Bücher „rund um die Welt“, nämlich Bücher aus 196 Ländern gelesen hat. Mehr über ihr Projekt und eine klasse Leseliste auf ihrer (englischsprachigen) Website. 

Africa-Alive-Festival: Am 28.1. beginnt das Africa-Alive-Festival in Frankfurt.

Einen sehr coolen Wegweiser durch das Brüsseler Labyrinth hat die Digitale Gesellschaft veröffentlicht. Dieser ist v.a. als Hilfestellung für AktivistInnen gedacht, damit diese besser verstehen, an welchen Stationen von Entscheidungsprozessen innerhalb der EU und ihrer Organe Einfluss genommen werden kann. Ist aber auch eine gute Nachhilfe für alle, die ihre Kenntnisse über Aufbau und Funktion der EU auffrischen wollen.

Fleischatlas: Der von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem BUND herausgegebene Fleischatlas (mit PDF-Link zum Download) beleuchtet „die vielfältigen Dimensionen des Fleischkonsums“, darunter Auswirkungen auf die Umwelt und globale Zusammenhänge.

Rosa Fleisch und normgerade Gurken: DW (Audio und Text) über die Ausstellung „Lebensmittel“ mit Fotografien von Michael Schmidt. Hier einige Fotografien der Ausstellung mit kurzem (englischsprachigem) Begleittext.

„Agraprofit“: Ein entlarvendes (unbedingt sehenswertes!) Video, das zeigt, dass billig und fair nicht zusammengehen. Dahinter steckt die Kampagne Öko + fair ernährt mehr“ von Naturland und dem Weltladen Dachverband.

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=pgCD-4Q-4Wo&w=560&h=315]

Links zum Wochenende #20

IATI Tapestry

Quelle: flickr

Transparenz in der deutschen EZ: Transparenz ist ein derzeit häufig strapazierter Begriff – nicht immer ist klar, was damit gemeint ist und die Vorstellungen gehen hier auch weit auseinander. In der EZ gibt es seit einigen Jahren IATI, die International Aid Transparency Initiative, deren Ziel es ist, Informationen über internationale Entwicklungszahlungen zugänglich zu machen. (Hier eine deutschsprachige Zusammenfassung von VENRO). Hinter IATI stehen Politiker, NGOs und EZ-Fachleute, nicht alle Beteiligten gehen dabei jedoch im gleichen Tempo voran. Die britische Entwicklungsbehörde DFID gilt als besonders fortschrittlich in Bezug auf Transparenz, während andere, u.a. Deutschland und hier das BMZ, ein wenig länger brauchen, um den Standard umzusetzen. Das BMZ hat nun, kurz vor Ende der entsprechenden Frist, seinen Fahrplan für die Umsetzung der IATI-Richtlinien veröffentlicht. Ausführlich kommentiert hat das Claudia Schwegmann von OpenAid Germany, einer Pionierin im Bereich Transparenz in der EZ in Deutschland. Sie ist auch am Projekt Offene Entwicklungshilfe beteiligt, was das leistet, was staatliche Stellen bislang nicht tun, nämlich konkrete und vergleichbare Daten aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zugänglich zu machen.

In diesem Zusammenhang wird auch zunehmend darüber diskutiert, welche Potenziale diese Prozesse der Transparenz eigentlich NGOs bringen – diese sind nämlich größtenteils noch skeptisch eingestellt. Claudia Schwegmann hat einmal ein paar Argumente zusammengestellt: Why NGOs should implement IATI. Linda Raftree berichtet über eine Veranstaltung, auf der es u.a. um open government und open data in der Zusammenarbeit mit Gemeinde-basierten Organisationen ging. (beides englisch).

Frankreichs Intervention in Mali bringt das westafrikanische Land erneut ganz oben in den Schlagzeilen, nach der Eroberung des Nordens durch eine Rebellenkoalition und zwei Militärputsche im vergangenen Jahr. Worum geht es, wer sind die Konfliktparteien, was ist der Grund für Frankreichs Eingreifen – Fragen über Fragen, die in den gängigen Medien leider meist mit den üblichen Klischees und Vereinfachungen abgehandelt werden. Bruce Whitehouse, Ethnologe und Mali-Kenner, schreibt über gängige Mythen hinter den aktuellen Ereignissen (englisch). DW beleuchtet Frankreichs Interessen in Mali. In einem Beitrag für die NY Times erklärt Prof. Peter Rutland, wie die Tuaregrebellion im Norden Malis von Islamisten, gekapert wurde, die nun die Berichterstattung bestimmen und als Grund für die Militärintervention gelten (englisch).

Handys und Internet in Afrika: Im Blog des Betterplace Lab stellt Johanna Renz den Bericht eTransform Africa, herausgegeben von der Weltbank vor, der untersucht, wie Informations- und Kommunikationstechnologien in Afrika eingesetzt werden und welchen Beitrag sie zum Wirtschaftswachstum leisten.

Rückblick mit Rebellen: In der taz blickt Dominic Johnson auf das Jahr 2012 in Afrika zurück, sein Ausblick: „Autoritarismus und Mafiakapitalismus bringen Afrika zu einer neuen Blüte. Jetzt ist die Kehrseite davon zu sehen. Afrikas neue Kriege sind die Stunde der Wahrheit.“

À propos Rebellen: Der Film Rebelle (War Witch) ist für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. Der kanadische Regisseur Kim Nguyen erzählt darin zwei Jahre des Lebens von Komona, die als junges Mädchen in einem Bürgerkriegsgebiet in einem (nicht benannten) afrikanischen Land aufwächst. In vielen Kritiken war über die herausragende Leistung der kongolesischen Hauptdarstellerin Rachel Mwanza zu lesen. Hier der Trailer.

Verfassungsentwurf in Simbabwe: Nach über zwei Jahre dauernden Verhandlungen haben sich die Parteien in Simbabwe auf einen neuen Verfassungsentwurf geeinigt, der das Parlament stärken und die Amtszeiten des Präsidenten begrenzen soll. Wann die SimbabwerInnen darüber abstimmen sollen, ist noch nicht festgelegt.

Was wurde aus der internationalen Hilfe für Haiti? Zum dritten Mal jährte sich dieser Tage das verheerende Erdbeben auf Haiti. Noch immer (oder immer noch?) ist das Land eine „NGO-Republik. Was ist passiert mit den internationalen Hilfszusagen und warum sind so viele Vorhaben seit dem Erdbeben gescheitert? Jonathan Katz, der mehrere Jahre Korrespondent in Haiti war, hat darüber ein Buch geschrieben (The Big Truck That Went By, hier eine Rezension (englisch)). (Leider noch?) nicht auf Deutsch erhältlich. Hier noch eine deutschsprachige Rezension eines weiteren Buchs zum Thema: „Haiti – after the earthquake“ von Paul Farmer, Gründer der NGO Partners in Health und ebenfalls Kenner des Haiti vor und nach dem Beben.

Links zum Wochenende #19

Some colourful houses in Bo Kaap, Cape Town, South Africa

Es geht auch ohne Stroh (Foto: Paul Mannix, flickr)

Katanga: Noch bis kommenden Dienstag ist die arte-Dokumentation „Katanga“online. Katanga, im Südosten der Demokratischen Republik Kongo (DRC) gelegen, ist eine der wichtigsten Bergbauregionen des Landes. Hier herrscht ein harter Konkurrenzkampf zwischen multinationalen Konzernen um die reichlich vorhandenen Bodenschätze, nicht unbedingt zum Vorteil der dort lebenden Einheimischen und ArbeitsmigrantInnen. In einer ruhigen Stunde am Wochenende anschauen.

Angespannte Stimmung in und um Goma: Während die Verhandlungen zwischen den M23-Rebellen und der Regierung Kabila in Kampala, Uganda, fortgesetzt werden sollen, stehen die M23-Rebellen immer noch vor Goma und die Menschen fürchten neue Kampfhandlungen. Dominic Johnson von der taz ist derzeit in Goma und bloggt bei Kongo-Echo.

Ugandas verdeckte Rolle im Kongo: DW beleuchtet die Rolle Ugandas im Konflikt im Nachbarland DRC

Zweimal Äthiopien: Während die 100-Tage-Bilanz des Premierministers Hailemariam Desalegn laut DW dürftig ist, trainiert Tameru Zegeye für Rekorde im Gehen im Handstand. Mit verkrüppelten Beinen geboren kann er inzwischen dank einer OP zwar kurze Strecken auch mit den Beinen laufen, wahre Könnerschaft aber hat er sich mit seinen Armen erarbeitet.

Frohe Weihnachten, Afrika: Aua, dachten wohl so einige Mitte vergangener Woche, als über Twitter das Motiv einer Zeitungsanzeige mit dem Titel „Frohe Weihnachten, Afrika“ des BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) verbreitet wurde. Kritisch kommentiert wurde es u.a. von Tobias bei aidnography und von mehreren (incl. mir) bei Twitter, wo es auch Rückmeldung vom BMZ gab.  

Kenianische Geek-Frauen: Als Kontrast, dieser (engl.) Bericht über Programmiererinnen und andere weibliche Geeks in Kenia – ganz ohne Strohütten und Wildtiere.

Entwicklungszusammenarbeit: Deutschland ist in Europa kein Vorreiter. Noch mehr Kritik an der Arbeit des BMZ, bzw. der Bundesregierung: Der EU-Abgebordnete Norbert Neuser (SPD) kritisiert die Entwicklungspolitik der Bundesregierung im Interview mit Euractiv.de.

Sollten Männer rein männlich besetzte Podien boykottieren? Diese Frage erörtert Duncan Green in seinem Blog. Ich empfehle, auch die Diskussion in der Kommentarspalte zu lesen, hier werden interessante Sichtweisen in angenehm sachlichem Ton ausgetauscht. Was ich bemerkenswert finde ist, dass Aktive aus dem Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit etwas diskutieren, was in den letzten Monaten immer auch wieder Thema in der deutschsprachigen (netz)feministischen Szene war  (siehe z.B. hier oder hier)- vielleicht in Indikator dafür, dass feministische Themen durchaus in eher weniger feministisch orientierten Sphären diskutiert werden und Wirkung zeigen.

Neues Layout von E + Z: Die Online-Ausgabe von E + Z hat eine neues, übersichtlicheres Layout. Da macht das Durchblättern gleich mehr Spaß – und kann gezielter erfolgen, etwa durch Auswahl von Regionen oder Themen.

Neu im Blog: Einen Nerv  getroffen habe ich anscheinend mit meinem gestrigen Artikel über Soll ich meinen gebrauchten Computer für Afrika spenden?. Dies lassen die hohen Zugriffszahlen und Anzahl der retweets bei Twitter vermuten. Vermutlich, weil es mittlerweile so viele Computer gibt und jede/r von uns sich früher oder später die Frage stellt, wohin denn nun mit den ausgemusterten Geräten.

Soll ich meinen gebrauchten Computer für Afrika spenden?

Good Luck Computers

Schild eines Computerladens in Ghana (CC Chapman, flickr)

In einer Lokalzeitung las ich kürzlich über eine Firma, die ihre ausgemusterten Computer an eine Organisation gespendet hat, die diese nun nach Afrika schickt. Da ich Sachspenden (gifts in kind) grundsätzlich kritisch sehe, insbesondere das Spenden von Secondhand-Dingen „für Afrika“, habe ich ein wenig zum Thema recherchiert. Gleich vorweg: Ich gebe im Folgenden keine Empfehlungen für Organisationen an die man spenden kann; nach meiner Kurzrecherche kann ich keine Aussagen über die Qualität der Arbeit einzelner Organisationen treffen. Hier gilt wie auch sonst in Bezug auf Spenden, dass man kritisch hinterfragen sollte, was genau mit dem Geld, bzw. den gespendeten Dingen passiert, wie Rechenschaft abgelegt wird und ob wirklich ein Bedarf vor Ort besteht (siehe auch diesen Beitrag von mir).

Die Sachspende, eine schwierige Sache

Warum bin ich Sachspenden gegenüber kritisch eingestellt? Das Spenden von alten Dingen „für Afrika“ steht in einer paternalistischen Tradition und ist oft mit einer stereotypen Vorstellung von „die haben ja nichts“ (und können daher auch mit altem Schrott gebrauchten Dingen etwas anfangen) verbunden. Ich möchte niemandem ihre oder seine guten Absichten absprechen, denn auch ich mache mir viele Gedanken darüber, wie gut erhaltene Dinge, die ich nicht mehr benötige, noch sinnvoll genutzt werden könnten.

Das Spenden ausrangierter Güter bringt aber auch eine gewisse Verantwortung mit sich. Die Geschichte der Altkleider, die vor allem den Sammelnden nutzen und lokale Textilmärkte zerstört haben, ist bestens dokumentiert. Laura Seay hat einiges an Forschung über negative Effekte von Kleiderspenden zusammengetragen. Unter ihrem Blog-Post kommentiert TMS Ruge übrigens:„Gebrauchte (lies: veraltete) Computer werden massenweise unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit auf dem [afrikanischen] Kontinent abgeladen. In Wahrheit aber ist es einfach billiger, sie dort auf den Müll zu werfen, anstatt sie zu recyceln oder verantwortungsvoll zu entsorgen.“ [Meine Übersetzung]

Ein weiteres Argument gegen Sachspenden: Fast alle Dinge bis hin zu technischem Gerät gibt es inzwischen auf lokalen Märkten der allermeisten afrikanischen Länder zu kaufen und der Kauf vor Ort unterstützt die lokale Wirtschaft. Auch wenn ggfs. die Preise höher sind, so kann sich das durchaus lohnen, wenn man bedenkt, dass auch für den Transport und den Import gespendeter Güter Kosten für Transport und Zölle in Höhe von mehreren Tausend Euro pro Containerladung anfallen, von späterer Wartung und der Beschaffung von Ersatzteilen ganz abgesehen.

Used computers

Gebrauchte Computer, Nigeria (luigig, flickr)

„Computer für Afrika“: die vier Kategorien der Spendenorganisationen

Eine kurze Stichwortsuche ergibt rasch eine Vielzahl von Organisationen, die „Computer für Afrika“ spenden. Die Vorgehensweise ist dabei recht unterschiedlich und reicht von „einfach Hinschicken“ bis zur umfassenden Programmarbeit im Bereich Medienkompetenz. Die Arbeitsweise der Organisationen lässt sich grob in vier Kategorien einteilen:

  • „Weiterleiter“: Gespendete Hardware wird in ein bestimmtes Zielland geschickt, ohne sie vorher auf Funktionstüchtigkeit zu prüfen, zu überholen und ggfs. Software zu checken; es gibt vor Ort auch keine Programme zur Umsetzung
  • „Überholer“: Gespendete Hardware wird überholt, nur funktionstüchtige Teile werden abgegeben, ggfs. mit an das jeweilige Zielpublikum angepasstem Betriebssystem und Software. Entweder bestehen bereits Kontakte zu EmpfängerInnen oder aber gemeinnützige Organisationen können Bedarf an solchen überholten Geräten anmelden und sie für geringe Gebüren erwerben.
  • „Spender“: Gespendete Hardware wird überholt und vor Ort (in Deutschland/westlichem Land) verkauft, die Erlöse werden für IT-Projekte gespendet
  • „IT und/oder Medien-Projekte“: Organisationen, die Spenden für IT-Projekte sammeln (etwa Ausrüstung von Schulklassen), aber keine Hardware in westlichen Ländern annehmen.

Es gibt außerdem eine Reihe von großen und kleinen NGOs, die Programme und Projekte im Bereich Mediennutzung- und Kompetenz umsetzen oder unterstützen, d.h., Kinder, Jugendliche und Erwachsene lernen hierbei nicht nur, Rechner zu bedienen, sondern auch sie für ihre Zwecke zu nutzen, etwa, um Kampagnen durchzuführen, Videos zu produzieren, etc.

Arab lettering on Egyptian computer keyboard

Arabische Schriftzeichen (BlatantWorld.org, flickr)

Computerspende – gut oder schlecht?

Grundsätzlich ist es sinnvoll, nur wenige Jahre alte Computer, die durch neuere ersetzt worden sind, wiederzuverwerten – es gibt dabei aber eine Reihe von Fragen, die geklärt werden müssen, etwa:

  • Je kürzer der Weg… desto geringer die Transport- und Umweltkosten. Es gibt inzwischen in Deutschland oder anderen westlichen Ländern viele Initiativen, die gebrauchte Rechner und anderes Gerät sammeln, überholen und an NutzerInnen vor Ort abgeben.
  • Elektroschrott: Immer wieder wird über gigantische Müllberge von „E-Waste“ in Afrika berichtet, sehr gut dokumentiert ist etwa die Müllindustrie in Ghana. Rund 500 Container mit Elektroschrott pro Monat landen alleine in Accra. Ganze Familien leben hier vom recyceln von Elektroschrott, meist unter Bedingungen, die Gesundheit und Umwelt massiv gefährden. Ein Problem: „Warum Geld fürs Recycling bezahlen – wenn man doch für das Schrott-Dumping in Afrika auch noch Geld bekommt?“ heißt es im Beitrag bei DRadio.
  • (unsichere) Stromversorgung: Selbst an vielen abgelegene Orte Afrikas gibt es zwar inzwischen Strom, oft ist er aber rationiert oder es kommt zu häufigen Stromausfällen und Schwankungen im Netz. Damit man unter diesen Bedingungen mit einem Computer arbeiten kann sind entweder teure Generatoren notwendig oder aber sog. UPS , Geräte, die zwischen Computer und Stromanschluss geschaltet werden, um Störungen abzufedern (und z.B. Datenverlust zu verhindern). Ebenfalls teuer – aber bei Computerspenden sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass entsprechende Systeme vorhanden sind oder mit angeschafft werden. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob Desktopsysteme überhaupt vor Ort nutzen oder zu aufwändig zu warten sind. Hierzu ein kurzer Beitrag über eine in Malawi erprobte Alternative mit ThinClients)
  • Bedarf vor Ort: Spenden sind oft „gut gemeint“ –jemand beobachtet, dass vor Ort etwas fehlt (etwa Computer an afrikanischen Schulen) und beschließt, Abhilfe zu schaffen. Ganz wesentlich ist aber, vorher gemeinsam mit den Menschen vor Ort zu erörtern, welchen Bedarf sie haben – und wie Computer genutzt werden können. Sprich: Leiten Personen vor Ort entsprechende Initiativen? Etwas zu geben, mag gut gemeint sein, wenn das Gegebene dann höflich empfangen, aber nie genutzt wird, hat es keinen Effekt.
  • Ausstattung: Wie werden die Computer (oder sonstigen Geräte) geliefert: D.h. wie alt sind sie, welches Betriebssystem und welche Software laufen darauf, welches Zubehör gibt es oder welche Kabel und Stecker werden mitgeliefert? Eine Windows-Version in Deutsch ist international nutzlos, ebenso wie die deutsche Tastatur (in französisch- oder englischsprachigen Ländern unterscheidet sich die Anordnung der Symbole von der deutschen QWERTZ-Tastatur).

Eine sehr gute Übersicht darüber, was rund um „Computer für Schulen spenden“ zu beachten ist, gibt es im Blog von Tim Unwin, Experte für IT und Entwicklung.

Hier ein Interview mit Alex Antener, der verschiedene Computerprojekte in Malawi umgesetzt hat, und sich im Bereich freie Software engagiert.  Seine Haltung zur Computerspende: „Die Haltung [alte Computer für Afrika zu spenden] empfinde ich als unehrlich und inkonsequent. Auch eine afrikanische Elite an einer Universität, wie beispielsweise der Polytechnic [an der University of Malawi], verdient es, mit den neusten Technologien zu arbeiten.“

Schließlich stellt sich auch die Frage ob Computerräume an Schulen überhaupt noch zeitgemäß sind oder eine mobile Lösung nicht sinnvoller wäre – das beinhaltet nicht nur Tablets oder Laptops sondern auch vermeintlich simple Lösungen wie „COWs“ (Computers on Wheels – Computer auf Rädern), also Computern auf Rolltischen, die dort hingeschoben werden können, wo sie gerade benötigt werden. Eine interessante Diskussion dazu in einem Post von Michael Trucano im ICT-Blog der Weltbank.

Westville Primary - Computer Lab

Computerraum, Westville Primary School, Südafrika (teachandlearn, flickr)

Fairerweise muss man jedoch auch sagen, dass es auch Menschen gibt, die sich über diese Dinge Gedanken machen und z.B. Computer nur bis zu einer bestimmten Nutzungsdauer (z.B. max. 4 Jahre) annehmen und diese so ausrüsten, dass sie dem jeweiligen lokalen Bedarf entsprechen und dabei eng mit lokalen Initiativen zusammenarbeiten. Wichtig ist hier insbesondere, dass technische Geräte nicht irgendwo einfach angeliefert und dann vergessen werden. Es muss in jedem Fall dafür Sorge getragen werden, dass die Geräte aufgebaut, installiert und regelmäßig gewartet werden können. Auch bekannte Verschleißteile müssen erhältlich sein und es muss sichergestellt werden, dass es, etwa im Fall von Computerspenden für Schulen, auch entsprechend ausgebildetes Lehrpersonal vor Ort gibt, und die Schulkinder die Geräte auch wirklich im Unterricht nutzen.

Mein Fazit

Angesichts der großen Probleme mit Elektroschrott, den Transportkosten, den Fragen nach Wartung und der richtigen Ausrüstung von IT-Geräten scheint es mir persönlich am Sinnvollsten, gebrauchte Rechner und andere Geräte an Organisationen zu spenden, die sie hier vor Ort überholen und an NutzerInnen in Deutschland abgeben. Eine fachgerechte Entsorgung ist auf jedem Wertstoffhof möglich (teils gibt es sogar Elektroschrottsammlungen mit dem regulären Sperrmüll). Programme in Afrika können über (seriöse) Organisationen unterstützt werden, die bereits vor Ort tätig sind und über entsprechende Erfahrung verfügen, bzw. Kontakte zu lokalen Einrichtungen und Organisationen haben, welche konkrete Bedarfe angezeigt haben.

Computer training sign in Africa

Foto: crystalskull, flickr