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Das heikle Thema Verwaltungskosten

Dieser TED-Talk von Dan Pallotta macht derzeit die Runde und wird vielerorts kritisch diskutiert, etwa in den Kommentaren auf der TED-Seite oder bei LinkedIn. Ich würde mich freuen, wenn auch im deutschsprachigen Raum einmal wieder – gerne auch kontrovers – über das Thema „Overheads“, zu deutsch Verwaltungskosten gesprochen würde.

Pallotta spricht sich dafür aus, die strikte Trennung zwischen gemeinnützigen Organisationen (Non-Profits, NPO) und „For-Profits“ aufzuheben, bzw. die Maßstäbe, die für Non-Profits gelten, neu zu justieren. Dazu gehört für ihn etwa, Gewinnstreben nicht mehr grundsätzlich als bedenklich zu werten und dies auch „do gooders“ zu ermöglichen. Ferner kritisiert er die tief verwurzelte Auffassung, dass von Non-Profits immerzu Erfolge erwartet und „Fehler“ bzw. nicht erreichte Ziele von SpenderInnen sofort sanktioniert werden. Dies, so Pallotta, verursache ein konservatives und innovationsfeindliches Klima, wohingegen For-Profits vor allem in ihrer Start-up-Phase das Eingehen von teils hohen Risiken zugestanden wird, was wiederum Innovationen erst ermöglicht.

Man kann Pallottas Thesen durchaus kontrovers diskutieren, was ja auch bereits geschieht. Ein Punkt, den ich besonders wichtig finde, ist die Diskussion über das Thema Verwaltungskosten von Spendenorganisationen oder NGOs.

Verwaltungskosten oder Overheads – immer ein heikles Thema: Gemeinnützige Organisationen, Hilfsorganisationen und Vereine sind i.d.R. bestrebt, die Verwaltungskosten möglichst gering zu halten, da gemeinhin die Ansicht herrscht, seriöse Organisationen müssten möglichst wenig für Verwaltung ausgeben. Viele (meist eher kleine) NGOs und Spendenorganisationen werben mit Aussagen wie „bei uns wird jeder Euro weitergeleitet“, „alle Spenden kommen zu 100% an“, etc..

Aber gibt es wirklich eine „0 Prozent“-Marke? Und: Wie hoch dürfen Verwaltungskosten überhaupt sein?

Verwaltungskosten: Wann sind sie „angemessen“?

Es schwierig, die Angemessenheit von Overheads zu bewerten, obwohl es einige Richtwerte gibt:

  • Die Richtlinien des Spendensiegels des Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen (DZI) gibt vor, dass maximal 35 Prozent der Spendeneinnahmen für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben werden dürfen (das DZI wertet dabei Ausgaben zwischen 5 und unter 20 Prozent als „angemessen“, solche zwischen 20 und 35 Prozent „vertretbar“).
  • Der Deutsche Spendenrat macht keine Angaben bezüglich der Höhe von Verwaltungskosten, erkennt allerdings an, dass „Gemeinnütziges Tun […] heutzutage ohne eine Verwaltung mit den für sie typischen Kosten undenkbar“ ist. (PDF)
  •  Charity Navigator, die größte US-Spendenbewertungs-Organisation, setzt 25 Prozent Verwaltungskosten als vertretbares Maximum bei Spendenorganisationen an

„100% Ihrer Spende kommen an“ – geht das überhaupt?

Grundsätzlich ist die Gleichung „Höhe der Verwaltungskosten“ = „Anzeichen für Seriosität“ als äußerst schwierig anzusehen, denn jede Organisation arbeitet unter anderen Bedingungen. Manche arbeiten mit wenig Personal und benötigen wenige Ressourcen, andere setzen Projekte um, an denen SpezialistInnen arbeiten oder für die teure Ausrüstung benötigt wird. Gerade wenn eine Spendenorganisation nicht mehr lokal begrenzt und mit hauptamtlichem Personal arbeitet, lässt sich ein „100 Prozent der Spenden kommen an“ nicht mehr aufrechterhalten.

Nur sehr kleine, lokal begrenzt arbeitende Vereine oder NPOs, die sich rein ehrenamtlich tragen, können dies wirklich umsetzen. Selbst das Ehrenamt „kostet“ etwas, nämlich die Zeit, welche die Leistenden investieren (können). Außerdem benötigen auch rein ehrenamtlich arbeitende NGOs eine Infrastruktur für ihre Arbeit, angefangen bei Laptop und Papier zum Schreiben eines Projektantrags bis hin zu den Reisekosten, gleich ob Projekte im Ausland besucht oder die eigene Initiative bei einer Veranstaltung in der Kreisstadt präsentiert werden sollen.

Einen weiteren wichtigen Punkt spricht auch Dan Pallotta an: Gehälter. Wenn Organisationen mit hauptamtlichem Personal arbeiten, i.d.R. gut ausgebildete und engagierte Menschen, dann verdienen diese es, ausreichend bezahlt zu werden. Da Gehälter im Non-Profit-Bereich oft sehr niedrig sind, sieht Pallotta hier die Gefahr, dass viele besonders fähige Leute lieber in anderen Branchen arbeiten. Hier bin ich auch seiner Meinung: Gute Arbeit kostet gutes Geld – was bedeutet, dass gemeinnützige Organisationen sich nicht aus Sorge um die Höhe der Verwaltungskosten gezwungen sehen sollten, Gehälter zu deckeln.

Wie aussagekräftig sind Verwaltungskosten?

Die US-Spendenexpertin Saundra Schimmelpfenning hat sich ausführlich mit der Aussagekraft von Verwaltungskosten beschäftigt (leider wird sie ihre großartige Website voraussichtlich Ende 2013 einstellen). Sie ist ebenfalls der Meinung, dass Verwaltungskosten von NGOs kein ausreichender Indikator für die Qualität der Arbeit sind.

Hier ein Beispiel: Die Reduktion von Verwaltungskosten in unserem Privathaushalt. Würde man rein auf die Kosten schauen, wäre es zunächst extrem teuer, eine Küche in einem Haus einzurichten. Man benötigt einen Raum, spezielle Ausgestattung, hohe Betriebskosten (Strom und Wasser) und regelmäßig fallen Wartungsarbeiten und „Personalkosten“ (Kochen, Spülen, Einkaufen) an. Stattdessen ist es problemlos möglich, unterwegs zu essen oder den Lieferdienst kommen zu lassen. Längerfristig ist der Einbau einer Küche möglicherweise günstiger – doch zunächst bedarf es einer vergleichsweise großen Investition, die sich erst nach Jahren des Fastfoodessens bezahlt machen würde.

Hier auch noch einmal ein Beispiel, wie Verwaltungskosten willkürlich schöngerechnet werden können und daher irreführend sind.

Vor jeder Spende ratsam: Ein Blick hinter die Verwaltungskosten

Der Umkehrschluss wonach es grundsätzlich in Ordnung ist, möglichst hohe Verwaltungskosten zu haben, ist natürlich nicht richtig. Grundsätzlich sollte man in jedem Bereich verantwortungsvoll mit dem vorhandenen Mitteln umgehen. Ich finde es jedoch immens wichtig, darüber zu diskutieren, dass die Höhe der Verwaltungskosten alleine niemals ein Indikator für die Qualität oder Seriosität der Arbeit einer Organisation sein kann.

Dies verlangt uns als SpenderInnen Einiges an kritischem Bewusstsein und an Arbeit ab, denn wir sind dazu aufgerufen, uns kritisch mit der Arbeitsweise der von uns bevorzugten NGOs auseinanderzusetzen. Für gemeinnützige Organisationen hätte eine realistischere Erwartungshaltung bezüglich der Verwaltungskosten jedoch den Vorteil, dass sie ihre Arbeit ehrlich darstellen können und ihnen mehr Verständnis für höhere Ausgaben, die unter bestimmten Umständen durchaus ihre Berechtigung haben können, entgegengebracht wird.

Links zum Wochenende #28

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Quelle: flickr

 

 

Toy stories, Kinder weltweit: Dieses Projekt ist mit Abstand mein dieswöchiger Link-Favorit. Der Fotograf Gabriele Galimberti hat überall auf der Welt Kinder in ihrem Zuhause mit ihrem Lieblingsspielzeug fotografiert. Ein faszinierendes Projekt, das den Blick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Konstruktion „Kindheit“ lenkt und zum Nachdenken über Gender-Stereotype anregt.

 

 

 

Atlas der Vorurteile: Ein weiteres visuelles Projekt ist der Atlas der Vorurteile, erdacht vom bulgarischen Designer Yanko Tsvetkov. Eignet sich als Geschenk, Reflektionsraum für eigene Vorurteile sowie als Material für die Bildungsarbeit.

Fundraising 2.0: Der Fundraising-Markt verändert sich rasant, v.a. auch durch die Potenziale und Möglichkeiten des Internet. Sozialmarketing.de hat eine Übersicht über die wichtigsten Online-Fundraising-Instrumente zusammengestellt, darunter sowohl Spendenplattformen wie auch Widgets für die eigene (Projekt)Website.

Sozial-ökologische Beschaffung von Computer und Co: Vor einiger Zeit hatte ich mir einmal die Frage gestellt, ob es Sinn macht, nicht mehr benötigte Computer (oder sonstigen Elektroschrottgeräte) für „Afrika“ zu „spenden“ (nein, macht es nicht). Mit zunehmenden Mengen an Elektroschrott und immer mehr kritischen Konsumentinnen erhält dieses Thema verdientermaßen auch immer mehr Aufmerksamkeit.  Weed geht der Frage nach, inwieweit man beim Kauf neuer Produkte auf die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards bei der Herstellung achten kann.

Wahlen in Kenia: Nachdem die Stimmen ausgezählt und kein Bürgerkrieg ausgebrochen ist (wie von vielen westlichen KorrespondentInnen erwartet), ist nun die Zeit der Analysen über „Kenia nach der Wahl“. Eufrika.org kommentiert „Ausschreitungen und Tote statt objektiver Berichterstattung„. Passend dazu auch ein Beitrag von Mukoma Wa Ngugi über „The Western Journalist in Africa„. Interessant auch die Analyse von Charles Onyango-Obbo, der vier Gründe für den friedlichen Verlauf anführt: das kompromisslose Vorgehen der Polizei gegen hate speech, die Umsetzung einiger großer Infrastrukturprojekte durch die alte Regierung, u.a. den Ausbau des Flughafens in Kisumu, wodurch die Gegend am Viktoriasee einen Boom erlebt und das Gefühl der Marginalisierung vieler Menschen sank. Drittens sieht er die zeitgleiche Kommunalwahl als bedeutend an, die für viele KenianerInnen bedeutender war als die Präsidentschaftswahl sowie der Beginn des „Konza Technology City“-Projektes, mit dem die Regierung Kenia zum „Silicon Savannah“ und zum ICT-Zentrum Ostafrikas ausbauen will.

BMZ-Fördergeldvergabe an NGOs in der Kritik: Die Kritik an der Politik des BMZ reißt nicht ab. Vergangene Woche in der Presse: VENRO kritisiert, dass das BMZ zu starken Einfluss auf vom Ministerium teilfinanzierte Publikationen der NGOs ausübe. Dies fängt bei der Platzierung von Logos an, beinhaltet aber auch das Einreichen von Manuskripten vor Drucklegung.

Kinderheirat, Südsudan: Human Rights Watch hat eine Studie über Kinderheirat in Südsudan veröffentlicht. Armut zwingt viele Familien dazu, junge Mädchen zu verheiraten, damit sie versorgt sind. Brautpreise, geleistet durch den Bräutigam und seine Familie, sind ein zusätzlicher Anreiz für diese Heiraten. Der Bericht (auf Englisch) basiert auf Interviews mit 87 Mädchen und Frauen, ist interessant zu lesen und weniger auf Sensationsgier aus, als Titel und Aufmachung vermuten lassen.

Nahrungsmittelspekulationen: Beim gestrigen SID-Stammtisch in Hamburg war Raphael Bolius zu Gast, der im Rahmen eines Blogprojektes den ganzen März über Informationen zum Thema Nahrungsmittelspekulation sammelt. Es lohnt sich, hier einmal zu stöbern.

Wie Social Media Organisationen verändern: Immer wieder interessant, darüber zu reflektieren. Ein Beitrag dazu in der Computerwoche.

Mimba – Schwangerschaft in Tansania: Ich bin kürzlich auf den 2011 gedrehten Dokumentarfilm „Mimba“ (Schwangerschaft) gestoßen. Der Film geht der Frage nach, warum die Müttersterblichkeit an drei unterschiedlichen Orten Tansanias so verschieden ist – in Lushoto sterben weit mehr Mütter während der Geburt als in Serengeti oder Moshi. Interessante Einblicke in Tansania von der klasse Produktionsfirma Maweni Farms. Auf der gleichen Seite befindet sich auch ein Hinweis auf „Sex, Lies and Ignorance„, einer Dokumentation über Teenager-Schwangerschaften. Ebenfalls dicke Empfehlung!

Links zum Wochenende #27

Auf dem Rücken der Roma: Es ist Wahlkampf und Innenminister Friedrich meint wohl auch deswegen, die rassistische Keule auspacken zu müssen. Damit springt er auf den seit einigen Wochen wieder rasch fahrenden Zug der Anti-Roma-Rhetorik auf. In der taz erklärt Norbert Mappes-Niediek, was es mit einigen der gängigsten Vorurteile auf sich hat. Außerdem schildert eine Romni ihren schwierigen Alltag in Hamburg. Wäre schön, wenn sich die Diskussion endlich versachlichen würde.

Wahlen in Kenia: Die Wahlen in Kenia waren in dieser Woche Schwerpunkt der Afrikaberichterstattung. Über Twitter konnten die Ereignisse live verfolgt werden (#kenyadecides), was sehr spannend war. Viele KenianerInnen posteten Bilder der teils hunderte Meter langen Schlangen vor den Wahllokalen. Der Wahltag verlief überwiegend friedlich bis auf mehrere Anschläge in Mombasa, bei denen 19 Menschen getötet wurden. Die von vielen Medien befürchtete Welle der Gewalt blieb jedoch aus. Seit Mitte der Woche werden allerdings infolge technischer Probleme bei der noch andauernden Auszählung immer mehr kritische Stimmen laut. Bislang führt Uhuru Kenyatta vor Raina Odinga im Rennen um die Präsidentschaft (hier die Übersicht der offiziellen Wahlergebnisse), derzeit sieht es so aus, als käme es zu einer Stichwahl im April. Vereinzelt fällt der Vorwurf der Wahlfälschung und die kommenden Tage dürfen nochmals spannend werden. AfrikaEcho betreibt weiterhin seinen Live-Ticker, derzeit beste deutschsprachige Quelle für aktuelle Updates zum Thema. Nachrichten. Kleine Geschichte am Rande: Zum ersten Mal hat eine Maasai-Frau den Einzug ins Parlament geschafft und sich damit gegen den Widerstand vieler Ältester durchgesetzt.

Schlechte Schokolade? Nein Danke! In der Schweiz ist eine neue Kampagne gestartet. Mit „Stop Bad Chocolate“ möchte die „Erklärung von Bern“ darauf aufmerksam machen, dass die berühmte Schweizer Schokolade leider viel zu oft aus Kakao besteht, der unter ausbeuterischen Bedingungen produziert wurde; Kinderarbeit und niedrigste Löhne inklusive.

Transparenz in der Entwicklungszusammenarbeit: Netzpolitik.org berichtet über das Projekt „offene- entwicklungshilfe.de„, das visualisiert, welche Gelder für welche Zwecke im deutschen EZ-Sektor ausgegeben werden.

Albinos in Tansania: Kate Bomani ärgert sich über die mediale Darstellung von Albinismus in Tansania.

Deutsche Unterdrückungshilfe: Peter Dörrie kritisiert die Vergabepraxis deutscher Budgethilfe, da sie in Ländern wie Burkina Faso, Ruanda, Mali und Äthiopien den autoritären Regimes helfe, ihre Macht zu festigen.

What happened in Luvungi? Die Schlagzeilen, wonach der Osten der Demokratischen Republik Kongo die „Vergewaltigungshauptstadt der Welt“ (rape capital of the world) sei, hält sich hartnäckig, doch was ist dran? Laura Heaton hat wiederholt das Dorf Luvungi besucht, das 2010 Schauplatz einer Massenvergewaltigung gewesen ist. Oder vielleicht doch nicht? Der Artikel wirft einmal mehr die Frage danach auf, inwieweit Medien und Hilfsorganisationen zu einer Verzerrung der Realität beitragen, um ihre Ziele (Aufmerksamkeit und Spenden- bzw. Gebergelder) zu erreichen. [edit] Jason Stearns hat die Autorin interviewt und sie u.a. zu den Vorwürfen, die betroffenen Hilfsorganisationen in Bezug auf ihren Artikel erhoben haben, befragt.

hiidunia.com Development Directory: Jede Menge Online-Ressourcen hat hiidunia.com im Development Directory zusammengestellt, darunter eine ellenlange Liste mit spannenden Blogs sowie vielen Empfehlungen für Twitter-Accounts.

Neu im Blog: In der vergangenen Woche gab es einen Gastbeitrag von Anna Astenden zum Thema Jugendpartizipation, außerdem habe ich einige Ergebnisse einer Recherche zum Thema Kinder und Jugendliche und Internet zusammengestellt.

 

Es braucht mehr als symbolische Gesten, um Jugendpartizipation umzusetzen

Der folgende Beitrag ist die Übersetzung eines Artikels von Anna Ashenden (@a_ashenden), Projektmanagerin in einer jugendgeführten Gesundheitsinitiative in Darwin, Australien, und Studentin im Master International and Community Development. Dieser Beitrag ist zuerst auf WhyDev.org erschienen und anschließend auf Annas Blog.

Es braucht mehr als symbolische Gesten, um Jugendpartizipation umzusetzen

Eine der zentralen Forderungen auf der ICPD Global Youth Conference in Bali im Dezember 2012 ist die Notwendigkeit einer besseren Beteiligung Jugendlicher innerhalb aller Diskussionen, Planungen und Projekte der Entwicklungszusammenarbeit.

Als junger Mensch, der ein Projekt leitet, in dem sich Jugendliche engagieren, reflektiere ich im Folgenden darüber, was Jugendpartizipation meint. Außerdem habe ich einige Richtlinien zusammengestellt, die dabei helfen, Jugendlichen wirklich eine Stimme zu geben – damit Partizipation nicht bloß ein Punkt auf einer abzuhakenden Liste bleibt.

Was ist Jugendpartizipation?

Jugendpartizipation [oder Jugendbeteiligung] bedeutet, dass Jugendlichen eine bestimmte Funktion innerhalb der Struktur einer Organisation (oder eines Projektes, etc., …) zukommt. Dies kann auf viele verschiedene Arten geschehen, grundsätzlich bedeutet es jedoch Konsultation, Beteiligung an Entscheidungen sowie eine Art der Repräsentation, die die Rolle Jugendlicher wertschätzt.

Eine ernsthafte Umsetzung von Jugendbeteiligung stellt sicher, dass Programme und Dienstleistungen relevant und zielgerichtet realisiert und bestehende Bedürfnisse junger Menschen erfüllt werden. Jugendliche müssen in diesen Prozessen klar mitteilen dürfen und können, was ihnen wichtig ist. Auch müssen sie stets Einfluss nehmen können auf Entscheidungen, die sie betreffen, ihre Fähigkeiten dabei stärken sowie ihr Selbstvertrauen und damit die Verankerung ihrer Aktivitäten in ihren Gemeinden steigern.

Auf diese Weise können die betreffenden Organisationen junge Menschen mit ihren Kampagnen und Programmen viel effektiver erreichen, ihr Interesse wecken und als Fürsprecher für ihre Interessen und Bedürfnisse auftreten. Auch steigert das Beachten dieser Prinzipien die Wirkung der jeweiligen Programme, weil es den Fokus mehr auf Stärken denn auf Schwächen legt. Dies kann dazu beitragen, das Profil der so handelnden Organisationen innerhalb ihrer Gemeinden zu stärken. Dies wiederum verbessert die vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen nationalen demokratischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen.

Der Aufstieg auf der Partizipationsleiter

Leider gibt es viele Organisationen und Programme, die „Beteiligung schaffen“ nur unzureichend umsetzen. Richtlinien für Partizipation sind oft nur oberflächlich verfasst und räumen jungen Menschen wenig oder gar keine Möglichkeiten ein, sich wirklich in Diskussionen und Entscheidungsprozesse einzubringen. Harts „Partizipationsleiter“ (ladder of participation)  ist hierbei eine hilfreiche Anleitung, um die das Ausmaß von Partizipation zu bestimmen. Aber was können wir tun, um sicherzustellen, dass die Beteiligung Jugendlicher auch erreicht wird und nicht in symbolischen Gesten verharrt?

ladder of participation (Quelle: Outsidethecomfortbox

ladder of participation (Quelle: Outsidethecomfortbox

Adaption der "ladder of participation" nach Roger Hart (Quelle: hausarbeiten.de Hausarbeiten.de)

Partizipationsleiter: Adaption und deutsche Übersetzung der „ladder of participation“ nach Roger Hart (Quelle: Hausarbeiten.de)

Ein wesentlicher Faktor, der sich durch den gesamten Ansatz der Partizipation hindurchzieht und der essentiell dafür ist, dass Jugendliche wirklich gehört werden, ist, sie immer ernst zu nehmen. Dies bedeutet, den Jugendlichen während aller Phasen eines Vorhabens die Möglichkeit einzuräumen, sich aktiv in das Geschehen einzubringen, angefangen bei der Planung, der anschließenden Implementierung bis hin zur Evaluationsphase.

Eine Jugend stellvertretend für alle

Viele Organisationen haben inzwischen eine Form der Jugendvertretung eingerichtet. Dabei gilt allerdings zu beachten, dass Jugendliche Individuen sind: VertreterInnen können niemals alle Jugendlichen mit ihren vielen Untergruppen repräsentieren (hier gibt es eine ausführliche Diskussion über die Mythen und Herausforderungen der Jugendpartizipation).

Es ist daher wichtig, dass Jugendvertretungen alle verschiedenen Untergruppen, welche eine Organisation vertritt oder erreichen will, repräsentieren sollten. Dies kann insbesondere dadurch erreicht werden, dass marginalisierte und weniger sichtbare Jugendliche aktiv zur Teilnahme angeregt werden, anstatt dass vorwiegend mit Freiwilligen, die sich von sich aus melden, gearbeitet wird. Ferner ist von Bedeutung, den Jugendlichen eine Gegenleistung für die von ihnen zur Verfügung gestellte Zeit, evtl. entstandenen Fahrtkosten und sonstige Ausgaben anzubieten (meist genügen schon Mahlzeiten oder Snacks und die Erstattung von Fahrtkosten!).

Jugendliche sind eine heterogene Gruppe, daher sollten Projekte mit unterschiedlichen Kommunikationsarten arbeiten, um damit das größtmögliche Publikum anzusprechen (Social Media, Radio, Fernsehen, Lokalzeitungen und –magazine, Mundpropaganda, etc.). Ein hohes Maß an Flexibilität im Hinblick auf die unterschiedlichen Möglichkeiten für Beteiligung ist ebenfalls notwendig, wozu auch das Berücksichtigen von Vorlieben für unterschiedliche Zeiten und Formate gehören. Diese Rücksicht ermöglicht Jugendlichen sich jeweils auf die Weise zu beteiligen, die zu ihren zeitlichen Ressourcen, kulturellen Hintergründen oder sonstigen Zielen des Engagements passt. Durchgehend sollten den Jugendlichen außerdem Training und Unterstützung angeboten werden, damit sie bestmöglich in der Lage sind, mit anderen jungen Menschen, Organisationen sowie ihren Gemeinden zu interagieren und somit ein wachsendes Moment des Engagements gefördert wird.

Ist eine Supervision durch Erwachsene nötig?

Eine weiterer Schlüsselfaktor ist eine aktive Förderung positiver und produktiver Zusammenarbeit zwischen Jugendlichen und Erwachsenen. Erwachsene müssen sich nicht nur des Zwecks und der Bedeutung von Jugendbeteiligung bewusst sein, sondern auch ihrer eigenen Rolle als Orientierungshilfe und MentorIn. Es ist oft hilfreich (jedoch nicht essentiell und in vielen Fällen aufgrund fehlenden Budgets nicht möglich), eine/n bestimmte/n MitarbeiterIn als Ansprechpartnerin für Jugendliche zu benennen, die Unterstützung und Trainings sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene, etwa Angestellte einer Organisation, anbietet. Wie auch Harts Partizipationsleiter deutlich zeigt, führt die Zusammenarbeit zwischen Jugendlichen und Erwachsenen zu den besten Ergebnissen. Erwachsene müssen sich genauso an Prozesse der Jugendpartizipation anpassen wie Jugendliche dies müssen. Es ist daher wichtig sich darüber bewusst zu sein, dass konstante Schulungen und Weiterentwicklung für Erwachsene wie für Jugendliche gleich wichtig sind.

Negative Wahrnehmung von Jugendlichen, die Altersdifferenz sowie negative oder romantische Vorurteile erschweren Jugendbeteiligung innerhalb vieler Organisationen (siehe dazu diesen Artikel über unterschiedliche Wege zur Umsetzung inklusiver Beteiligung Jugendlicher). Es ist daher absolut zentral, das Image Jugendlicher zu verbessern, sowohl unter ihnen selbst, innerhalb der jeweiligen Gemeinden wie auch in der Gesellschaft insgesamt. Schlüsselaktivitäten hierzu sind etwa öffentliche Feiern und das Würdigen von Erfolgen, konstante Kommunikation mit den beteiligten Gemeinden mittels Medien und sonstige Veranstaltungen. Dabei sollte stets im Vordergrund stehen, welche Stärken die jungen Menschen mitbringen.

Schließlich müssen auch die Räume und Strukturen der Organisationen, innerhalb derer Jugendbeteiligung umgesetzt werden soll, jugendfreundlich sein, was bedeutet, dass die individuellen Fähigkeiten und Stärken junger Menschen gefördert werden müssen. Jugendbeteiligung wird oft durch strukturelle Hindernisse ausgebremst. Damit also sichergestellt wird, dass Jugendliche ihre Meinungen wirklich einbringen können, bedarf es Strukturen, die dies anerkennen, sowie entsprechenden Handlungsanweisungen und Richtlinien auf allen Ebenen einer Organisation. Eine gesteigerte Anerkennung der Fähigkeiten und Talente Jugendlicher sowie Verfahrensweisen, die ihnen erlauben, ihre Perspektiven und Ideen in Organisationen und Programme einzubringen werden ihrerseits zu positiveren Ergebnissen auf individueller, lokaler, nationaler und internationaler Ebene führen. Zunehmend erkennen viele Organisationen die Bedeutung der Jugendpartizipation an, insbesondere jene, die mit marginalisierten oder benachteiligten Gruppen arbeiten. Junge Menschen kennen ihre Bedürfnisse am besten und sind daher auch am besten in der Lage, effektive Lösungen zu finden. Unsere Rolle ist es, ihnen ein Umfeld bereitzustellen, in dem sie aktiv auf Entscheidungen, die sie betreffen, einwirken können.

 

Hilfe, mein Kind ist im Netz!

Internet Cafe Созопол

Ob die Eltern wissen, was der Kleine sich anschaut? (Quelle: uros velickovic, flickr)

Übers Wochenende habe ich einmal eine thematisch nur lose mit dem Blog verwandte Recherche betrieben: Kinder und Internet. Immer mehr Haushalte sind online und immer mehr Kinder haben Geräte zur Verfügung, mit denen sie ins Netz kommen. Für Kinder und Jugendliche ist das Netz Alltag.

Mit dem selbstverständlichen Vorhandensein der Netzes steigt aber auch die Verunsicherung vieler Eltern, wie sie mit ihren Kindern und dem Thema Netz-Verhalten umgehen sollen. Interessanterweise sind darunter viele Eltern meiner Generation, die zu den frühen „Digital Natives“ oder der „Generation Y“ gehören sollten (ich verfehle knapp die 1980).

Ich finde die Frage, wie Eltern mit dem Thema Netz umgehen höchst spannend, da ich in meinem Umfeld beide Extreme im Umgang mit dem Internet erlebe (Daueronline vs. „alles Zeitverschwendung“) und gespannt bin, wie sich dies über die kommenden Jahre hinweg, auch mit älter werdenden Kindern, entwickeln wird.

Ich neige bezüglich der Nutzung des Web ja eher zum Optimismus und bin deswegen davon überzeugt, dass Kinder heutzutage unbedingt Medienkompetenz entwickeln müssen (was alle Kinder schon immer mussten, nur haben sich die Anforderungen im Gegensatz zu „unserer“ Jugend geändert und man sollte das zunächst einmal ganz neutral bewerten).

Kinder müssen früh Medienkompetenz erlernen

Heute gibt es nun einmal das Internet, mit Risiken wie v.a. Chancen, und daher sollten Kinder besser früh als spät den Umgang damit erlernen. Damit sie dies können, müssen sich Eltern auch damit beschäftigen, anstatt es als „Zeitverschwendung“ abzutun. Gefragt sind allerdings auch die Schulen. Bei allem, was ich so mitbekomme, ist Deutschland bis auf Einzelfälle und Modellprojekte nicht besonders weit im Hinblick auf Erziehung zur Medienkompetenz. Das ist sehr schade, denn so scheint es, als würden viele Kinder und Jugendliche doch arg alleine gelassen.

Da ich kürzlich mehrere Beiträge zu diesem Thema gelesen und geschaut habe, habe ich ein wenig weiter recherchiert und festgestellt, dass sehr oft vor allem die Gefahren des Netzes betont werden, was Eltern, die vielleicht ohnehin nicht sehr netzaffin sind, weiter abschrecken dürfte. Klar, es gibt Risiken und die sollte man nicht klein reden, es gibt aber auch eine Reihe einfacher Strategien, damit umzugehen, und dass, ohne dass man dazu Fachfrau oder –mann sein muss.

Grundsätzlich, und das ist auch eine zentrale Aussage der weiter unten verlinkten Seiten, geht nichts darüber, sich mit den Kindern hinzusetzen, über Chancen und Risiken zu sprechen und vor allem miteinander im Gespräch zu bleiben. Im Folgenden habe ich einige Beiträge zu Thema „Netzkompetenz für Kinder und Eltern“ zusammengestellt, die ich hilfreich finde, nicht nur für die interessierten (zukünftigen) Eltern unter meinen LeserInnen:

Orientierung und Tipps zur Vermittlung von Netzkompetenz

 

  • Das Internet-ABC: eine Seite für Kinder und Eltern  Diese Seite ist ganz nett gemacht, allerdings sehr textlastig, was abschreckend wirken kann und eher etwas für ältere Kinder ist, die dann wiederum vielleicht Spaß an den Animationen und den Tests haben. Warum Eltern sich aber nicht alleine auf eine solche Seite verlassen sollten, sondern es immer besser ist, sich gemeinsam mit den Kindern vor den Rechner zu setzen und über den Umgang mit dem Netz zu reden, steht auch in Thomas’ kritischem Beitrag über das Internet-ABC.
  • Medienkompetenz: Sarah Pust, Beitrag zu einem Panel zum Buch Netzgemüse auf der Social Media Week 2013, Hamburg, in dem die Autorin auf einige weiterführende Studien verweist. Ebenfalls spannend ist ihre Präsentation „Kinderkram: So nutzen Kids das Netz“, auch auf dem Blog der Autorin einsehbar.
  • Kinder. Social Media. Verantwortung: Eine weitere Nachlese zur Social Media Week Hamburg von Jane Schmidt. (Unter der Kategorie „Kinder“ finden sich übrigens weitere lesenswerte Einträge in ihrem Blog).
  • Website: Kinder und Internet des Deutschen Jugendinstituts, wo laufende und abgeschlossene Forschungsprojekte vorgestellt werden. Die Seite ist etwas unübersichtlich in der Navigation, es lohnt sich aber, ein wenig zu stöbern.

Vergangene Woche hat die Bundesregierung zusammen mit einigen Partnern übrigens den „Kinderserver“ vorgestellt, mit dem Eltern, Großeltern, etc. den Netzzugang für Kinder sicherer gestalten können, etwa, indem nur Suchergebnisse der Kindersuchmaschinen angezeigt werden. Der Test von Heise.de zeigt allerdings, dass es sich hier um eine „Baustelle“ handelt und Kinder die Sperren relativ einfach umgehen können. Um eine vertiefte Auseinandersetzung und einen andauernden Dialog kommen Erwachsene und Kinder also nicht herum!

Wie sind Eure Erfahrungen mit Kindern, Jugendlichen und dem Netz? Habt Ihr weitere Empfehlungen?

Links zum Wochenende #26

Growth of Pawpaw on Arborloo pit

Papayas in Simbabwe, © Peter Morgan, Quelle: flickr

Blühende Landschaften in Simbabwe: Nachdem über ein Jahrzehnt lang Konsens war, dass die Landreform unter Robert Mugabe Simbabwe in den Ruin gestürzt hat, gibt es inzwischen auch andere Sichtweisen. „Im Brennpunkt“ der Weltsichten schreibt der Entwicklungsforscher Joseph Hanlon über „Das Märchen von den bösen Landbesetzern“ und es gibt eine Rezension des Buches „Zimbabwe’s Fast Track Land Reform“ von Peter Matondi.

Kenia: Wer oder was bei den Wahlen wichtig wird: Am 4. März ist es soweit, in Kenia wird gewählt. AfrikaEcho hat eine gute Übersicht zum Thema, wird weiterhin berichten und hat sogar einen Live-Ticker eingerichtet.

Der Westsahara-Konflikt im Schatten der Mali-Krise: Der Westsahara-Konflikt ist im Westen nahezu unbekannt und kommt in den Medien kaum vor. DW skizziert den Konflikt und die aktuellen Entwicklungen.

Friedensabkommen für den Kongo: Elf afrikanische Staaten haben am 24.2. ein Friedensabkommen unterzeichnet, in dem sie sich verpflichten, gemeinsam an einer Lösung der komplexen Konfliktsituation in der Demokratischen Republik Kongo zu arbeiten. Details hat Dominc Johnson für die taz aufgeschrieben. Bei Kongo-Echo ergänzt er um Berichterstattung über die derzeitige Lage im Ostkongo, wo es wieder nach Krieg aussieht, denn die M23-Rebellen waren in keiner Weise am zwischenstaatlichen Friedensabkommen beteiligt.  DW hat den Wissenschaftler Jason Stearns interviewt, der seine Sicht auf das Friedensabkommen schildert.

Krieg im Kongo: Im Lauf dieser Woche hat sich die M23-Bewegung gespalten. Warum dies zu neuen kriegerischen Auseinandersetzungen führen könnte, analysiert erneut D. Johnson in der taz. Vor Ort ist taz-Korrespondentin Simone Schlindwein, die über Twitter laufend berichtet (@schlindweinsim); außerdem sind folgende Hashtags hilfreich: #M23, #DRC oder, für französischsprachige Berichterstattung #RDC.

Ostkongo: Herausforderung Friedensjournalismus. Mit Unterstützung des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) führte die Organisation HEAL Africa einen Workshop für JournalistInnen in Goma durch. Bei ZFD gibt es einen kurzen Beitrag darüber incl. Link zu den Blogs  der Teilnehmerin Passy Mubalama , Die Trainerin Rosebell Kagumire, Journalistin aus Uganda, hat ebenfalls darüber gebloggt.

Fortschritte in Sachen Demokratie: Der Freedom-House-Index 2013 stellt fest, dass viele afrikanische Länder Fortschritte in Sachen Demokratisierung machen (deutsche Zusammenfassung mit Link zum Originaldokument).

Bürgerhaushalte: Grosszügiger als man denkt. E+Z hat den Wissenschaftler Giovanni Allegretti interviewt, der sich mit Bürgerhaushalten beschäftigt und darüber spricht, wie man Beteiligung von BürgerInnen erreichen kann und welche bisherigen Erfahrungen bei zukünftigen Planungen berücksichtigt werden müssen.

Lebensmittelkonzerne handeln unverantwortlich: Keine neue Erkenntnis, angesichts regelmäßiger Lebensmittelskandale. Passend dazu hat Oxfam vor wenigen Tagen eine neue Studie veröffentlicht: Behind the Brands (PDF, englisch, kurze Zusammenfassung auf Deutsch hier). Darin werden die Lieferketten der zehn größten Lebensmittelkonzerne des englischen Marktes untersucht, mit (wenig überraschend) negativen Ergebnissen. Auch wenn sie sich marketingtechnisch als fair und nachhaltig geben, so sieht Oxfam in der Praxis wenig Anhaltspunkte, etwa in Bezug auf Einsatz für bessere Löhnen und mehr Rechte für Arbeitskräfte in Zuliefer- und Herstellerbetrieben oder das Engagement gegen Land Grabbing.

Filmtipps: Acht neue Filme aus fünf Ländern Afrikas empfiehlt efrika.tv. Alle Filme laufen im Progamm des FESPACO-Filmfestival in Ouagadougou, Burkina Faso, das vom 23.2. bis 2.3. dauert. Auch DW berichtet über FESPACO.

Noch mehr Filme: Über Charlott (@halfjill_2010) bin ich eben auf africafilms.tv aufmerksam geworden, lt. eigenen Angaben die erste Seite, auf der man Filme, Serien und Dokus aus Afrika (gegen Bezahlung) legal downloaden kann. Viel Spaß!

Buchtipp: Can Coffee transform lives in Africa? Andrew Rugasira, Ugander, hat die Vision, durch direkte Vermarktung von Kaffe aus Uganda an britische Supermärkte höhere Gewinne für die produzierenden KleinbäuerInnen zu erzielen. Die New York Times brachte letztes Jahr eine große Geschichte über ihn und nun hat er ein Buch über seine Erfahrung geschrieben. Obwohl nach zwischenzeitlichen Erfolgen ernüchtert, glaubt er weiter an seine Idee und arbeitet weiter hart für seine Vision des Good African Coffee.

Neu im Blog: Jugendliche, Partizipation und e-Partizipation – ein paar Gedanken nach der #smwhh 

 

Jugendliche, Partizipation und e-Partizipation – ein paar Gedanken nach der #smwhh

Vergangene Woche war Social Media Week. In mehreren Städten weltweit, darunter Hamburg, fanden über fünf Tage verteilt viele interessante Veranstaltungen und Workshops rund um die Nutzung und Bedeutung von Social Media statt. Ich konnte leider nur für einen Tag in Hamburg dabei sein, habe aber auch da viel mitnehmen können.

Mein Favorit unter den von mir besuchten Veranstaltungen war das als Workshop angekündigte Panel „Ich will mitmachen! Aber wie? Beteiligung, E-Partizipation für Jugendliche (z.B. Altona), Bundestag 2.0“.  Im Youtube-Channel der Social Media Week Hamburg können Videos zu dieser und anderer Veranstaltungen angeschaut werden.

Die Referenten waren Jürgen Ertelt von IJAB (Fachstelle für internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland), Daniel Reichert von Liquid Democracy e.V. und Christian Marx von politik-digital.de.

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Die Veranstaltung behandelte Fragen danach, wie Partizipation mittels Online-Tools funktioniert, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie insbesondere Jugendliche erreicht werden können. Laut Ankündigung sollte insbesondere das Projekt Stadt Macht Schule vorgestellt werden, in dem Jugendliche sich an der Planung der „Neuen Mitte Altona“ in Hamburg mittels der Online-Plattform adhocracy beteiligen können und sollen. Leider kam das Projekt bei der Veranstaltung nur kurz zur Sprache, und die Frage, wie speziell Jugendliche besser einbezogen werden können, wurde m.E. auch zu wenig behandelt.

Auf der Suche nach der echten Partizipation

Dennoch war die Veranstaltung sehr interessant, weil dabei einige grundlegende Fragen und Probleme rund um „Partizipation“ diskutiert wurden, die momentan gar nicht oft genug besprochen werden können, wie ich finde.

Das fing an bei „Was ist eigentlich Partizipation?“ Jürgen Erelt betonte, dass es immer um „echte“ Beteiligung von BürgerInnen gehen muss, dass dies jedoch oft missverstanden wird, gerade von Politik und Verwaltungen, denen er eine „Angst vor der Meinung des Bürgers“ bescheinigte.

Wichtig sind z.B. folgende Punkte:

  • Allen Beteiligten muss klar sein, was für sie „drin ist“: Z.B. ob Meinungsäußerungen nur dazu dienen, ein Stimmungsbild einzuholen, oder ob durch Beteiligung Einfluss auf eine Sache genommen werden kann
  • Es muss klare Spielregeln geben: Es muss z.B. ein definiertes Ende eines Prozesses geben, sonst verpufft das Interesse der Beteiligten

Daniel Reichert stellte Liquid Democracy e.V. und die vom Verein entwickelten Plattformen wie adhocracy vor. Organisationen, Interessensgemeinschaften, Gruppen, Parteien, etc. können mittels adhocracy Dialoge der Online-Beteiligung initiieren, und damit vielen Individuen unabhängig von deren Position innerhalb eines bestimmten Umfelds ermöglichen, sich einzubringen. Die Beteiligung durch eine solche Plattform ersetzt dabei nicht bisherige Prozesse, sondern ist als Ergänzung bereits bestehender Strukturen zu verstehen.

Christian Marx von politik-digital.de stellte seine Erfahrungen in Bezug auf die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft vor, und sprach von den Herausforderungen, denen sich Verwaltungen wie die Bundestagsverwaltung gegenüber sehen, wenn mit Beteiligungsplattformen wie adhocracy o.ä. konfrontiert. Insbesondere das trial-and-error-Prinzip, das für diese so wichtig ist, passt oft nicht recht zu den althergebrachten Verwaltungsstrukturen und nötigt denjenigen, die solche Prozesse einführen, Einiges an Überzeugungsarbeit ab.

Wie sollten wir E-Partizipation gestalten?

Die Redner erwähnten mehrere zentrale Charakteristika der E-Partizipation:

  • Jede Beteiligungsplattform sollte so einfach strukturiert sein, dass die Einstiegshürden möglichst niedrig sind.
  • Den Interessierten muss auch ein ausreichendes Maß an Kontextinformationen an die Hand geben und es sollte klar sein, dass niemand Expert/in für ein bestimmtes Thema sein muss.
  • Außerdem müssen Prozesse immer transparent und nachvollziehbar gestaltet sein, damit deutlich wird, wie Entscheidungen zustande gekommen sind.
  • Schließlich sollte klar sein, dass jede/r sich nicht mit allen Themen, die etwa eine Kommune auf ihrer Agenda hat, beschäftigen muss, sondern man das auswählen kann, wofür man sich interessiert.

Eine Reihe weiterer Fragen taucht ebenfalls immer wieder auf, etwa, wer berechtigt ist, sich an Prozessen zu beteiligen. Um beim Beispiel einer Kommune zu bleiben: Dürfen sich etwa nur EinwohnerInnen mit Erstwohnsitz anmelden? Kann man sich unter Pseudonym anmelden oder muss man sich registrieren und verifizieren lassen? Und wer sollte überhaupt etwas dazu sagen (dürfen), wenn z.B. ein Park zu einem Parkplatz umfunktioniert werden soll. Nur die AnwohnerInnen? Alle Bürger aus dem Viertel? Oder alle EinwohnerInnen der Stadt?

Nur Interessengruppen? Oder: Wer macht da überhaupt mit?

In der anschließenden Diskussion wurde die Frage aufgeworfen, inwiefern solche Prozesse nicht Gefahr laufen, interessengelenkt zu sein. Dem wiederum wurde damit begegnet, dass auch offline ablaufende politische Prozesse nie frei von Manipulationen seitens Interessensgruppen sind.

Eine weitere Frage war, ob nicht über die online-Plattformen nur wenige Interessierte überhaupt erreicht werden. Das mag sein, muss aber nicht, außerdem ist auch nicht jede Gemeindeversammlung oder jeder politische Stammtisch sonderlich gut besucht, „offline“-Partizipation ist daher auch nicht notwendigerweise immer in großem Ausmaß vorhanden, bzw. wird genutzt.

Meine Tweets aus der Session „Ich will mitmachen!“

Fazit aller Redner war, dass der Prozess in Richtung mehr (E-)Partizipation der BürgerInnen in vollem Gange ist und sich in den kommenden Jahren in Politik und Verwaltung viel ändern wird und muss. Ein weiteres Beispiel sind z.B. die e-Petitionen, die bereits rege genutzt und zukünftig sicher noch häufiger genutzt werden.

Gerade für die Beteiligung Jugendlicher an politischen und gesellschaftlichen Prozessen bieten Tools und Verfahren der E-Partizipation viel Potenzial, da junge Menschen viel zu oft von EntscheidungsträgerInnen und –strukturen außen vor gelassen werden. Weltweit ändert sich da gerade sehr viel, nicht zuletzt aufgrund der hohen Affinität Jugendlicher zu mobiler Technologie. Im Kontext der Post-2015-Diskussion, bei der es darum geht, welche Nachfolgestruktur der Millenniums-Enwicklungsziele es geben soll, ist Jugendbeteiligung von Bedeutung. Dazu gibt es auch eine deutsche Seite. https://www.worldwewant.de/home;jsessionid=72F04700F8AAD3492ACC50BA662D9FDD

Weiterführende Links

Der Guardian hat vergangene Woche außerdem einen sehr interessanten LiveChat zum Thema „Beneficiaries-led development: Can assistance be crowdsourced“ abgehalten, bei dem es um die Frage ging, wie Entwicklungsagenturen und NGOs Menschen vor Ort besser in ihre Arbeit teilhaben lassen können und wie ICT-Tools mehr Partizipation jener Menschen, die „im Zentrum stehen“ ermöglichen können.

Partizipation wird oft im Rahmen sogenannter „Bürgerhaushalte“ umgesetzt. Hier ein Interview aus E+Z, in dem der Wissenschaftler Giovanni Allegretto, der an einer Studie zu diesem Thema mitgearbeitet hat, über die Bedeutung von Bürgerpartizipation spricht.

 

 

 

 

 

Links zum Wochenende #25

Puh, noch etwas atemlos nach einem spannenden Tag bei der Social Media Week in Hamburg, hier nun die Links zum Wochenende mit Silberjubiläum. Ein Post zur #smwhh folgt in den kommenden Tagen.

Umati – Gegen hate Speech in Kenia: In knapp zwei Wochen, am 5.3., wird in Kenia gewählt. Vielen ist noch die Gewalt rund um die letzten Wahlen 2007 in Erinnerung, daher gibt es eine Reihe von Maßnahmen zur Prävention. Antje Diekhans stellt für DRadio das Projekt Umati (Swahili für Gruppierung oder Versammlung) vor. Umati sammelt systematisch online veröffentlichte hate speech, also Beiträge, in denen zu Gewalt gegen Menschen in Kenia aufgerufen wird. Hintergrund ist, dass die Gewalt in 2007 und 2008 maßgeblich durch Beiträge im Netz befördert wurde. Umati möchte dies transparent machen und die Menschen dadurch sensibilisieren. Dazu werden Beiträge in acht in Kenia gesprochenen Sprachen gescannt.

Der Verein ist tot, es lebe der Verein: Hannes Jähnert beschäftigt sich auf seinem (empfehlenswerten) Blog mit der Organisationsform des „eingetragenen Vereins“ (e.V.). ,  der zentralen Organisationsform Freiwilliger und Engagierter in Deutschland. Eine wesentliche Herausforderung, vor der viele Vereine stehen ist,  dass von ihnen ein immer stärkeres Maß an Professionalisierung gefordert wird. Wie also damit umgehen? Ist der Verein ein Auslaufmodell? An alle, die einem oder mehreren e.V. angehören: Lesen.

Mali: Die Angst und die Freiheit. Um den Krieg in Mali ist es wieder ruhiger geworden in deutschen Medien. Wolfgang Bauer, ZEIT-Korrespondent, war im befreiten Timbuktu und hat mit den EinwohnerInnen über ihre Erfahrungen während der Besatzung durch MNLA und Ansar Dine gesprochen. DW hat zehn Fragen, zehn Antworten zu Mali zusammengestellt. In seinem Beitrag für ThinkAfricaPress (Security in the Sahel and the West’s Military Fixation) geht Peter Dörrie der Frage nach, ob eine längerfristige militärische Intervention des Westens wirklich Sinn macht.

Beneficiaries-led development: Can assistance be crowdsourced? Der Guardian hat gestern einen spannenden Live-Chat organisiert, in dem ExpertInnen mit Interessierten darüber diskutierten, wie ICT-Tools genutzt werden können, um die Partizipation der Menschen, die meist als „Zielgruppe“ von Entwicklungsmaßnahmen bezeichnet werden, zu steigern. Dieses Thema wird die EZ sicher weiterhin beschäftigen und sollte auch in kleineren Organisationen und NGOs prominenter diskutiert werden. Wie weiter unten zu lesen, sind die neuen Medien auf dem Vormarsch und in nicht allzu ferner Zeit werden sich die Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den westlich basierten NGOs und Entwicklungsagenturen und ihren „KundInnen“ aus den Ländern des Südens radikal ändern, da bin ich sehr sicher.

Weltradiotag am 19.2.: In Deutschland fast unbemerkt, der diesjährige Weltradiotag am 19.2. In den meisten afrikanischen Ländern ist das Radio trotz zunehmender Verbreitung von TV und Internet nach wie vor das wichtigste Kommunikations- und Informationsmedium. Einen interessanten kurzen Beitrag zur Bedeutung des Radios in Afrika hat Jörg Tiedjen bei AfrikaEcho veröffentlicht.

Mapping Twitter in African Cities: Obwohl das Radio sicher noch lange Medium Nummer Eins in vielen afrikanischen Ländern bleiben wird, so holen mobile Technologie und neue Medien rasant auf. Zerogeography hat die Nutzung von Twitter in folgenden afrikanischen Großstädten visualisiert: Accra, Kairo, Dar es Salaam, Kapstadt, Johannesburg, Lagos, Tunis, Nairobi, Kigali, Mogadischu und Addis Abeba.

Map of rebels old & new in the DRC: Rachel Strohm hat drei Karten zusammengestellt, die Rebellengruppen im Osten der Demokratischen Republik Kongo vorstellen.

Indische Leihmütter – Umstrittene Dienstleister: DW blickt auf das Geschäft mit der Leihmutterschaft. Im Westen verboten, in Indien legal. Leihmutterschaft ist für viele Frauen aus ärmeren Familien eine Möglichkeit, das Familieneinkommen aufzubessern und den eigenen Kindern etwa eine bessere Schulbildung zu ermöglichen.

Die Fortschrittsmesser: Vor zwei Wochen erschien bei DRadio ein Beitrag über das neu gegründete Deutsche Evaluierungsinstitut (DEval), das jährlich etwa 20 Evaluierungen von Projekten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durchführen soll.

Neu im Blog: Schnell notiert: Sozial-Digitale Online-Listen. Mein digitaler Notizzettel mit „Top-xyz“- Listen,

Schnell notiert: Sozial-digitale Online-Listen

Hier ein kurzer digitaler Notizzettel mit hilfreichen „Top xyz-Listen“ aus Social Media, EZ und Technologie:

edit 8. März: hiidunia.com hat in seinem Development Directory jede Menge Web-Ressourcen zusammengestellt, darunter sehr viele Blogs und Twitter-Empfehlungen

edit 25. Feb: #Popcorn & International Development versammelt 19 kurze Videos zum Einsatz von Sozialen Medien in der EZ

edit 21.Feb: 3 Cool Social Media Campaigns from Africa stellt drei Kampagnen aus afrikanischen Ländern vor, die auch internationale Aufmerksamkeit erlangten. (HT @DuniaDuara)

edit 22. Feb: 13 Stories That Will Drive the Global Agenda in 2013. Schon etwas älter, aber es ist ja quasi noch Jahresanfang.

8 Social Good Sites from Around the World versammelt spannende Portale zu ganz verschiedenen Themen, neben der bekannten Harass-Map aus Ägypten sind dies etwa eine Website zur HIV-Prävention mit „Mr. HIV“ (China), eine Lernwebsite über den Klimawandel von Jugendlichen für Jugendliche  aus Simbabwe, oder ein Online-Projekt mexikanischer Jugendlicher, die mittels Handyvideos Verbesserungsvorschläge für ihre Heimatgemeinden machen können. Auf der gleichen Website, armchairadvocates, gibt es darüber hinaus noch weitere interessante Sammlungen:
30 #SocialGood Blogs you have to follow
50 Tweeters of #SocialGood you have to follow

29 Nonprofit Resources to follow on Twitter – noch mehr Twitter bei Nonprofit Tech 2.0; hier eher Organisationen/NGOs und weniger Einzelpersonen wie oben

The top 10 emerging technologies for 2013 Science Fiction-Film? Nein, Erde im Jahr 2013. Was uns dieses Jahr bescheren wird, präsentiert das World Economic Forum, darunter 3-D-Druck, Elektroautos, die ihren Strom über W-LAN bekommen oder energieeffiziente Methoden zur Wasseraufbereitung.

Top 100 NGOs in 2013 hat das Global Journal bereits im Januar gekürt, die gesamte Ausgabe ist leider nur gegen Bezahlung einsehbar. Die Top 10 NGOs sind auf der Website erwähnt. Dazu unbedingt auch Tobias‘ Blog aidnography lesen, er hat nämlich beim Global Journal genauer nach deren Herangehensweise gefragt. War die Top 100-Liste von 2012 nämlich viel kritisiert worden, haben die Verantwortlichen nun nachgebessert.

Interessante Apps, die im sozialen bzw. NGO-Bereich zum Einsatz kommen, stellt das betterplace lab bei All about apps vor. Dort wird außerdem zum Betterplace Trendreport verlinkt, der weitere Beispiele für Apps, Projekte und Websites aus dem sozial-digitalen Bereich versammelt.

Ganz anders die Zusammenstellung von Vibe: Kony 2012″ and the 5 craziest Social Movements in Recent History. Kony 2012, Occupy und den Arabischen Frühling in einem Atemzug zu nennen ist, sagen wir mal, gewagt, die Galerie bietet aber einen schnellen Überblick über die Bedeutung von Social Media rund um die Welt. Ein wenig Recherche zu den jeweiligen Hintergründen ist jedoch angeraten.

Links zum Wochenende #24

Wieder einmal eine bunten Strauß Links zum Wochenende, garantiert ohne Pferdefleisch und Konservierungsstoffe.

Internationaler Tag gegen den Einsatz von KindersoldatInnen: Dieser Tag fand am 12.2. statt, Anlass für viele Berichte zum Thema. Sehr interessant ein Interview mit John Kon Kelei, der im Südsudan als Kindersoldat rekrutiert worden war und inzwischen in den Niederlanden lebt. „Behandelt uns nicht wie Opfer“, sagt er, und kritisiert damit die Reintegrationsprogramme vieler Hilfsorganisationen.

„In den meisten werden die ehemaligen Kindersoldaten wie Opfer behandelt, wie Menschen, die traumatisiert und depressiv sind, unfähig weiterzuleben. Damit ignoriert man den unglaublichen Willen, den man benötigt, um dem Ganzen zu entfliehen und die Flucht zu überleben. Das Bewusstsein, es selbst geschafft zu haben, hält diese Kinder am Leben. Behandelt man sie als Opfer, nimmt man ihnen den Willen, trotz und gerade wegen dieser Erlebnisse etwas aus sich zu machen. Und man stigmatisiert sie.“

Mehr zum Thema: Ein Interview mit einer Psychologin, die Traumaprogramme durchführt, jene, die Kelei kritisiert, gibt es bei DW.de (mit unnötig sensationsheischendem Titel). In einem weiteren Beitrag beschäftigt sich DW mit der Rolle von Kindern in den aktuellen Ereignissen in Mali und stellt die kongolesische Hilfsorganisation Afya (Gesundheit) vor, die sich um Reintegration ehemaliger KindersoldatInnen bemüht. Ich habe hier im Blog ebenfalls einige Informationen zusammengestellt.

Was bedeutet Vernetzung (in Sozialen Netzwerken) für die Organisationsentwicklung: Mein Highlight in dieser Woche ist dieser faszinierende Artikel von danah boyd, die den Umgang Jugendlicher mit neuen Medien erforscht. In „Networked Norms: How Tech Startups and Teen Practices Challenge Organizational Boundaries“, eigentlich ein Redemanuskript, beschreibt sie, dass es für Jugendliche selbstverständlich ist, Wissen zu teilen und aus durch Teilen erlangten Bruchstücken zusammenzusetzen. Ähnlich funktioniert auch die Start-up-Kultur in jungen IT-Unternehmen, in denen Angestellte oft nur wenige Jahre bleiben, bis sie zum nächsten Unternehmen weiterwandern, um dort neues Wissen zu erlangen.

Nach boyd heißt dies, dass Unternehmen zukünftig radikal umdenken müssen, da das Weltbild junger Menschen immer weniger von (Organisations-)Grenzen bestimmt wird, sondern auf Teilen und Austausch ausgerichtet ist. Im Hinblick auf Erziehung und Bildung heißt dies außerdem, dass Kinder und Jugendliche früh lernen müssen, Netzwerke aufzubauen und voneinander zu lernen.

Website zu Pädagogik der Unterdrückten: Es gibt eine (englischsprachige) Website zu Paulo Freires Pedagogy of the oppressed / Pädagogik der Unterdrückten, einem Klassiker der herrschaftskritischen Befreiungspädagogik, deren Ziel es ist, allen Menschen, v.a. den am meisten benachteiligten, zu ermöglichen, ein kritisches Bewusstsein zu entwickeln, um bestehende gesellschaftliche Zustände hinterfragen zu können.

Erstes afrikanisches Smartphone: Elikia, das erste afrikanische Smartphone, verkauft sich wie geschnitten Brot. Das von dem Informatiker Vérone Mankou aus der Republik Kongo entwickelte Gerät hat ein Android-Betriebssystem, wird in China hergestellt und kostet rund 190 US-Dollar. Damit ist es weit günstiger als vergleichbare Geräte anderer Hersteller und die NutzerInnen sind begeistert, schreibt Arsène Séverin für Afrika.info.

Wasser ist ein öffentliches Gut, keine Handelsware: So lautet die Forderung der EU-weiten Kampagne Right2Water (Recht auf Wasser). Ihr Kernanliegen ist, dass die Wasserversorgung weiter in Aufgabe der öffentlichen Hand sein muss und nicht privatisiert werden darf. Wie die vermeintlichen Versprechen der Industrie (günstigere Preise für VerbraucherInnen) ad absurdum geführt werden, zeigt die Doku Water makes Money, noch bis Mitte kommender Woche bei Arte +7 anschaubar. Der Film zeigt die Auswirkungen der Privatisierung der Wasserversorgung in Frankreich, wo dies für die Menschen höhere Preise bei unterirdischem Service bedeutet.

Afrikanische Essensblogs Wer mal wieder „afrikanisch“ kochen will, findet hier garantiert das passende Rezept: MyWeku.com hat 10 of Africa’s best food blogs in 2013 gekürt.

Musik auf Sansibar: Seit gestern (14.2.) läuft das Musikfestival Sauti za Busara in Stone Town auf Sansibar, Tansania. Wer, wie ich leider nicht dabei sein kann, kann z.B. Blog und Facebookseite von Dunia Duara verfolgen, wo Pernille ihre wie immer tollen Fotos veröffentlichen wird.

Auch in Afrika gibt es ernstzunehmende KünstlerInnen. Für viele zwar keine Neuigkeit, in der breiten Öffentlichkeit westlicher  Kunstinteressierter dennoch erst allmählich eine Nachricht:  In einem kurzen Interview spricht der Kunsthistoriker Salah Hasan über den kolonialistisch beeinflussten Blick des Westens auf afrikanische Kunst und das steigende INteresse an der ernsthaften Auseinandersetzung damit. Wichtig ist, so Hasan, auch immer die Auseinandersetzung mit dem (westlichen) Selbst:

„Was ist deutsche Kultur? Das ist ein Amalgam aus all diesen Elementen, die im Dialog miteinander stehen. Egal ob es um Essen oder um Kunst geht. Auf jeden Fall wird das durch die Geschichte mitbestimmt. Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich wirklich mal Gedanken darüber machen, was deutsche oder europäische Kultur tatsächlich ist. Denn sie ist für alle Zeiten verwoben mit dem Rest der Welt.“

Ressourcen zum Thema Kolonialismus: Die ZEIT hat Links zum Thema Kolonialismus zusammengestellt. Gedacht für SchülerInnen, aber auch interessant für alle, die nicht mehr zur Schule gehen.

Ausstellung: Aufstieg und Fall der Apartheid. Im Münchner Haus der Kunst läuft bis 26.5. die Ausstellung „Aufstieg und Fall der Apartheid: Fotografie und Bürokratie des täglichen Lebens“. Auf der Website zur Ausstellung finden sich eine Reihe interessanter Materialien, z.B. ein Essay von Okwui Enwezor oder Informationen zu Workshops, die im Rahmen der Ausstellung stattfinden.