Heute ist der internationale Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten, auch Red Hand Day genannt. Am 12. Februar 2002 trat das UN- Fakultativprotokoll in Kraft, das die zwangsweise Rekrutierung und den Einsatz bei Feindseligkeiten von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ächtet.
Als KindersoldatInnen gelten laut UN-Kinderrechtskonvention alle Kriegsteilnehmenden unter 15 Jahren, die direkt an Feindseligkeiten teilnehmen. UNICEF, terre des hommes und Amnesty International zählen „alle Kämpfer und deren Helfer, die unter 18 Jahre alt sind“ als „Kindersoldaten“ (zitiert nach Wikipedia).
Wie UNICEF (siehe unten verlinkte Grafik) schreibt, ist der Begriff „KindersoldatInnen“ irreführend und sollte besser durch „child associated with an armed force or armed group“ (mit einer bewaffneten Armee oder bewaffneten Gruppe assoziiertes Kind) ersetzt werden. Kinder werden nämlich nicht nur als SoldatInnen im bewaffneten Kampf missbraucht, ihre Rollen sind vielfältig. Dazu gehören etwa Spionagetätigkeiten, das Tragen von Waffen und Lasten, Sklavenarbeit oder der Missbrauch von Kindern als „menschliche Schutzschilde“. Organisationen in Deutschland kritisieren in diesem Zusammenhang übrigens, dass auch die Bundeswehr RekrutInnen unter 18 Jahren anwirbt. Das von 12 NGOs getragene Deutsche Bündnis Kindersoldaten setzt sich gegen den Einsatz von KindersoldatInnen ein, u.a. durch Beteiligung an der Aktion Rote Hand (weltweit als Red Hand Day).
Schätzungen zufolge gibt es derzeit weltweit rund 250.000 Kinder und Jugendliche in bewaffneten Konflikten (terre des hommes), darunter viele Kinder im Grundschulalter. Kinder werden meist entweder zwangsrekrutiert oder aber schließen sich bewaffneten Gruppen aus wirtschaftlicher Not an. Die Folgen sind meist schwerwiegend. Mangel- und Fehlernährung und hohe körperliche Belastung wirken sich auf körperliche und geistige Entwicklung aus. Viele Kinder erleiden körperliche und sexuelle Gewalt, schwere Verletzungen, seelische Traumata. Ich konnte keine Angaben dazu finden, wie viele der Kinder während ihrer SoldatInnenzeit sterben.
Wie im oben verlinkten Artikel der Wikipedia beschrieben wurden Kinder und Jugendliche schon immer für Kriegshandlungen missbraucht, auch in westlichen Kriegen und entgegen des heute im medialen Diskurs vorherrschenden Bildes der afrikanischen KindersoldatIn, was nicht zuletzt durch die Bürgerkriege in Sierra Leone, Liberia und auch in der Demokratischen Republik Kongo in westlichen Medien propagiert wurde. Leider trägt auch die Lobbyarbeit mancher Hilfsorganisation zur entsprechenden Verzerrung der Thematik in den Medien bei – was nicht heißen soll, dass ihre Ansätze in der Arbeit für und mit KindersoldatInnen grundsätzlich falsch wären. Im Gegenteil, gerade die Lobbyarbeit in westlichen Ländern wie auch vor Ort ist wichtig, um Bewusstsein für die Verletzungen der Rechte von Kindern und Jugendlichen zu wecken und um entsprechende politische Handlungen zu initiieren.
Wie engagieren sich Hilfsorganisationen? Organisationen die sich für die Rechte von Kindern einsetzen, sind weltweit aktiv um Kindern und Jugendlichen zu helfen, die in bewaffneten Konflikten kämpfen. Dies fängt bei der Lobbyarbeit in westlichen Ländern an, etwa bei der Forderung, Kindern und Jugendlichen aus diesen Kontexten Asyl zu gewähren und international auf die Einhaltung der Kinderrechtskonvention und verwandter Abkommen zu achten. Auch die Lobbyarbeit in Bezug auf strengere Waffenexporte ist hier zu nennen, dazu läuft z.B. eine Kampagne von Amnesty International. Deutschland gehört zu den weltweit führenden Waffenherstellern und es sind dringend strengere Richtlinien erforderlich. Vor Ort tragen NGOs dazu bei, Kinder und Jugendliche in ihre Herkunftsfamilien und -gemeinden zu reintegrieren, ihre Traumata zu verarbeiten und z.B. verpasste Schul- oder Ausbildungsabschlüsse nachzuholen.
Informationen auf Deutsch gibt es z.B. bei der BpD in Form eines einführenden Artikels (Stichwort Kindersoldaten). NGOs wie terre des hommes Deutschland oder UNICEF Deutschland haben enbenfalls eine Reihe von Informationen zusammengestellt, jeweils mit Beispielen aus der eigenen Projektarbeit.
Interessant ist auch die etwas ältere Zusammenstellung zu „Kindersoldat_innen in Kunst, Literatur und Film“ von bei Afrika Wissen Schaft.
Sehr umfassend recherchiert und mit einer Reihe von Fallstudien angereichert ist die Studie Louder Than Words (2012) von Child Soldiers International. Danach waren zwischen 2010 und Mitte 2012 Kinder unter 18 Jahren in 20 Staaten im Einsatz, sei es in direkten Kampfhandlungen, als RekrutInnen oder zu militärischen Zwecken wie Spionage.
Eine ausführliche Dokumentation jüngster Ereignisse unter Beteiligung von KindersoldatInnen stellt Human Rights Watch zusammen (leider nicht im deutschsprachigen Angebot verfügbar).
Weiterführende Informationen
- Amnesty Journal Juli 2012, Titelthema „Krieg der Kinder“
- ARTE Reportage 2012. Das Geschäft mit den Kindersoldaten. Dokumentation über frühere Kindersoldaten aus Uganda, die von privaten Sicherheitsfirmen angeworben werden, um als Sicherheitskräfte für die US-Armee im Irak oder Afghanistan zu arbeiten.
- Portal Globales Lernen. Kindersoldaten. Linksammlung, u.a. mit Materialien zum Film „Lost Children“ über KindersoldatInnen in Uganda.
- IRINnews.org In-depth: Fighting for the rights of child soldiers (Website mit vielen Links und Materialien)
- Child Soldiers International 2012. Louder than Words. An agenda for action to end state use of child soldiers. London: Child Soldiers International. (PDF). Hier die zugehörige Website mit einzeln download-baren Kapiteln.
- UNICEF 2009. Machel-Study: 10-year strategic review: Children and Conflict in a Changing World. New York: UNICEF. (PDF)
- [edit 27.2.13] Girl soldiers face tougher battle on return to social life, Guardian Development Network,
Pingback: Links zum Wochenende #24 | Claire Grauer