Das Schlagwort vom „lebenslangen Lernen“ ist nichts Neues mehr und gerade wer in der Bildungsarbeit tätig ist, sollte dies auch beherzigen. Ich denke, die meisten in diesem Bereich Tätigen merken auch irgendwann, welchen Einfluss ihre Arbeit auf persönliche Haltungen und Verhaltensweisen hat.
Seit fast drei Jahren betreue ich als Teamerin Seminargruppen des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) in Hamburg. Ich bin im TeamerInnen-Team die Einzige ohne „Öko-Hintergrund“, da ich weder ein FÖJ absolviert habe, noch aus den Bereichen Umweltpädagogik oder Umweltwissenschaften komme. Ich bin allerdings auf dem Land, auf einem Bauernhof, aufgewachsen und interessiere mich schon immer auch für Themen rund um nachhaltiges Leben und Natur- und Umweltschutz.
Die Seminararbeit ist daher auch ein Brennglas durch dass sich Themen, die mich vorher interessierten, zunehmend verdichten und mein Denken, mein Handeln und auch meinen Alltag verändern.
Gärtnern
Durch unseren Umzug in ein Wohnprojekt im letzten Jahr haben wir einen großen Balkon und, u.a. angeregt durch einen Urban-Gardening-Workshop beim letzten FÖJ-Seminar im Februar sieht es in meinem Arbeitszimmer derzeit so aus:
Tomaten, Gurken, Paprika und diverse Kräuter wachsen hier und warten darauf, auf den Balkon umzuziehen. Es riecht wie in einem Gewächshaus und ich verteile fleißig Tomatensetzlinge an Familie und Nachbarschaft. Schon vorher hatten wir immer einige Pflanzen auf der Terrasse und in der Wohnung. Die wiederholte Beschäftigung mit den Themen Selbstversorgung und Urban Gardening zusammen mit meinem Wunsch, meinem kleinen Kind das Verständnis für Nahrungsmittel und wie sie wachsen zu zeigen, führen dazu, dass ich mich immer mehr mit meinen kleinen und großen Töpfen beschäftige.
Plastik
Immer wieder taucht in unserem Seminaren das Thema Plastik auf. Nicht erst seit „Plastic Planet“ und der Diskussion um Mikroplastik gewinnt dieses Thema an Bedeutung. Unsere letztjährige Seminargruppe organisierte während eines Seminars eine Anti-Plastik-Aktion vor einem Supermarkt, für die eigens Beutels genäht und bedruckt wurden.
In meinem Alltag merke ich, wie ich mehr und mehr versuche, Plastik zu vermeiden – wodurch mir überhaupt erst bewusst wird, wie voll von Plastik mein Alltag ist. Und wie schier unmöglich, es zu 100% vermeiden zu wollen. Ich versuche aber, zumindest einen Mittelweg zu finden.
DIY, Upcycling, Kleidertausch
Der anhaltende DIY-Trend („do it yourself“ – mach es selbst) ist auch im FÖJ Thema. Nähen, Basteln, selbst gärtnern sind ebenfalls Themen, die immer mehr umgesetzt werden und so enstehen dann Kunstwerke wie Gras- oder Kresseköpfe oder Lampen aus Glühbirnen.
BILD Glühbirnenlampe
Kleidertauschpartys gehören auch fast schon standardmäßig zum Seminarprogramm.
Zuhause versuche ich ebenfalls, mehr selbst zu machen, zu reparieren und zu teilen. Seit letztem Jahr wohnen wir in einem Wohnprojekt, gemeinsam mit 35 weiteren Parteien. Wir organisieren viele Arbeiten selbst, haben eine interne Food Coop gegründet, kaufen also vermehrt Lebensmittel in größeren Mengen. Teilen statt kaufen funktioniert hier auch wunderbar. Vieles, was ich einmal punktuell aber nicht dauerhaft brauche, ist irgendwo vorhanden. Aushang am Schwarzen Brett oder eine Frage über die interne Mailingliste und mir werden 5 Nähmaschinen oder 3 Kinderreisebetten angeboten.
Ich kann nicht sagen, wie viele dieser Dinge ich auch ohne die Seminararbeit im FÖJ praktizieren würde, in jedem Fall beziehe ich aus dieser viele wichtige Denkanstöße und bekomme im Gespräch mit den Teilnehmenden viele gute Ideen, die ich im Alltag ausprobiere. Für mich ist es ein schönes Gefühl, mich in die Seminare einbringen, gleichzeitig aber auch selbst sehr vieles mitnehmen zu können – eine wesentliche Motivation, dieser Arbeit nachzugehen.