Im Zuge der gestrigen Veröffentlichung des Buches von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder („Danke, emanzipiert sind wir selber“) wird in vielen Medien wieder einmal über „den Feminismus“ diskutiert. Nicht zuletzt, da Schröders Buch, welches ich nicht gelesen habe (und wohl auch nicht lesen werde, zu negativ sind die Rezensionen), anscheinend eine Art Abrechnung mit dem Feminismus darstellt. Die von Antje Schrupp hier zusammengestellten Zitate aus dem Buch verursachen wirklich nur Kopfschütteln und einen „ist-es-nicht-wert“-Reflex bei mir.
Die Rezensionen des Buches waren überwiegend kritisch, z.B. SZ, taz oder Freitag. Die Kommentarspalten dieser und ähnlicher Seiten werden bald wieder überlaufen von LeserInnenkommentaren, die, wie so oft bei frauenpolitischen Themen, zuletzt beim Thema Betreuungsgeld, wieder jede Menge Negatives ausbreiten über „den Feminismus“ und „die Feministinnen“, die sich angeblich immer als Opfer sähen und am liebsten alle Männer unterdrücken wollen, und überhaupt Schuld sind am baldigen Untergang des Abendlandes.
Ich vermute allerdings, dass die allermeisten jener kommentierenden Frauen und Männer ihr Konzept des „Feminismus“ nie hinterfragt haben und mit Vorurteilen arbeiten, die in der Realität so nicht haltbar sind. Argumentiert wird irgendwann immer mit Alice Schwarzer, die vermeintlich alle Männer unterdrücken wolle (was sie im Übrigen niemals gefordert hat, auch wenn das immer wieder behauptet wird).
Aber was ist denn eigentlich Feminismus?
Feminismus ist der „Glauben an die soziale, ökonomische und politische Gleichheit der Geschlechter“ (Mädchenmannschaft, zitiert nach Encyclopedia Britannica).
FeministInnen wollen niemanden unterdrücken oder unterdrückerische Verhältnisse umkehren und sehen sich auch nicht als Opfer (von Männern oder „den Verhältnissen“). Sie sind nicht lustfeindlich und wollen keine Frau und keinem Mann einen Lebensentwurf vorschreiben oder verbieten – wohl aber sind sie der Meinung, dass die geforderte Chancengleichheit in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens noch nicht erreicht ist und sich daher alle gleichermaßen dafür einsetzen sollten.
Mich ärgert es immer wieder aufs Neue, dass sich viele Eiferer nie die Mühe machen zu hinterfragen, was „der Feminismus“ eigentlich ist. Und so kommt es dann zu Behauptungen, wie sie Frau Schröder aufstellt, nämlich, dass Feministinnen sich in ausschließlich als Opfer sähen, Männer unterdrücken oder andere Menschen umerziehen wollten.
Ist das so? Nein, so ist es eben nicht. Jede Frau und jeder Mann soll so leben können wie sie oder er es möchte. Sehr viele Menschen haben aber auch im Jahr 2012 noch nicht die Möglichkeit dazu. Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist so ein Thema, das aktuell ist und aktuell bleiben wird und bei dem es auch nach Einführung des Elterngeldes, eine Vielzahl an Konflikten und Problemen gibt.
Indem die Ministerin, wie die Rezensentinnen schreiben und auch sie selbst im Interview mit Dunya Hayali im ZDF anmerkt, allen Menschen selbst überlassen will wie sie leben wollen, schiebt sie auch jede Menge Verantwortung von sich (Link über Kommentatorin duradia bei Antje Schrupp).
Natürlich will ich mein Leben so gestalten, wie ich möchte ohne Vorschriften seitens der Politik. Gleichzeitig erwarte ich aber auch, dass die Politik und insbesondere die zuständige Ministerin, bestehende Probleme und Ungleichheiten als solche anerkennt und nach Lösungen jenseits von Phrasen sucht. Dabei einer nicht unwesentlichen (Ziel)Gruppe (den FeministInnen) in populistischer Manier zuzurufen „wir brauchen Euch nicht“, halte ich aber überhaupt nicht für zielführend.
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