Ich neige, was meine Auswahl an Themen zu Afrika betrifft, dazu, mich eher auf die anglophonen Länder zu konzentrieren, was v.a. damit zu tun hat, dass mein vorrangiges Interesse dem östlichen und südlichen Afrika gilt, wo tendenziell eher Englisch gesprochen wird; außerdem kenne ich diverse Länder durch Reisen oder Arbeitsaufenthalte.
Mit dem frankophonen Afrika, West- und Zentralafrika, habe ich mich bisher weniger beschäftigt. Allerdings hatte ich gerade beruflich viel mit der Region zu tun, daher verfolge ich das dortige Zeitgeschehen etwas mehr als sonst. Außerdem haben es gleich zwei Ereignisse (neben den leider alljährlich wiederkehrenden Meldungen über eine sich anbahnende Hungerkrise in den Sahelländern) in die deutschen Medien geschafft: Die Wahlen im Senegal und der Staatsstreich in Mali.
Wahl im Senegal
Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Senegal am 26.2. dieses Jahres war es zu schweren Unruhen in der Hauptstadt Dakar gekommen. Vor allem jüngere Senegalesen protestierten dagegen, dass Amtsinhaber Abdoulaye Wade zum dritten Mal zu einer Wahl antrat, obwohl die Verfassung des Landes nur zwei Amtszeiten erlaubt. Wade argumentierte, dass diese Regelung erst nach seinem Amtsantritt eingeführt worden sei und somit nicht für ihn gelte.
Der Präsident erreichte nicht die nötigen 50% der Stimmen und so gab es am gestrigen Sonntag eine Stichwahl zwischen Wade und Macky Sall, einem früheren Mitarbeiter Wades. Sall hat die Stichwahl gewonnen (bisher liegen noch keine amtlichen Ergebnisse vor) und Amtsinhaber Wade hat ihm bereits gestern abend dazu gratuliert.
Jetzt muss sich zeigen, wie der Übergang von der alten zur neuen Regierung verlaufen wird, aber bislang stimmt es optimistisch, dass der alte Präsident die Rolle als Wahlverlierer annimmt und seinen Nachfolger beglückwünscht.
Dieser hat auch viele Aufgaben zu bewältigen. Viele derjenigen, die gegen eine dritte Amtszeit Wades protestiert hatten, sind junge, gut ausgebildete Menschen, die keine Arbeit finden. Ihnen hatte Wade vor seiner ersten Amtszeit viel versprochen, jedoch wenig davon eingelöst. Der neue Präsident hat also eine große Aufgabe vor sich und viele Hoffnungen ruhen auf ihm.
Staatsstreich in Mali
Ganz anders die Situation in Mali. Am 22. März haben Soldaten die Regierung unter Präsident Amani Toumani Touré aus dem Amt geputscht. Mali galt seit langem als eine „Musterdemokratie“, nachdem Touré selbst 1991 einen Putsch initiiert, dann aber zunächst nicht selbst die Macht übernommen hatte.
Ende April soll die nächste Präsidentschaftswahl stattfinden, zu der der bisherige Amstinhaber (anders als Wade im Senegal, siehe oben), nicht mehr antreten wollte.
Warum dann jetzt der Putsch?
Seit Monaten kämpft im Norden Malis die separatistische Touareg-Bewegung MNLA zusammen mit von Al Quaida unterstützten Kämpfern gegen die malische Regierung. Die Rebellen sind schon länger im Norden aktiv, allerdings verschärfte sich die Situation während des Bürgerkriegs in Libyen, in dessen Folge viele Waffen in Umlauf gelangten und viele rückkehrende Kämpfer sich den Rebellen in Mali anschlossen. Schätzungsweise 200.000 Menschen sind derzeit auf der Flucht vor der Rebellion im Norden Malis.
Die Soldaten, die nun gegen den Präsidenten gemeutert haben, drücken ihre Wut über den Umgang des Präsidenten mit den Rebellen im Norden aus. Die Soldaten wurden ohne ausreichend Ausrüstung in den Kampf geschickt und die Armee musste sich während der vergangenen Wochen immer weiter zurückziehen.
Derzeit ist allerdings noch nicht bekannt, was genau die Absichten der Putschisten unter Amadou Haya Sanogo sind; in einem Interview mit AP sagte er lediglich, er wolle Friedensgespräche mit den Rebellen im Norden führen. Sanogo ist übrigens vom US Militär ausgebildet worden; welche Rolle die USA im Verlauf des Putsches und danach spielen oder spielen könnten, darüber ist bislang kaum geschrieben worden.
Warum der Putsch nur wenige Wochen vor der geplanten Wahl stattfindet – auch das ist weiterhin unklar. Viele BeobachterInnen befürchten derweil, dass sich die ohnehin angespannte Sicherheitslage im Norden Malis weiter verschärfen könnte bis hin zu einer Abspaltung des Gebietes.
Hungerkrise im Sahel
Die Sorgen über die politische Instabilität treffen auf die steigenden Sorgen der Menschen bezüglich einer sich schon seit Monaten anbahnenden Hungerkrise in den Sahelländern. Neben Mali sind vor allem Niger, Tschad, Burkina Faso, Mauretanien sowie der Senegal betroffen.
Die Krise ist durch das unglückliche Zusammentreffen vieler Faktoren bedingt, neben Konflikten wie in Mali tragen Dürre, hohe Lebensmittelpreise und Insektenplagen dazu bei. Da die betroffenen Ländern in den vergangenen Jahren immer wieder ähliche Krisen erfuhren, sind die Reserven der Menschen aufgebraucht und jede neue Dürre hat erneut schwerwiegende Auswirkungen.
Die großen Hilfsorganisationen rufen derzeit zu Spenden für die Sahelländer auf; erfahrungsgemäß setzen die großen Spendenbereitschaft jedoch immer erst dann ein, wenn Bilder von verhungernden Kindern in den westlichen Medien auftauchen. Dann ist es jedoch in vielen Fällen zu spät, um eine Katastrophe zu verhindern.
Diese notwedigen Mittel (Spendengelder) müssten jedoch weit frühzeitiger bereitgestellt werden, denn auch den Hilfsorganisationen ist klar, dass reine Nahrungsmittelhilfe nur Not mildern kann, nicht jedoch dazu beiträgt, zukünftige Hungerkrisen zu verhindern.
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