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Nach Kony 2012: Wo ist Joseph Kony und wer macht Jagd auf ihn?

Im März dieses Jahres waren alle Medien voll von Berichten über die Jagd auf Joseph Kony und die von ihm angeführte Lord’s Resistance Army (LRA), nachdem die US-Organisation Invisible Children mit ihrem Video ihre „Kony 2012“-Kampagne begonnen hatte. Auch ich hatte zwei Beiträge darüber geschrieben.

Seitdem ist es wieder ruhig geworden. Grund, einmal nachschauen, wie der aktuelle Stand der „Jagd auf Kony“ ist.

Wo sind Kony und die LRA und wer macht Jagt auf sie?

Schon vor Beginn der diesjährigen Kampagne, im Oktober 2011, hatte die US-Administration unter Präsident Obama 100 Soldaten zur Unterstützung der ugandischen Armee und weiterer Armeen benachbarter Länder in die Region entsandt, um die Jagd auf die LRA durch Schulungsmaßnahmen und mit technischen Hilfsmitteln zu unterstützen. (Mark Kersten kommentierte dies im Hinblick auf mögliche US-Interessen an vor nicht allzu langer Zeit entdeckten ugandischen Ölvorkommen).

Unter einem Mandat der Afrikanischen Union (AU) macht derzeit eine Truppe von 5.000 Soldaten aus Südsudan, der zentralafrikanischen Republik (CAR) sowie der Demokratischen Republik Kongo (DRC) Jagd auf die LRA. Leider mangelt es ihr an grundlegender Ausrüstung wie festen Schuhen, Uniformen, ausreichend Nahrung wie auch an Training.

Zudem ist unklar, wie Reuters im Mai berichtete, ob die Einsatzkräfte überhaupt in vollem Umfang abgestellt werden können. Anhaltende Spannungen zwischen Sudan und Südsudan sowie die bewaffneten Konflikte im Osten der DRC binden sie an anderen Orten.

Die AU vermutet, dass die LRA derzeit aus 300 bis 500 Kämpfer_innen zusammensetzt, darunter auch Minderjährige, die entführt und zum Kämpfen gezwungen wurden. Ebenso wird vermutet, dass sich Kony und seine Gruppe im Grenzgebiet von Sudan, Südsudan, CAR und DRC aufhalten und grenzübergreifend immer wieder einzelne Dörfer überfallen.

Seit 2005 besteht ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes gegen Joseph Kony und vier weitere Anführer der LRA.

Vermutlicher Rückzugsort von Kony: Darfur

Unbestätigten Berichten zufolge könnte sich Kony mit seiner Truppe in Darfur, Sudan, aufhalten. Laut Mark Kersten, Wissenschaftler an der Londoner LSE, ist es ein „offenes Geheimnis“, dass die sudanesische Regierung in Khartoum Kony schon lange unterstützt. Ein gewichtiges Argument dafür ist u.a., dass sich Sudan nicht an der AU-Truppe zur Jagd auf die LRA befasst ist. Sudan wäre demnach also ein sicherer Rückzugsort, da die Truppe kein Mandat hat, dort zu intervenieren.

Aktuellen ugandischen Presseberichten zufolge kam es vor wenigen Tagen zu Kämpfen der ugandischen Armee mit LRA-Rebellen in der CAR, bei denen zwei LRA-Kämpfer getötet wurden. Bereits im Mai hatten ugandische Truppen einen LRA-Kommandanten festgenommen, unklar ist allerdings, ob er gefangen genommen wurde oder sich freiwillig gestellt hat.

Ist ein baldiger Erfolg absehbar? Die Lage bleibt unübersichtlich…

Kony und die LRA verstecken sich in einer der unübersichtlichsten Regionen der Afrikas, die weitgehend als „gesetzlos“ beschrieben werden kann. Die LRA ist ständig in Bewegung, wechselt laufend ihre Standorte und ist in kleine Gruppen unterteilt, was die Jagd zweifellos erschwert.

Sollte sie aber, wie viele Autor_innen vermuten, Unterstützung aus Khartoum erhalten und in Darfur ein Rückzugsgebiet haben, von dem aus Überfälle auf Regionen der benachbarten Länder organisiert werden, dürfte es noch lange dauern, bis ihr Anführer Joseph Kony gefangen werden kann.

Der Tenor der meisten Berichte ist daher, dass es in nächster Zeit gelingen könnte, Kony festzunehmen – oder auch nicht. Wirkliche Fortschritte scheinen also bislang nicht erfolgt zu sein. Wo so viele Regierungen und Armeen beteiligt sind, ist aber auch Vorsicht angeraten, was die jeweiligen Motive für das Festnehmen (oder eben nicht-Festnehmen) der Gesuchten betreffen könnte.

Hintergrund

Eine interessante Quelle (Englisch) ist die im Auftrag der African Studies Association herausgegebene Kurzübersicht React and Respond: The Phenomenon of Kony 2012. Sie präsentiert Hintergründe und mögliche Lehrinhalte zu LRA, zusammengestellt von Wissenschaftler_innen  im Zuge der Kony 2012-Aktivitäten.

Der englischsprachige Blog Justice in Conflict verfolgt die Berichterstattung zum Thema und kommentiert Meldungen; Interessierte können hier gelegentlich nach neuen Entwicklungen in Sachen LRA und der Jagd auf Kony nachlesen.

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