Die Winterpause ist endgültig vorbei, nach der Fülle an interessanten Initiativen, Artikeln, Studien und Blogs, die mir im Lauf der vergangenen Woche begegnet sind. Eine Auswahl nun im Folgenden.
Inklusion als Exportschlager? Das BMZ hat kürzlich seinen Aktionsplan zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen (PDF) veröffentlicht. Grundsätzlich ist das eine wichtige Sache, da der Aspekt der Inklusion in der EZ viel zu wenig beachtet wird. Nur langsam findet hier ein Umdenken statt. VENRO, der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen kritisiert, dass der Aktionsplan unverbindlich ist. Julia Probst, (@EinAugesnschmaus) merkt an, dass es Deutschland selbst noch viel zu sehr an Know How in Sachen Inklusion und Barrierefreiheit fehlt, als dass diese im Rahmen der EZ exportiert werden könnten. Ein Zitat:
In Deutschland gehen 20% aller Kinder mit Behinderungen in eine Regelschule. 80% besuchen nach wie vor Sonderschulen. Was besonders erschreckend ist: Mehr als die Hälfte der Kinder, die eine Sondershcule [sic] besuchen, verlassen diese ohne einen Hauptschulabschluss! Und genau dieses Deutschland will den Entwicklungsländern zeigen, wie das mit der Inklusion geht? Das mit der Barrierefreiheit hat Deutschland auch noch nicht so ganz kapiert. Mal ein paar Beispiele, welche Länder, die von Deutschland aus gesehen, Entwicklungsländer sind, das mit der Inklusion besser begriffen haben: In Ägypten, Algerien, Tunesien und in Griechenland sah ich Gebärdensprachdolmetscher im Fernsehen, direkt in den Nachrichten. Ohne Aussortierung in ein Nebenprogramm, wie es in Deutschland der Fall ist.
Im Umgang mit Lesben und Schwulen tun sich kirchliche Hilfswerke schwer: Ein weiteres Thema, das wenig, jedoch mit zunehmender Tendenz in der EZ diskutiert wird, ist das der Rechte von LGBT (Lesbian, Bi, Gay and Transgender). Hier haben insbesondere (aber nicht nur) kirchliche Hilfswerke viel Nachhol- und Diskussionsbedarf. Karl Schönberg schreibt darüber, wie wenig sichtbar LGBT in der EZ sind und was die Gründe dafür sind. Dabei wird deutlich, dass nicht nur kirchliche, sondern auch die meisten anderen Hilfsorganisationen, staatlichen Agenturen sowie Geber (Ausnahmen sind z.B. die Heinrich-Böll-Stiftung, HIVOS, Sida oder Mama Cash).
German Food Partnership: Ende Januar gab es eine Pressekonferenz des German Food Partnership (GFP), einem „Netzwerk, in dem deutsche und internationale Unternehmen der Agrar- und Ernährungsindustrie, Verbände und Stiftungen, der öffentliche Sektor sowie Unternehmen aus Schwellen- und Entwicklungsländern gemeinsam daran arbeiten, die Rohstoff- und Nahrungsmittelsicherung zu verbessern“ (von der GFP-Website). Finanziert wird das Netzwerk durch das BMZ und die Gates-Foundation (jeweils rd. 20 Mio Euro), sowie durch verschiedene Partner aus der Industrie (rd. 40 Mio. Euro). Diese sind zumeist Unternehmen aus Agro- und Ernährungsindustrie, wie z.B. Bayer CropScience, BASF, Syngenta, METRO oder Mars Incorporate. Nichtregierungsorganisationen kritisieren das starke Engagement der Industrie, da aus ihrer Sicht Hungerbekämpfung auf der kleinbäuerlichen Ebene ansetzen muss und nicht mittels industrieller Landwirtschaft geschehen sollte. Siehe auch „Hungerbekämpfung à la Dirk Niebel“ von FIAN sowie den Kommentar von Oxfam.
Niemand spricht mehr von der Dritten Welt: Leider doch, zuletzt ist er mir bei SZ Online begegnet, die es eigentlich besser wissen könnten. AllianceSud hat (in seiner empfehlenswerten Rubrik „Herausgepickt“) einige Publikationen zusammengestellt, in denen AutorInnen erklären, warum der Begriff der „Dritten Welt“ nicht mehr zeitgemäß ist, darunter auch eine Publikation der KfW über den „Wildwuchs an Entwicklungsländer-Klassifizierungen“. Wer das haarspalterisch findet, muss es nicht lesen, ich finde aber, dass es durchaus angebracht ist, den eigenen Gebrauch von Sprache gelegentlich kritisch zu beleuchten.
Das Kiswahili-Programm der Deutschen Welle ist 50 Jahre alt geworden. Auf der Startseite von DW Afrika gibt es eine informativ betextete Fotogalerie dazu. Hongera!
Interview mit Conceição Lima: Über das kleine Land São Tomé und Príncipe ist bei uns kaum etwas bekannt. Die Autorin Conceição Lima war zu Gast bei den Afrikanischen Literaturtagen in Frankfurt und hat in diesem Rahmen ein kurzes, interessantes Interview gegeben. Auf der Website der Afrikanischen Literaturtage werden demnächst einige Berichte, Fotos und Videos von den Veranstaltungen zu sehen sein.
Buchtipp: 50 Jahre afrikanische Un-Abhängigkeiten Über die BpB kann der interessant klingende Sammelband 50 Jahre afrikanische Un-Abhängigkeiten. Eine (selbst)kritische Bilanz bezogen werden: „Intellektuelle, Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, Künstlerinnen und Künstler geben einen Einblick in die Debatten um Unabhängigkeit und Dekolonisierung in Afrika. Unterschiedliche Beiträge – vom Fachartikel bis zur historischen Rede, über Hommagen, Gedichte und Songtexte – eröffnen vielfältige Zugänge zu politischen, ökonomischen und kulturellen Aspekten des Themas.“
Filmtipps: Afrika Wissen Schaft hat eine Übersicht über Filme aus und über Afrika auf der Berlinale zusammengestellt.
Neu im Blog und anderswo: Mit HIV/AIDS: Zur aktuellen Situation weltweit habe ich einen Artikel nachgereicht, den ich eigentlich schon vor zwei Monaten, anlässlich des letzten Weltaidstages, hatte schreiben wollen. Außerdem habe ich eine Rezension von Daniel Neylands lesenswertem Buch Organizational Ethnography für das Journal of Busniess Anthropology verfasst (hier als PDF); danke an dieser Stelle nochmals an die Lektorin Anne!