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Äthiopische Bilder

Viel habe ich nicht fotografiert in Äthiopien, wie auch, die meiste Zeit saß ich ja im Workshop. Aber auch wenn ich „im Feld“ bin, fotografiere ich nicht besonders gerne, zumindest nicht, wenn ich nur kurz unterwegs bin. „Hallo“ – Foto – „Tschüss“ ist mir sehr unangenehm, daher lasse ich wenn gerne die Kollegen fotografieren und behalte die Bilder, die mir wichtig sind, im Kopf oder in meinem Notizbuch.

Ein paar Bilder habe ich aber doch aufgenommen:

Etwas schlecht erkennbar, aber nett: Ein Weihnachtsbaum in einem Restaurant in Addis.

Und der Baum im Hotel in Awassa

Äthiopisches Essen ist super lecker, weil abwechslungsreich und gewürzt (manchmal unerträglich scharf). Dies hier, Shiro Wat, verschiedene Hülsenfrucht-Soßen und andere Gemüse war aber erträglich. Die Soßen werden auf das Fladenbrot Injera gehäuft. Dann reißt man einzelne Stücke vom Injera ab, nimmt damit etwas Soße und isst es mit der Hand. Injera wird aus Teff-Mehl hergestellt; Teff ist eine Getreidesorte, die es nur in Äthiopien gibt. Das Teff wird fermentiert und daraus wird dann Injera zubereitet, das einen leicht säuerlichen Geschmack hat. Die Konsistenz erinnert an einen weichen Eierpfannkuchen.

Von der abgebildeten Portion habe ich übrigens nicht mal die Hälfte geschafft. Fleisch ist hier auch sehr beliebt, gerne auch roh gegessen. Davon habe ich dann doch lieber Abstand gehalten. Wegen möglicherweise darin enthaltenen Parasiten verbieten die meisten Äthiopier ihren Kindern übrigens auch, rohes Fleisch zu essen.

Zum Schluss noch einige Bilder vom Besuch einer Tier-Gesundheitsstation. Im Shebedino-Distrikt führt Plan viele Programme zur Ernährungssicherung durch, wozu auch Verbesserung der Viehzucht, bzw. Unterstützung der staatlichen Veterinärdienste gehören.

Hier das „Behandlungszimmer“ des Tierarztes.

Auch unsere heimische Industrie profitiert von der EZ…

Die Patienten warten schon.

Addis

Die kleine Ethnologin macht derzeit eines der Dinge, die sie am besten kann und am liebsten unternimmt: Reisen – und zwar in Afrika. Kein Urlaub, sondern beruflich. Anlass ist diesmal ein Strategieworskhop in Äthiopien mit anschließendem zweitätigem Projektbesuch.

Derzeit bin ich in Addis Abeba und obwohl erst seit zwei Tagen hier, finde ich es sehr angenehm. Wobei ich sagen muss, dass ich die meiste Zeit entweder im „Kaleb Hotel“, in dem ich wohne oder im benachbarten „Harmony Hotel“, in welchem der Workshop stattfindet, verbracht habe.

Die Kollegen sind super nett und aufgeschlossen, das Essen ist klasse und die Atmosphäre angenehm. Der Workshop ist für mich super interessant, auch wenn ich das Gefühl habe, wenig inhaltlich beitragen zu können, in jedem Fall aber hilft er mir ein sehr großes Stück weiter, den Alltag und den Kontext der Arbeit der Kollegen vor Ort besser zu verstehen.

Zum Wetter: Ich trage auch tagsüber Strickjacke, nicht, dass man mich jetzt allzu sehr um die tropische Sonne beneidet (und in den Konferenzraum scheint auch wenig davon). Aber das stört mich nicht, ich finde es auch klimatisch sehr angenehm hier in Addis. Heute allerdings fühle ich mich etwas platt, was eine Mischung aus einer seit Sonntag latent vorhandenen Erkältung und der ungewohnten Höhe von 2400 m sein dürfte.

Viele Bilder gibt es noch nicht, das Beste bisher:

Gestern abend im deutschen Bier-Laden. War ganz ok, das Dunkle.

Die Aussicht aus dem Hotelzimmer – naja… immerhin habe ich einen Balkon.

Heute ist schon der dritte und letzte Workshop-Tag und morgen geht es dann ganz früh nach Awassa, wo das Büro des dortigen Projektgebietes ist. Viele Kollegen haben mir schon vorgeschwärmt, wie toll es dort ist und ich freue mich sehr, nach drei Tagen drinnen sitzen noch einmal kurz rauszukommen. Und dann noch in die Kaffee-Gegend, was sicher interessant werden wird.

Dann gibt es auch hoffentlich mehr Bilder als jetzt.

Der Papst und die Kondome

Was lese ich gerade auf SZ-Online???

„Vollzieht Papst Benedikt XVI. eine historische Wende im Kampf gegen Aids? In einem Interview erklärt er den Gebrauch von Kondomen in „begründeten Einzelfällen“ für erlaubt, um Leben zu retten“

Der Papst erklärt, dass in „begründeten Einzelfällen“ die Verwendung von Kondomen statthaft sei, etwa bei Prostituierten. Die SZ zitiert weiter: Dies könne dann „ein erster Schritt zu einer Moralisierung“ sein und  helfen, ein Bewusstsein zu entwickeln, „dass nicht alles gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will“.

„Erster Schritt zur Moralisierung…“; natürlich muss der erhobene Zeigefinger sein, schließlich bedeutet dies eine sehr große Wende in der bisher absolut kompromisslosen Haltung der katholischen Kirche in Bezug auf das Thema Sexualität und v.a. Kondome.

Die Position des Papstes ist damit immer noch meilenweit von dem entfernt, was Millionen Menschen als modern bezeichnen würden, aber es ist eine beachtliche Aussage, da das Wort der Kirche im internationalen Diskurs immer noch großes Gewicht hat.

Die Aussage zeigt auch, dass es nicht hoffnungslos ist, zu glauben, auch die katholische Kirche könne sich nicht ändern. Bei einer solch alten und mächtigen Institution dauern Veränderungsprozesse und Bewußtseinswandel nochmals um einiges länger als sie dies anderswo tun, doch auch die Kirche ändert sich und ist nicht statisch – sich nicht zu ändern heißt in jedem Fall, unterzugehen.

Auch wenn viele diese (zitierten) Aussagen für viel zu gering halten werden, denke ich doch, dass sie einen großen Schritt bedeuten und langfristig den Weg für weitere Modernisierungen bereiten werden. Laut der Zitate „erlaubt“ der Papst Kondome erst einmal nur für Prostituierte und nicht für Paare zum Zweck der Empfängnisverhütung – die Kirche bleibt also weiter sexualitätsfeindlich, aber dennoch zeigt sich, dass selbst die unnachgiebigste Position irgendwann gelockert wird werden muss.

Feminismus … ???

Nach der Sarrazin-Debatte folgt nun die Feminismus-Debatte (die bereits Anfang der Woche in der unglaublich bescheuerten BLÖD-Schlagzeile „Schröder und Schwarzer: Bizarrer Sex-Streit“ gipfelte).

Eigentlich ist schon alles gesagt, und ich habe auch gar nicht vor, meinen Senf dazuzugeben, v.a., da sich die „Debatte“ ähnlich wie die durch Thilo Sarrazins Buch ausgelöste Migranten-und-Ausländer-Debatte auch auf einem unsäglich populistischen Niveau bewegte, das höchstens dazu diente, Auflagen zu steigern (Sarrazins Buch dürfte einer der Bestseller 2010 sein) und mit dummen Sprüchen Stammtische zu bedienen (Seehofer, der einen Zuzugstopp für türkischstämmige Menschen forderte).

Und so gibt nun Frau Schröder ein dummes Interview, wird von Alice Schwarzer böse beschimpft und die Medien haben erneut eine schöne Schlammschlacht-Arena, in der Plattheiten gegenübergestellt werden, ohne, dass eine wirkliche inhaltliche Debatte geführt würde.

Feminismus – was ist das eigentlich? Da fängt es schon an, denn ich wage einmal zu behaupten, dass die wenigsten, die jetzt über dieses Thema diskutieren (Stammtisch), sich je damit auseinandergesetzt haben. Ich z.B. auch nicht besonders intensiv. Ich halte mich aber dennoch für eine Feministin. Einfach, weil ich der Ansicht bin, dass es zwar Unterschiede zwischen Frauen und Männern gibt, diese aber nicht bedingen, dass Frauen und Männer nicht die gleichen Chancen, Rechte und Pflichten haben müssen und sollen.

Das hat für mich überhaupt nichts mit „Männer sind scheiße und unterdrücken alle Frauen“ zu tun, wohl aber für das Schärfen des Blicks auf gesellschaftliche Ungleichheiten und solche Denk- und Rollenmuster, die wir als selbstverständlich ansehen, die es aber gar nicht sein müssen. Dazu gehört z.B. die klassische „Frau-zu-Hause-Mann-Alleinverdiener“-Geschichte. Immer noch ist dieses Modell stark in unserem Denken verhaftet, auch wenn die Tendenz zum Doppelverdienerhaushalt geht. Aber immer noch sind es z.B. die Frauen, die dann kürzertreten, wenn die Kinder kommen, weil es in der jahrelang von Männern dominierten Politik nicht genug Unterstützung für Themen wie Krippen- und Kita-Ausbau gab. Meine These.

Die Liste kann beliebig fortgesetzt werden – und ich weiß, dass es zahlreiche Gegenbeispiele gibt, aber wenn wir ehrlich sind, haben wir eine ganze Menge überkommener Bilder in unseren Köpfen, an denen wir mal arbeiten sollten. Nicht zuletzt zum Rollenverständnis zwischen Männern und Frauen.

Kurze Zusammenfassung über „Worum geht es eigentlich“ bei der SZ. Und ein interessanter Beitrag von Antje Schrupp darüber, dass das Wort Feminismus dieser Debatte möglicherweise überhaupt nicht förderlich ist.

Übrigens haben EthnologInnen eine Menge Beiträge zum Thema Gender und Feminismus geleistet (womit wir beim Thema „warum melden sich so wenige Ethnologen in wichtigen Debatten zu Wort“ wären). Ein schönes (und für mich damals augenöffnendes) Beispiel ist Henrietta Moores Studie zu „Space, Text, and Gender“ bei den Marakwet in Kenia, in der sie zeigt, das auf den ersten Blick „unterdrückte afrikanische Frauen“ gar nicht so machtlos sind wie der (westliche) Beobachter glauben mag.

Mein Beitrag zur Integrations“debatte“

(Bild: allaturka.info)

Gestern war ich auf einer Hochzeit. Das Besondere daran, wenn man es so nennen will, war, dass es sich um eine deutsch-türkische Hochzeit handelte.  Auf jedem Platz lag ein solches kleines  „Blaues Auge“, das der Abwehr des bösen Blicks dient. Aber dies nur am Rande.

Seit einigen Wochen befindet sich Deutschland ja wieder einmal in einer Integrations“debatte“ – die Anführungszeichen verwende ich deswegen, weil ich das Ganze nicht als sachliche Debatte empfinde, sondern vielmehr als hysterisches Geschrei darum, wer die beste und polemischste Schlagzeile zur vermeintlichen „Profilsuche“ erreichen kann.

Derzeit tut sich ja Herr Seehofer besonders darin hervor, wieder auf „die Ausländer“ zu schimpfen, die sich ja nicht integrieren und die wir folglich auch nicht brauchen. In ziemlicher Regelmäßigkeit werden solche „Debatten“ ausgelöst, in den vergangenen zehn Jahren u.a. von Roland Koch mit seiner Wahlkampf-Unterschriftenkampagne gegen das neue Staatsbürgerschaftsgesetz, die bewußt als „Unterschreiben gegen Ausländer“ geführt wurde, Jürgen Rüttgers mit „Kinder statt Inder“ und Friedrich Merz, der die Orientierung an der deutschen Leitkultur gefordert hatte, ein Begriff, der auch jetzt wieder fällt).

In schöner Regelmäßigkeit werden „die Ausländer“ als Feindbild instrumentalisiert, um sich als innenpolitisch starker Mann positionieren zu können und um davon abzulenken, dass die Politik jahrzehntelang massivst versäumt hat, eine vernünftige Integrationspolitik zu betreiben.

Experten melden sich in der Debatte kaum zu Wort. Vielleicht tun sie dies, werden aber nicht gehört, gedruckt oder gesendet – warum auch, einfaches polemisieren scheint so viel einfacher zu sein als die sachliche Auseinandersetzung mit Ursachen und Lösungsansätzen.

Aber vielleicht ist es ihnen auch einfach zu blöd, sich an einer Pseudodebatte zu beteiligen, die nur dazu dient, Sündenböcke zu schaffen, und überhaupt nicht dazu, Lösungen für bestehende Probleme zu finden.

Eine sehr interessante Übung könnte übrigens sein, einmal in der eigenen Familiengeschichte zurückzublicken. Wir „Deutschen“ sind auch das Produkt jahrhundertelanger Migrationsgeschichten, es ist vollkommen irreführend zu denken, es gäbe „die Deutschen“ schon seit Jahrhunderten. Schon immer gab es eine gute Mischung mit Menschen aus anderen Ländern und Gesellschaften. Und das Ergebnis ist doch ganz spannend. Wenn auch immer noch zu viele Menschen an die Illusion der „ethnischen Homogenität“ glaben.

Übrigens: Die Hochzeit war sehr schön, hat Spass gemacht und ich habe zum ersten Mal im Leben türkischen Mokka getrunken, was meine Küche zukünftig erweitern wird.

„I am not that much interested in my life.“

Heute morgen habe ich eine sehr inspirierende Lesung mit John Irving besucht (grade läuft das Hamburger Harbour Front Literaturfestival).

Alle Fotos: © Arnim Wiezer

Die Lesung fand in der Laeiszhalle statt, war gut besucht (über 1500 Leute) und gleich zu Beginn kam die Ansage, dass Herr Irving gleich im Anschluss weiter nach Berlin muss, und daher keine Bücher signieren kann (schade, ich hatte mich auf mein erstes vom Autor mit persönlicher Widmung versehenes Buch gefreut). Es gebe aber einen Stand mit vom Autor am Vortag signierten Büchern.

Dann betraten die Moderatoren, Andreas und Benjamin Lebert, die Bühne (bekannt als Brigitte-Chefredakteur (Andreas) und Autor (Benjamin, „Crazy“). Außerdem nahm noch Stephan Benson, Schauspieler, Platz, der die Lesung mitgestalten würde.

Nach ihrer kurzen Einführung zu Irving betrat dann der Autor die Bühne.

Ganz amerikanisch leger im schwarzen T-Shirt (zwei der drei anderen Herren auf der Bühne trugen Sakkos) nahm er zunächst Platz um mit den Moderatoren ein wenig zu plaudern.

Ich bin großer Fan von John Irvings Büchern, seit mehr als 15 Jahren, schätze ich. Ich weiß nicht mehr, wie ich zum ersten Buch gekommen bin, vermute aber, dass ich „The world according to Garp“ lesen wollte, nachdem ich den Film gesehen hatte.

John Irving ist auch der einzige Schriftsteller, von dem ich wirklich alle Bücher gelesen habe, manche auch mehrmals. Die Lesung war daher für mich so interessant, weil Irving sehr viel darüber erzählte, wie er schreibt (den ersten Entwurf immer per Hand, da er mit Schreibmaschine oder PC zu schnell schreiben würde und zu wenig auf die Sprache achten könnte). Er erzählte auch, wie er  seine Geschichten entwift (oft sind sie schon sehr lange in seinem Kopf, nur Details fehlen noch – somit kann er sich dann beim Schreiben ganz auf das Schreiben konzentrieren, ohne nach der Geschichte suchen zu müssen).

Und er legte dar, was sein zentrales Thema ist, nämlich, über das zu schreiben, wovor er Angst hat, wozu der Verlust von geliebten Menschen gehört (im aktuellen Buch stirbt ein Kind). „I am not pretty much interested in my own life“, sagte er dazu; sein eigenes Leben ist nicht das, worüber er schreibt, sondern über Dinge, die ihm Angst machen, die er sich fern halten möchte.

John Irving ist ein guter Redner, der mit subtilem Humor und klarer Sprache unterhaltend erzählen kann, und man merkt, dass er Auftritte wie diesen gewohnt ist. Er überging souverän die unbeholfenen Moderatoren (die sich sichtlich unwohl beim formulieren englischer Fragen fühlten und zum Teil auch ziemlich langweilige Fragen stellten („Warum machen Sie es Vater und Sohn im Buch so schwer?“ „Was sollte ich kochen, wenn eine tolle Frau mich zum ersten Mal besucht“ (eine Hauptfigur im neuen Buch ist Koch))?

Schlagfertige Antwort auf die letzte Frage: „Vielleicht gehen Sie doch besser ins Restaurant“. Andere Fragen ignorierte er sehr freundlich (manchmal mit zu Beginn gequältem Lächeln), doch er ist ein wirklich dankbarer Interview-Gast, da er die Fragen dann oft abbog und sehr präzise über ein ähnliches Thema sprach und dabei dann meist Interessantes über den Prozess des Schreibens und auch den Recherche-Arbeiten, die er bei verschiedenen Büchern unternahm, erzählte.

Zwischen den Fragen gab es zwei Leseblöcke, Irving begann mit einer englischen Passage aus dem Buch und Stephan Beson las die sich jeweils anschließende Passage in deutscher Übersetzung. Bisher kannte ich das so, dass die Passage, die Autor oder Autorin auf der Fremdsprache gelesen hatten, in der deutschen Übersetzung gelesen wurden, aber da man wohl davon ausging, dass die Mehrheit des Publikums ausreichend Englisch verstehen würde, hatte man dies wohl so gewählt – fand ich auch gut.

Ich bin immer noch ganz erfreut über dieses schöne Erlebnis und überlege, „The cider house rules“ heute nochmal zu lesen.

Hier noch einige Fotos (die übrigens mein Begleiter, nicht ich, aufgenommen hat).

Die Moderatoren

Irving erzählt

Stephan Benson