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Was sind Kinderrechte und warum sind sie wichtig?

Hinweis: Am Ende des Artikels finden sich Links zu Quellen und weiteren Informationen

Quelle: http://degede.de/kinderrechte.0.html

In den vergangenen Jahren setzt sich auf internationaler Ebene immer stärker das Bewusstsein durch, dass Kinder und Jugendliche gleichberechtigte Akteure der gesellschaftlichen Entwicklung sind und daher in Projekten und Programmen der Entwicklungszusammenarbeit besondere Berücksichtigung benötigen. Das betrifft nicht nur Maßnahmen gegen Kinderarbeit, Kinderhandel oder Verbesserung der Bildungschancen, sondern setzt zunächst einmal das Eintreten für eine umfassende gesellschaftliche Anerkennung von Kinderrechten voraus.

Noch immer sind die fehlende Kenntnis der Existenz von Kinderrechten und damit einhergehend die mangelhafte Umsetzung in Alltag und Gesetzgebung, ein weltweites Problem. Auch in Deutschland sind sie in Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung nahezu unbekannt. Diese Rechte können daher von denen, die sie betreffen, von Kindern und Jugendlichen, kaum eingefordert werden. 

Was sind Kinderrechte?

Grundlage der Kinderrechte ist die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) von 1991, die von allen UN-Mitgliedsstaaten unterzeichnet und bis auf USA und Somalia von allen ratifiziert worden ist. (Text der UN-KRK auf Deutsch und auf Englisch).

Die UN-KRK ist Ausdruck der Auffassung, wonach Kinder eigenständige Subjekte sind, die unveräußerliche Grundrechte besitzen und hat das Ziel „weltweit die Würde, das Überleben und die Entwicklung von Kindern (bis 18 Jahren) und damit von mehr als der Hälfte der Weltbevölkerung sicherzustellen“ (Maywald 2010: 9).

Die Konvention legt in 54 Artikeln die ökonomischen, sozialen, kulturellen, zivilen und politischen Rechte von Kindern fest; die Artikel 2, 3, 6 und 12 sind gleichzeitig die vier Allgemeinen Prinzipien der UN-KRK:

  • Diskriminierungsverbot (non-discrimination)
  • Vorrang des Kindeswohls (best interests of the child)
  • Das grundlegende Recht jedes Kindes auf Leben, Überleben und Entwicklung (the right to life, survival and development)
  • Das Recht, in allen Angelegenheiten, die ein Kind betreffen, unmittelbar oder durch eine/n Vertreter/in gehört zu werden (considering the views of children in decisions that affect them)

Geschichte der Kinderrechte

In Europa galten Kinder über Jahrhunderte hinweg als Besitz ihrer Eltern (die römische Rechtsordnung gestand Vätern die Entscheidung zu, ein Kind als das eigene anzunehmen oder aber es dem Tod auszusetzen) (siehe Maywald 2010: 9f). Dies begann sich erst mit der Aufklärung allmählich zu ändern. Im 19. Jahrhundert setzte sich allmählich die Ansicht durch, dass Kinder besondere Förderung benötigen und vor körperlicher Gewalt geschützt werden müssen, was zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Forderungen nach umfassenden Rechten für Kinder überging.

Warum Kinderrechte

Trotz dieser Entwicklungen ist die Auffassung wonach Kinder Erwachsenen unterlegen seien und daher keine rechtliche Gleichstellung benötigten, immer noch weit verbreitet – in westlichen wie in Entwicklungsländern. Es herrscht wenig Sensibilität gegenüber Kinderrechten; oft werden diese mit dem Hinweis in Frage gestellt, es gäbe ja bereits eine Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die auch für Kinder gelte.

Die Kinderrechte leiten sich jedoch aus der Tatsache ab, dass Kinder keine Verantwortung gegenüber Erwachsenen tragen, dies umgekehrt aber der Fall ist. Kinder sind keine „kleinen Erwachsenen“, sondern sich entwickelnde Menschen, die zunächst abhängig von Erwachsenen sind, aber einen Prozess durchlaufen, der sie selbst zu Erwachsenen macht. Daher benötigen Kinder und ihre Rechte besonderen Schutz.

Kinderrechte werden auch in Deutschland tagtäglich verletzt, etwa durch Armut, die viele Kindern von einer umfassenden Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben ausschließt oder die Tatsache, dass Bildungschancen in viel zu hohem Maße vom sozialen Hintergrund abhängen.

Recht haben heißt nicht, Recht bekommen

Die National Coalition für die Umsetzung der U-Kinderrechtskonvention in Deutschland beklagt, dass die Kinderrechte in Deutschland vielen Menschen nicht bekannt sind. Auch werden sie in Politik und Verwaltung kaum „ernst genommen“, schreibt Hendrik Cremer in einer Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte (Cremer 2011).

Kinderrechte sind bislang auch nicht ins Grundgesetz aufgenommen worden, obwohl es dazu gute Gründe gibt, vorneweg den, dass Kinder im Grundgesetz nicht als Träger eigener Rechte erwähnt sind (Cremer 2011: 3). Auch sind die Rechte auf Teilhabe und der Vorrang des Kindeswohls nach Ansicht der National Coalition nicht berücksichtigt.

2011 hat die UN-Vollversammlung einen wichtigen Schritt in Richtung Stärkung der Kinderrechte unternommen: Sie verabschiedete das 3. Zusatzprotokoll zur UN-KRK, das derzeit von den Unterzeichnern unterschrieben wird. Darin ist festgelegt, dass es Kindern oder ihren VertreterInnen möglich ist, Individualbeschwerde gegen die Verletzung von Rechten einzulegen. Informationen für Kinder, wie sie ihre Rechte einfordern können gibt es hier.

Im ersten deutschen Kinder- und Jugendreport von 2010, der dem UN-Kinderrechtsausschuss vorgelegt wurde, kamen Kinder und Jugendliche selbst zu Wort. Darin beschreiben sie, was ihnen gefällt, aber auch, wo sie ihre Rechte verletzt sehen, etwa bei der fehlenden Einbindung in öffentliche Entscheidungsprozesse.

Jetzt erst Recht(e) für Flüchtlingskinder

Erheblicher Verbesserungsbedarf besteht in Deutschland auch in Bezug auf die Rechte von Flüchtlingskindern. Kinder, die alleine oder mit ihren Familien auf Entscheidungen in laufenden Asylverfahren warten, oder deren Aufenthalt lediglich „geduldet“ wird, können viele ihrer Rechte nicht wahrnehmen. So sind zum Beispiel ihre Lebensbedingungen oft nicht kindgerecht (Unterkunft in Gemeinschaftswohnheimen, Abschiebehaft) und ihr Zugang zu Bildung und Ausbildung inklusiver besonderer Fördermöglichkeiten wie Sprachunterricht, ist nicht immer gesichert.

Die Kenntnis der Kinderrechte, die Schaffung eines Bewußtseins dafür sowie das Eintreten für die Umsetzung der UN-KRK ist daher wichtig keineswegs etwas, um das sich „nur“ Hilfsorganisationen in Afrika kümmern müss(t)en.

Quellen

Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) 2010. Erster Kinder- und Jugendreport. Zur UN-Berichterstattung über die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. Berlin: AGJ. PDF

Cremer, Hendrik 2011. Stellungnahme: Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz als Maßnahme zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention? Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte. PDF

Maywald, Jörg 2010. UN-Kinderrechtskonvention: Bilanz und Ausblick. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 38/2010. LINK

National Coaltion für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland (NC) 2010. Argumente zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz. Berlin: National Koalition. PDF

Weblinks

Weblinks für Kinder

Afrika: Fiktion und Wirklichkeit. Beitrag zur aktuellen Diskussion über die Darstellung von „Afrika“ in den Medien.

„Auf einem einschlägigen Buchcover sollte nie ein ordentlich angezogener afrikanischer Mann oder Frau zu sehen sein, es sei denn sie oder er hat den Nobelpreis gewonnen. Eine AK-47, hervorstehende Rippen, nackte Brüste: Verwenden Sie dies. Wenn doch ein/e Afrikanerin sein muss, dann nehmen Sie eine/n in Maasai, Zulu oder Dogon-Tracht.“

So ein kurzer Auszug aus „How to write about Africa“, 2005 vom kenianischen Schriftsteller Binyavanga Wainana verfasst. Darin nimmt er die gängigen Afrikaklischees auseinander, die westliche Berichterstattung aber auch Filme und Bücher über Afrika prägen. Im deutschsprachigen Kontext sind „Die weiße Maasai“ oder diverse „Mein Herz in Afrika“-betitelte TV-Filme Beispiele dieses Afrikabildes.

Die Diskussion über die „richtige“ Darstellung von Afrika wird immer wieder geführt, ohne jedoch, dass sich viel ändert. Auch ich schreibe des Öfteren darüber, weil ich das gängige Afrikabild in den deutschen und westlichen Medien sehr eindimensional und der Wirklichkeit gegenüber nicht angemessen empfinde. Allerdings werde auch ich dem nur unzureichend gerecht. Ich lese hauptsächlich englisch- und deutschsprachige Medien, gelegentlich Französisch oder Kiswahili (was ich beides weit weniger gut beherrsche). Auch lese ich mehr westliche Zeitungen (z.B. taz, SZ, BBC, Guardian) als afrikanische (z.B. The East African, The Citizen).

Ausgelöst durch die Kony 2012-Kampagne läuft derzeit einmal mehr eine (vorwiegend englischsprachige) Diskussion zwischen BloggerInnen, WissenschaftlerInnen, SchrifstellerInnen und JournalistInnen darüber, wie über Afrika geschrieben wird und was sich daran ändern sollte.

Die Rolle der AuslandskorrespondentInnen: Verloren auf einsamem Posten?

Die amerikanische Politikwissenschaftlerin Laura Seay schrieb kürzlich, dass Berichterstattung über Afrika-bezogene Themen zumeist von „faktischen Fehlern, unvollständigen Analysen und Sterotypen gekennzeichnet“ ist, die Zeitungsredakteure bei Berichterstattung über andere Länder nicht durchgehen ließen. Dies liegt unter anderem, so Seay, daran, dass zumeist nur ein/e KorrespondentIn pro Medium für den gesamten Kontinent zuständig ist. Man stelle sich vor, von Berlin aus die gesamte Europaberichterstattung für ein afrikanisches oder US-amerikanisches Medium zu leisten.

In seiner Antwort an Seay wehrt sich der Journalist Tristan McConnell, Korrespondent der GlobalPost in Nairobi, dagegen, AfrikakorrespondentInnen pauschal als nachlässig und ignorant zu kritisieren. Stattdessen schreibt er, dass er und viele seiner KollegInnen, die Situationen und Menschen über die sie berichten, durchaus gut kennen und oft bereits jahrelang vor Ort sind – anders als WissenschaftlerInnen wie Seay, die vorwiegend aus ihrem akademischen „Elfenbeinturm“ heraus kritisierten.

Zu große Nähe zwischen JournalistInnen und Hilfsorganisationen

Vor wenigen Tagen erschien dann ein weiterer Text von Binyavanga Wainana, ein „Leitfaden für Anfänger“ in der Afrikaberichterstattung. „Afrikanerinnen“, so der Autor, wollen als Gleiche dargestellt werden, nicht als Objekte der Hilfsindustrie. Wainana ist es leid, dass Afrika immer wieder mit den gleichen gängigen Klischees dargestellt wird, sei es in Romanen, Filmen oder im Journalismus, dem seine aktuelle Kritik besonders gilt.

Dies liegt, schreibt er, daran, dass „Afrika mit dem Ende des kalten Krieges aufhörte zu existieren“. Mussten die Länder Afrikas zuvor ernst genommen werden, da sie entweder Verbündete oder Gegner waren, so ist die Welt nun „sicher“ und die Hilfsorganisationen haben den Kontinent übernommen. „Will eine KorrespondentIn wissen, was im Sudan los ist, erfährt sie es beim wöchentlichen Mittagessen mit dem Oxfam-Mitarbeiter.“

Wainana und auch die zuvor erwähnten AutorInnen beklagen alle eine zu große Nähe von JournalistInnen zu Hilfsorganisationen, durch die Berichterstattung immer einseitig von den Botschaften der Organisationen gefärbt ist, die leider meist weniger auf die Erfolge ihrer Arbeit verweisen, sondern stattdessen zwecks Spendensammeln in westlichen Ländern vor allem auf Katastrophenberichterstattung angewiesen sind.

Für JournalistInnen, die alleine einen gesamten Kontinent abdecken sollen, sind die Organisationen wichtige Unterstützung im Filtern von Nachrichten und bieten ihnen oft Zugang zu Orten, an die sie sonst nicht oder nur schwer gelangen würden.

Dazu kommt, dass die breitere westliche Öffentlichkeit nur gering an Berichterstattung über Afrika interessiert ist. Wenn überhaupt, dann schaffen es lediglich Berichte über Hungerkatastrophen (2011 am Horn von Afrika), Konflikte (Putsch in Mali, Terroristen in Somalia) und HIV/AIDS (immer seltener) in die Medien.

Auch eine mangelhafte Vorbereitung vieler KorrespondentInnen sowie fehlende Unterstützung durch ihre Redaktionen trägt viel zur unzureichenden Berichterstattung bei, wie der Kommunikationswissenschaftler Lutz Mükke schreibt, der die Afrikaberichterstattung in deutschen Leitmedien wissenschaftlich erforscht hat.

Die alten Klischees werden immer aufs Neue reproduziert

So erzeugt das bestehende Bild der „Katastrophen-Kontinentes“ immer aufs Neue sich reproduzierende Bilder über Krisen und Katastrophen. Gleichzeitig werden immer weiter die dieselben alten Klischees des „schwarzen Kontinents“ verwendet, in denen sich kolonialistische Sehnsüchte (Safaritourismus, unberührte Wildnis) mit einer obszönen Faszination von grausamen Kriegsbildern (Völkermord, Kindersoldaten) vermischen.

Lawrence vom Blog „za Kweli“ weist in seinem Beitrag zur Seay/McConnell-Diskussion darauf hin, dass westliche JournalistInnen nie wirklich objektiv sein können, da sie mit den gängigen Afrikastereotypen aufgewachsen seien: „Wenn du aufgewachsen bist mit dem dominierenden Bild von Afrika als von Hunger und Krieg gezeichnet, wie auch mit Reichtümern und wilder Schönheit gesegnet, dann werden deine Artikel diese Stereotype reflektieren.“

JournalistInnen sind sich dessen durchaus bewusst, siehe McConnell oder auch Arne Perras, Korrespondent der SZ, der sich 2010 kritisch mit der Darstellung Afrikas in den Medien auseinandergesetzt hat und darlegt, wie sehr die Wahrnehmung Afrikas immer noch von der imperialistischen Phase des 19. Jahrhunderts beeinflusst ist.

Wie lassen sich Klischees vermeiden? Erkenne die Bilder in deinem Kopf.

Dennoch ist die große Mehrheit der Darstellungen von gängigen Klischees geprägt. Diese entlarvt der Journalist Imran Garda anhand von „9 Merkmalen die erkennen lassen, wenn Afrikajournalismus Müll“ ist. Neben dem „schwarzen Kontinent“ immer wieder das „Herz der Finsternis“ (nach Joseph Conrads gleichnamigem Roman von 1902). Traditionelle „Stämme“, die Tänze aufführen und sich immer einmal wieder, scheinbar aus purer Lust an der Gewalt, abschlachten. Oder Schwelgen über afrikanische Sonnenaufgänge. (Wer, so Garda, würde in einem Bericht über Fukushima über den von Rauchwolken verdunkelten Sonnenaufgang schreiben? Klingt lächerlich – doch geschieht immer wieder wenn afrikanische Szenen beschrieben werden).

Es wird (westlichen) Schreibenden nie möglich sein, sich von Vorurteilen und Klischees loszusagen, zu sehr haben wie sie internalisiert und zu sehr bestimmen sie, was wir wahrnehmen. Gleichzeitig aber ist es die Voraussetzung guter und ausgewogener Berichterstattung, die Filter, welche die eigene Wahrnehmung beeinflussen, zu hinterfragen.

Berichterstattung als Machtfaktor

Die Wirklichkeit, die uns begegnet und die wir darstellen, wird auch nicht nur von den Bildern in unseren Köpfen beeinflusst, sondern auch von Macht und Position – Geschlecht, Alter und Hautfarbe sind z.B. ganz wesentliche Merkmale, die nicht nur beeinflussen, welche Geschichte wir zu hören bekommen, sondern auch wie wir sie verstehen und anschließend darstellen.

Eine junge weiße Journalistin wird aus einem afrikanischen Land anders berichten als ein älterer Journalist, da Alter und Geschlecht vielerorts immer noch sehr stark beeinflussen, wie jemand wahrgenommen wird. Auch andere soziale Merkmale wie ob jemand Kinder hat oder verheiratet ist, spielen in der Begegnung eine sehr wichtige Rolle, auch wenn es meist nur indirekt (durch Fragen nach Ehemann/-frau oder Alter der Kinder) thematisiert wird.

Berichterstattung ist auch ein Machtfaktor. Wer die Deutungshoheit hat, kann dann wiederum bestimmen, was richtig und falsch ist, und vermittelt und was eher nicht beschrieben wird. Somit sind Beiträge wie die von Wainana wichtig, denn sie halten uns westlichen LeserInnen und Schreibenden immer wieder einen Spiegel vor, der uns hilft, kritisch zu hinterfragen, was und wie wir schreiben und wie das diejenigen, über die wir schreiben („die Afrikaner“) wahrnehmen.

Somit ist Binyavanga Wainanas Ärger zu verstehen, der sich dagegen wehrt, dass „Afrikaner“ alle in einen Topf geworfen und pauschal als unmündige HilfsempfängerInnen dargestellt werden. Sein Fazit lautet:

„Es überrascht nicht, dass es inzwischen überall auf dem Kontinent eine große und wachsende Mittelschicht gibt: die Britischen, Amerikanischen und Europäischen Medienverlage haben uns verloren. Stattdessen boomen unsere eigenen und wir schließen Deals mit CCTV (China), und al-Jazeera. Wir fliegen Emirates und Kenya Airways. Und wir machen Deals mit jenen, die in einer gemeinsamen und lebendigen Zukunft die Grunlage für ihr Engagement sehen.“

Quellen

  • Imran Garda, 9 Signs the Journalism on Africa You’ve just Encountered is Trash, Huffington Post, 4. Juni 2012 Link
  • Tristan McConnell, How do Journalists write about Africa, GlobalPost 29 Mai 2012  Link
  • Lutz  Mükke, Allein auf weiter Flur: Korrespondenten in Afrika, Aus Politik und Zeitgeschichte 34-35/2009: Entwicklung in Afrika. Link
  • Arne Perras, Safari und Massai-Romantik, Süddeutsche Zeitung 28. Mai 2010 Link
  • Laura Seay, How not to write about Africa, Foreign Policy Magazine, 25. April 2012 Link
  • Binyavanga Wainana, How not to write about Africa in 2012 – A beginner’s guide, The Guardian 3 Juni 2012 Link
  • Binyavanga Wainana, How to write about Africa, Granta 92, 2005, Link
  • Za Kweli, Toe Dipping and Pontificating, Za Kweli 29 Mai 2012 Link

Zähneputzen am #AfricaDay

Heute ist „Africa Day“, am 25.5.1969 wurde die Organisation für Afrikanische Einheit (Organization of African Unity, OAU) gegründet, die sich inzwischen in AU (Africa Union) umbenannt hat.

Auf Twitter gibt es jede Menge Tweets zum #Africaday und von mir ein kurzes Video – hat mit dem Africa Day gar nichts zu tun, außer, dass es aus Afrika (genauer Nordosttansania) kommt, aber ich wollte es schon lange mal verlinken, weil ich es immer wieder gerne sehe:

PIGA MSWAKI! PUTZ DIR DIE ZÄHNE!

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=pkG7rxyQfRg&w=560&h=315]

Das Video wurde produziert von maweni für eine  Pilotsendung der Sesamstraße auf Swahili („Kilimani“). Nasikia raha kubwa sana!!

Fehler zugeben und daraus lernen

Fehler sind menschlich. Kein Bereich des Lebens, Arbeit, Privat, In- oder Ausland ist frei von Fehlern – und oft führen vermeintliche Fehler auch in ganz neue, vorher undenkbare Richtungen. Viele Menschen tun sich allerdings schwer damit, Fehler zuzugeben (und da nehme ich mich absolut nicht aus). Generell herrscht auch ein eher Fehler-feindliches Klima. Natürlich sind Fehler per se nicht immer erstrebenswert, aber sie lassen sich nun mal nicht vermeiden und daher sollte man einen konstruktiven Umgang damit finden.

In der Entwicklungszuammenarbeit, wo sehr hohe Beträge an öffentlichen Geldern und privaten Spenden ausgegeben werden, tut man sich jedoch meist schwer mit dem Eingestehen von Fehlern. Sie sind irgendwie nicht vorgesehen und werden oft verschwiegen oder schöngeredet – dabei sollte jedem einleuchten, dass bei einem Projekt mit mehrjähriger Laufzeit am Ende doch Vieles anders aussieht, als es vor Jahren einmal geplant wurde. Weiterlesen

Positive Nachrichten aus Afrika: Sinkende Kindersterblichkeit

Gestern veröffentlichten drei Autoren einen Beitrag mit vorläufigen Studienergebnisse im Blog der Weltbank die zeigen, dass die Kindersterblichkeit in einigen Ländern Afrikas stark rückläufig ist.

Kindersterblichkeit ist in den westlichen Ländern kaum mehr ein Thema. Natürlich sterben auch hier Babys und Kleinkinder, und natürlich ist der Tod eines Kindes überall auf der Welt gleich schlimm für die Betroffenen. Die Raten für Deutschland sind aber verschwindent gering verglichen mit denen vieler Länder Afrikas und anderer Entwicklungsländer.

Eines der 8 Millenniumsentwicklungsziele (MDGs), die bis 2015 zu einer spürbaren Verbesserung der Lebensumstände der Menschen in Entwicklungsländern beitragen sollen, ist Ziel 4 „Kindersterblichkeit verringern“, und zwar um mindestens 4.4%.

Kindersterblichkeit wird hier mit der sog. „unter-5-Rate“ gemessen. Diese reflektiert die Schätzung der Anzahl von Kindern, die das 5. Lebensjahr nicht erleben werden. Angegeben wird die Rate in Bezug auf 1.000 Lebendgeburten.

Laut einer UNICEF-Statistik erreichten 2010 in Deutschland 4 von 1.000 Kindern nicht ihren fünften Geburtstag. In Entwicklungsländern sieht das anders aus, den traurigen Rekord in Afrika hält nach der o.g. Statistik Somalia mit 180 Todesfällen pro 1.000 Lebendgeburten, dicht gefolgt von Mali mit 178/1.000.

Im Südsudan dürfte die Rate ähnlich liegen, dazu habe ich auf die Schnelle aber keine aussagekräftige Statistik finden können.

Erfolge durch Malariaprävention mit imprägnierten Netzen

Was der Weltbank-Blog nun berichtet ist, dass in 12 von 20 Ländern, für die stichhaltige Daten vorliegen, die Kindersterblichkeitsraten stärker sinken, als in MDG 4 festgelegt. Besonders hoch sind die Rückänge im Senegal (um 9,9%), in Ruanda (um 9,6%) und in Kenia (um 8%).

Was ist nun die Ursache für die Verringerung der Kindersterblichkeit? Die Autoren weisen darauf hin, dass die Raten in erster Linie in Malaria-Gebieten sinken, in denen während der vergangenen Jahre der Gebrauch imprägnierter Moskitonetze zugenommen hat. Dazu hatte ich hier auch kürzlich etwas geschrieben.

Die Autoren warnen davor, voreilige Schlüsse über die Ursachen zu ziehen, da immer mehrere Faktoren Einfluss auf solche Entwicklungen haben. Auch beziehen sich die Schlüsse vorerst nur auf eine Fallstudie in Kenia. Es sind also weitere Studien nötig, um stichhaltigere Daten zu erhalten und auch den Einfluss weiterer Faktoren zu untersuchen (die Autoren schreiben, dass im Fall Kenias nur etwa die Hälfte der verringerten Todesfälle durch Zunahme von Malarianetzen erklärt werden kann).

Das ist aber dennoch eine schöne Nachricht, die zeigt, dass inmitten aller weniger erfreulichen Meldungen auch positive Entwicklungen in vielen afrikanischen Ländern ablaufen, über die jedoch weniger berichtet wird. Was schade ist, denn Bilder von lachenden und lebenden Kindern sehe ich viel lieber als solche von halbverhungerten, wie sie dem von Medien und Hilfsorganisationen leider zu oft bedienten Klischee des „afrikanischen Kindes“ entsprechen.

( Etwas off-topic, aber im Zusammenhang mit meinem Schlussgedanken: Wer sich dafür interessiert, sollte mal zum Stichwort #povertyporn recherchieren, da finden sich viele kritische Auseinandersetzungen mit der Darstellung von Armut und Entwicklungsländern in westlichen Medien).

Jugend – eine soziale Kategorie

Mats Utas, schwedischer Ethnologe am Nordic Africa Institute in Uppsala, befasst sich in einem aktuellen Blogbeitrag damit, wie die soziale Kategorie „Jugend“ in Sierra Leone und Westafrika im Allgemeinen konstruiert wird und welche Auswirkungen das auf (Entwicklungs)projekte hat haben sollte. Diese arbeiten nämlich zumeist mit einer engen, an westliche Standards angelehnte Auffassung von Jugend, die in vielen nicht-westlichen Kontexten aber nicht zutrifft.

Die gängigen westlichen Auffassungen von Jugend geben das Jugendalter mit etwa 13-21 Jahren an, danach gilt man als erwachsen, ohne dass dabei weitere soziale Merkmale eine wesentliche Rolle spielen (ledig/verheiratet, beschäftigt/arbeitslos, etc.).

Utas zeigt, dass die Kategorie „Jugendliche“ in Westafrika eine sehr große Anzahl junger Männer, viele davon über 25 Jahre alt, einschließt. Eine Fallstudie einiger junger, armer Männer zwischen 25 und 30 in Sierra Leone illustriert, dass diese immer noch als Jugendliche gelten, da sich die Kategorie „Jugendlicher“ hier weniger nach dem Alter, sondern vielmehr anhand sozialer und wirtschaftlicher Kriterien definiert.

Die Jugendlichen vom „Pentagon“

In Sierra Leone leben viele Menschen in extrem prekären Bedingungen. Selbst jene, die Arbeit haben, verdienen oft kaum genug zum Leben. Utas beschreibt seine Beobachtungen an einer Straßenecke in Freetown, „Pentagon“ genannt. Hier kommen vor allem junge Männer zusammen, halten sich mit Gelegenheitsjobs und Kleinkriminalität über Wasser, machen Spaß miteinander und warten darauf, dass sie vielleicht als Tagelöhner engagiert werden.

Utas‘ sieht Parallelen zu vielen anderen Ländern, etwa Nigeria oder Somalia, wo sich junge Männer radikalisieren, u.a., weil sie zu wenig Möglichkeit der wirtschaftlichen Teilnahme haben. Auch in vielen anderen Ländern Westafrikas ist der Anteil junger Männer, die keine Arbeit finden, sehr hoch. Im Senegal zum Beispiel protestierten im März dieses Jahres vor allem viele junge Männer gegen die Wiederwahl des Präsidenten Wade.

Nur am Rande erwähnt der Autor übrigens junge Frauen. Meiner Vermutung nach fallen auch Frauen zwischen 20 und 30 in die Kategorie Jugendliche, aber wohl seltener als Männer. Einmal, wie der Autor schreibt, da sie im afrikanischen Kontext weniger „draußen“ auf der Straße, sondern vielmehr „drinnen“ im Haus leben und andere Arbeiten verrichten.

Dann auch, nach meinen eigenen Beobachtungen, da viele Frauen bereits in jungem Alter heiraten (meist ältere Männer) oder früh Kinder bekommen, auch ohne verheiratet zu sein. Der Status „Mutter“ löst dann allmählich den Status „Jugendliche“ ab.

„Jugend“ – nicht bloß eine Altersfrage

Nach Utas gehören der sozialen Kategorie Jugendlicher viele Menschen, die unter schwierigen ökonomischen Bedingungen leben, die „noch keine Kinder sind aber erst noch zu sozialen Erwachsenen werden müssen“.  Diese „sozialen Jugendlichen“ sollten daher verstärkt zur Zielgruppe künftiger Interventionen werden und weniger die rein über das Alter definierten Jugendlichen.

Daraus wiederum sollte die Politik Schlussfolgerungen ziehen und bei der Planung und Durchführung künftiger Jugendprojekte einige Punkte beachten.

1. Junge, marginalisierte Männer verstärkt in den Fokus der Arbeit rücken

Utas plädiert dafür, die gängige Definition von Jugend um die sozio-ökonomische Kategorisierung zu erweitern und unter Beachtung von Genderaspekten auf die Teilnahme junger, benachteiligter Männer vor allem aus städtischen Gegenden zu achten.

Derzeit stehen verstärkt junge Mädchen und Frauen im Fokus der EZ, was aber eine große Gruppe junger Männer ausschließt. In einem kürzlich veröffentlichen Beitrag im Guardian wies auch Andrea Cornwall, britische Entwicklungsforscherin, auf die Notwendigkeit hin, neben Mädchen auch Jungen genau so in die Arbeit mit einzubeziehen, nur dann lässt sich wirklich gender equality erreichen.

2. Abrücken vom ausschließlichen Fokus auf das Alter und verstärktes Beachten des sozialen Hintergrundes

Laut Utas profitieren derzeit zu oft bessergestellte Jugendliche von jugendspezifischen Entwicklungsprojekten, welche viele von diesen regelrecht „besetzt“ („hi-jacked“) haben, da sie über eine bessere Lobby verfügen.

Inwieweit dies tatsächlich zutrifft, kann ich nicht sagen, allerdings sind mir durchaus Beispiele von Projekten bekannt, die sich vor allem an bessergestellte Jugendliche richten (z.B. solche, die Abitur machen können und eine Fremdsprache sprechen). Gleichzeitig stimme ich Utas darin zu, dass es wichtig ist, die Definition von „Jugend“ anzupassen und Projekte besser danach auszurichten.

3. Projekte für Jugendliche müssen kontextspezifisch sein, d.h. sie müssen vor Ort geplant werden und sich am tatsächlich festgestellten Bedarf orientieren

Das ist eine vieldiskutierte Frage innerhalb der EZ, denn natürlich betonen gerade viele Nichtregierungsorganisationen, dass sie genau so arbeiten und viele Menschen halten es schlicht für selbstverständlich, dass Projekte derart geplant werden.

Das ist es aber leider nicht, aus vielerlei Gründen. Geberorganisationen haben bestimmte Vorgaben, die erfüllt werden müssen, sonst gibt es keine Mittel. Dazu gehört z.B. auch die Definition von Jugendlichen rein auf dem Alter basierend. Auf Spenden angewiesene Organisationen haben Marketingkonzepte, die bestimmte Projekte nicht verkaufen wollen (intern wird von der „Sexy-ness“ von Projekten gesprochen). Junge, arme Männer sind dann weit weniger „sexy“ als kleine Kinder mit großen Augen.

Dennoch, Utas‘ Anmerkung ist absolut richtig und nur der tatsächlich vor Ort bestehende Bedarf sollte ein Vorhaben inspirieren, nicht Richtlinien oder Vorlieben von Geldgebenden.

4. Bessere Zusammenarbeit mit bestehenden Systemen und Stärkung lokaler Strukturen

Laut Utas herrscht ein viel zu geringes Verständnis der vielfältigen lokalen wirtschaftlichen Strukturen; überall auf der Welt gibt es informelle Arbeits- und Dienstleistungsmärkte, darin eben so viele Ausbildungssysteme. Diese, so Utas, müssten besser verstanden werden, damit man sie gezielt stärken und für eine bessere Qualifizierung junger Menschen einsetzen könnte.

So weit, so interessant. Leider dauert es oft sehr lange (oder passiert nicht), dass solche Empfehlungen von Politik und Projektplanenden umgesetzt werden. Dennoch ist es möglich, dass allmählich ein Umdenken einsetzt, nichtzuletzt, weil die Gefahren der Radikalisierung und Instabilität in vielen Gesellschaften bestehen und mit der zunehmenden Anzahl arbeitsloser junger Menschen eher mehr als weniger werden.

Neues aus Westafrika und vom Sudan-Konflikt

Während der letzten Wochen hatte ich u.a. über den Putsch in Mali, die Hungerkrise im Sahel und den drohenden Krieg zwischen Sudan und Südsudan berichtet.

Vor dem langen Wochenende möchte ich noch rasch einen kurzen Überblick über neue Entwicklungen in den betroffenen Staaten geben. Außerdem ein paar Worte zum Militärputsch in Guinea-Bissau und zum gestern erfolgten Urteil im Kriegsverbrecherprozess gegen den früheren liberianischen Präsidenten Charles Taylor.

Mali: Zivile Regierung – wann kommen die Wahlen?

Nach dem Militärputsch im März, in dem Soldaten den malischen Präsidenten stürzten, hat dieser inzwischen sein Amt niedergelegt.

Die Putschisten haben im Gegenzug, vermittelt durch die westafrikanischen Regionalorganisation ECOWAS, die Macht an eine zivile Regierung übergeben, in der allerdings auch drei Vertreter des Militärs Ministerämter bekleiden. Der vormalige Präsident des malischen Parlamentes, Diouncounda Traoré, ist derzeit Interimspräsident.

Die Übergangsregierung soll baldmöglichst freie Wahlen organisieren, ein neuer Termin ist jedoch unklar. Vor dem Militärputsch waren Präsidentschaftswahlen für den 29.4.2012 angesetzt.

Nach wie vor ungelöst ist der Konflikt im Norden des Landes, wo Rebellen der Tuareg zusammen mit islamistischen Kämpfern der Organisation Ansar Dine kurz nach dem Putsch weite Teile des Landes erobert und dessen Unabhängigkeit erklärt hatten.

Heute hat die ECOWAS angekündigt, 3000 Soldaten  nach Mali zu schicken, um die Situation zu überwachen, den Übergang zu freien Wahlen zu stabilisieren und vor allem um die schwierige Lage im Norden Malis zu entschärfen.

Zu den Hintergründen der Krise in Mali sowie über aktuelle Ereignisse in der Region schreibt Peter Dörrie  (auf Englisch).

Putsch in Guinea-Bissau – unsichere Lage

Vor rund zwei Wochen, am 12. April, gab es auch in Guinea-Bissau einen Militärputsch – während der Präsidentschaftswahl. Die meuternden Soldaten drückten damit ihren Unmut über angebliche Pläne des erwarteten Wahlgewinners Carlos Gomes Junior, die Armee zu verkleinern, aus.

Die ECOWAS hat heute entschieden,  zwischen 500 und 600 Soldaten nach Guinea-Bissau entsenden zu wollen. Die Militärjunta hatte zuvor angekündigt, eine Übergangsregierung einzusetzen, die freie Wahlen in 2014 organisieren soll, was die ECOWAS wie auch UNO und die Afrikanische Union aber ablehnen.

Da die Junta verkündete, jegliche ausländischen Truppen als Besatzer zu begreifen, bleibt auch die Situation in Guinea-Bissau weiterhin unsicher und schwierig.

Hungerkrise im Sahel noch lange nicht abgewendet

Unterdessen verschärft sich die Hungerkrise im Sahel weiter.  Die großen in der Region vertretenen Hilfsorganisationen berichten seit Wochen darüber und haben Spendenaufrufe gestartet, etwa UNICEF mit der Aktion #SahelNOW.

Das Welternährungsprogramm hat 8 Fragen zur Hungerkrise im Sahel beantwortet.

Sudan vs. Südsudan

Die Situation im Grenzgebiet der beiden Staaten nahe des Ölfeldes Heglig ist weiterhin angespannt. Es wird von Kämpfen und Luftangriffen mit mehreren Hundert toten Soldaten berichtet. Zwar haben sich die südsudanesischen Truppen zunächst zurückgezogen, BeobachterInnen gehen jedoch weiterhin davon aus, dass derzeit ein Krieg wahrscheinlicher ist als erneuter Friede.

Die Angestellten des öffentlichen Dienstes im Sudan sind aufgerufen, einen Teil ihres Gehaltes zu „spenden“ (was als Zeichen für den knappen Haushalt, verursacht durch eingestellte Ölförderung, gewertet wird).

Weitere Informationen zu Sudan und Südsudan:

  • ZEIT online zeigt Bilder der Schäden in Heglig
  • Eine Infografik, die die Geschichte der Bombardements im Sudan illustriert – „dank“ Khartoum eine sehr große Datei, schreibt rovingbandit, der die Grafik auf seinem Blog verklinkt hat, incl. Link zum (4MB) PDF
  • Hier ein sehr ausführlicher Artikel (auf Englisch) über die Hintergründe des Sudankonfliges von Alex de Waal, einem der international bekanntesten Sudan- Experten

Urteil gegen Charles Taylor

Gestern ist der frühere liberianische Präsident Charles Taylor von dem internationalen Sondertribunal für Sierra Leone (SCSL) wegen seiner Verstrickung in den Bürgerkrieg im Nachbarland Sierra Leone, insbesondere der Unterstützung der Rebellenbewegung RUF (Revolutionary United Front), wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen schuldig gesprochen worden.

Bei ZEIT Online gibt Andrea Böhm einen sehr guten Überblick über das Urteil und „das (vorläufige) Urteil gegen Charles Taylor„. Das Strafmaß wird voraussichtlich Ende Mai verkündet werden.

Der Prozess hat große Bedeutung, da zum ersten Mal ein früherer Staatspräsident vor einem internationalen Gericht verurteilt worden ist. Während viele Menschen in Sierra Leone das Urteil begrüßten, gab es in Liberia gemischte Reaktionen (die BBC hat dazu umfangreiches Material und auch der Guardian bietet viel zum Thema).

Heute ist Welt-Malaria-Tag

Quelle: S. Jähnichen, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Malaria_distribution_%28de%29.png?uselang=de

Malaria – in unseren Breiten glücklicherweise nicht (mehr) verbreitet – gehört weltweit zu den häufigsten Todesursachen von Kleinkindern. In 106 Ländern ist Malaria endemisch. Laut UNICEF stirbt alle 30 Sekunden ein Kind daran, pro Jahr sterben 1 Million Menschen, meist Kinder, an Malaria.

Am stärksten betroffen sind afrikanische Länder, wo 90% der weltweiten Infektionen auftreten und ein Fünftel der Todesfälle von Kindern auf Malaria zurückgehen.

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Frauenprotest in Uganda – nackt und nackt sind zwei Dinge

Gleich zweimal haben in den vergangenen Tagen ugandische Frauen in ungewöhnlicher Form protestiert: Einmal haben sie in BHs gegen die Festnahme der Oppositionspolitikerin Ingrid Turinawe demonstriert, die während ihrer Festnahme mehrmals von einem Polizisten begrapscht worden war. Die Umstände beschreibt die Journalistin Rosebell Kagumire in ihrem Blog, wo sie auch Videos des Vorfalls verlinkt hat.

Am Mittwoch vergangener Woche haben 60 Frauen nackt gegen das Vorhaben der Firma Madhvani Group protestiert, in Norduganda auf 40.000 ha Zuckerrohr anzubauen. Dies geschah, während hunderte Menschen gegen den Besuch von FirmenvertreterInnen und LokalpolitikerInnen demonstrierten, die in das Dorf Lakang gekommen waren, um die Menschen davon zu „überzeugen“ ihr Land Madhvani zu überlassen. Diese Form des Protests hat, wie ich weiter unten beschreibe, einen interessanten weltanschaulichen Hintergrund.

Protest gegen sexuelle Übergriffe auf Ingrid Turinawe in Kampala

UganderInnen sind gewalttätige Übergriffe durch die Polizei leider gewohnt, wie Rosebell Kagumire schreibt. Die Verhaftung Ingrid Turinawes setzt dem aber noch einmal etwas drauf: Bei ihrer Festnahme während einer von Oppositionsparteien organisierten Demonstration am vergangenen Freitag fasste ihr ein Polizist mehrmals an die Brust ohne dass seine Kollegen eingriffen. Auf ihre Nachfragen, was das solle, wurde nicht eingegangen.

Turinawe ist Aktivistin der Gruppe „Activists for Change“ (A4C), die seit mehreren Jahren friedliche Protestaktionen gegen die ungandische Regierung organisiert hat. Diese Gruppe wurde vor einiger Zeit verboten – laut Rosebell Kagumire im Zuge einer allgemeinen Tendenz der Regierung, die Rede- und Versammlungsfreiheit im Land massiv einzuschränken.

Kurz nach der Verhaftung machten viele ugandische TwitternutzerInnen darauf aufmerksam.  Und am gestrigen Montag protestierten Frauen vor dem Polizeipräsidium in Kampala in BHs gegen sexuelle Gewalt und die Festnahme Ingrid Turinawes, um den allen Frauen zustehenden Respekt einzufordern. Eine unbekannte Zahl von Frauen wurde verhaftet; ich konnte bislang keine aktuellen Informationen zum neuesten Stand finden.

Laut Rosebell Kagumire ist seit langem bekannt, dass die ugandische Polizei weiblichen Verhafteten gegenüber sexuell übergriffig und gewalttätig ist; sie zitiert mehrere Vorfälle, die nie geahndet wurden.

Vielleicht ist die zunehmende Verbreitung von Social Media hier ein Mittel, um vermehrte Aufmerksamkeit auch außerhalb Ugandas herzustellen, so wie in diesem Fall. Facebook, Twitter und Blogs erlauben, Informationen schnell zu verteilen und Öffentlichkeit herzustellen.

Protest gegen Land Grabbing in Norduganda

Die Ereignisse in Norduganda, wo Menschen gegen einen Konzern protestieren, der auf angeblich ungenutztem Land industrielle Landwirtschaft betreiben will, sind leider Teil eines unglücklichen Trends, der sich in vielen Ländern Afrikas breit gemacht hat: Land grabbing oder Landnahme. Hier einige Informationen und Hintergründe auf Deutsch.

Regierungen vieler Entwicklungsländer überlassen großen Konzernen (meist mit Sitz in Industrie- oder Schwellenländern wie China und Indien) riesige Landflächen zur Pacht oder zum Kauf. Das Land wird als „ungenutzt“ deklariert, auch wenn in den meisten Fällen seit Generationen Kleinbauern und Kleinbäuerinnen dort leben und das Land bebauen.

Das Problem ist, dass in den meisten Fällen die Rechtslage unklar ist. Es gibt i.d.R. keine verschriftlichen Landrechte oder, wie im Fall Äthiopiens, überhaupt keine Eigentumsrechte, hier gehört alles Land dem Staat, der es den Menschen überlässt, sie aber jederzeit vertreiben kann.

Die Proteste der Frauen in Norduganda spiegeln ihre Wut und Verzweiflung darüber, vom Staat alleine gelassen zu werden. Zwar hat ein Gericht im Sinne der Firma Madhvani entschieden, die Menschen jedoch möchten ihr Land nicht aufgeben und bezweifeln, dass sie jemals gleichwertigen oder überhaupt Ersatz erhalten.

Nacktheit als Protestform – was steckt dahinter?

Der Protest in Lakang hat eine interessante ethnologische Dimension: Im konkreten Fall in der Gesellschaft der Acholi in Norduganda scheint es so zu sein, dass es jungen Männern großes Unglück bringt, grauhaarige Frauen nackt zu sehen. Sie müssen sich danach einem Reinigungsritual unterziehen, um drohendes Unglück abzuwenden.

Der angegriffene Distriktchef behauptet zwar, er halte nichts von „solchen Dingen“ , es ist aber gut möglich, dass er innerlich vom Gegenteil überzeugt ist (das kann ich natürlich nicht wissen, geschweige denn belegen).

Für die Acholi ist die Tatsache, dass diese Form des Protests großes Unglück bringt, kein Glauben oder „Aberglaube“, es ist Realität. Es ist eine Form der Wahrnehmung der Welt und ein Mittel gesellschaftlicher Sanktionierung.

Der Vorfall zeigt, dass Frauen, ältere Frauen zumindest, eine gewisse Macht inner halb der Acholi-Gesellschaft innehaben. Sie haben die Macht, jüngere Männer in die Schranken zu weisen und ihnen Unglück zu bescheren, das nur durch ein Reinigungsritual wieder abgewendet werden kann.

Vielleicht kann jemand dazu noch mehr sagen, das würde mich interessieren, denn ich habe mich nie eingehend mit den Acholi beschäftigt.

Wie es scheint, wird es den Acholi aus Lakang jedoch wenig helfen; der Distriktchef verweist auf das Gerichtsurteil, das das bislang öffentlich zugängliche Land dem Konzern zugesprochen hat. Hier zeigt sich, dass traditionelle gesellschaftliche Sanktionierungssysteme im Konflikt zu modernen wirtschaftlichen Interessen stehen.

Mein eigentlicher Punkt war aber, darauf hinzuweisen, dass eine ähnliche Form des Protests – Nacktheit, ob mit oder ohne BH – ganz unterschiedliche Absichten und Hintergründe hat und, wie im Fall der Acholi, sogar einen kosmologische Bedeutung haben kann, die man als AußenstehendeR nicht notwendigerweise erfassen kann.