… würde ich es so vor den Augen der Welt sehen wollen? Nackt, unglücklich dreinschauend, mit dickem Hungerbauch und von Fliegen umkreist? Aber es ist ja „nur“ ein Kind aus Afrika, aus dem Südsudan, genauer gesagt, was auf einem der heutigen „Bilder des Tages“ bei SZ online zu sehen ist. Das darf man ruhig zeigen.
Update: Die Links sind nicht mehr aktuell, da die SZ-Redaktion in relativ rascher Abfolge neue Bilder online stellt. Bei den erwähnten Bildern handelt es sich um eine Aufnahme von Paula Bronstein von einem Kind in Yida, Südsudan sowie um ein Foto von Christopher Furlong von einem Kind in Staffordshire, Großbritannien.
Können wir uns ein kleines, weißes, blondes Kind derart abgebildet vorstellen? Unser eigenes Kind gar? Nein, unvorstellbar! Nie gesehen? Das ist auch nicht verwunderlich, sondern schlicht unseren rassistischen Seh- und Abbildegewohnheiten geschuldet.
Bilder, wie das eingangs erwähnte, tragen dazu bei, unser Bild von Afrika als dem „Krisenkontinent“, auf dem nichts als Elend, Krieg und Hunger herrschen, zu prägen und durch wiederholte Darstellung zu bestätigen. „Ach, das arme Kleine“, denkt man sofort und merkt dabei schon nicht mehr, wie sehr die Menschenwürde dieses Kindes mit Füßen getreten wird. Kinder aus Afrika werden ja immer so gezeigt. (Siehe dazu auch etwa auch den Film „White Charity“ und meinen Beitrag dazu).
Darstellungen wie die des Kindes aus dem Südsudan können aber nie damit gerechtfertigt werden, dass das eben die Bilder seien, die man „dort“ eben sieht. Auch bei der Darstellung von in Armut lebenden Menschen geht deren Würde immer vor und ist wichtiger als das vermeintlich gute Bild einer Fotografin. Bei meinem letztjährigen Besuch im Südsudan habe ich auch außerhalb der Hauptstadt durchaus Kinder angetroffen, die angezogen waren, gelacht und gespielt haben, wie es „normale“ Kinder überall auf der Welt eben tun. Beim betrachten des vorliegenden Bildes aber bestätigen sich wunderbar alle Vorurteile, die man über „Afrika“ ohnehin und seine Krisenregionen insbesondere bereits hat.
Übrigens wird, wie, um den Beweis zu schaffen, in derselben Fotostrecke ein weißes, blondes Mädchen in einer gewitzten Pose gezeigt. „Wie süß, die Kleine“, denkt man beim Betrachten, ganz anders als beim „armen“ afrikanischen Kind. Warum ist das nicht umgekehrt?
„Welche Bilder kann ich denn dann überhaupt benutzen?“ mag sich die Betrachterin fragen. Ganz einfach: Jene, bei denen ich damit einverstanden wäre, dass ich selbst oder mein eigenes Kind auf die entsprechende Weise fotografiert bzw. abgebildet werden.
Dazu erschien neulich auch ein guter Beitrag der Fotografin Laura Pohl auf dem Blog von Linda Raftree, der sich damit befasst, wie Fotos im EZ-Kontext verwendet werden sollen. Sie listet einige Kriterien auf, von denen das erste lautet: „Würde – keine ausgemergelten Kinder, Fliegen in den Augen, Gewalt oder sonstige stereotype Abbildungen“.
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