Heute ist wie jedes Jahr am 16. Juni „Day of the African Child“. Mit diesem Gedenktag erinnert die Afrikanische Union (AU) an die vielen Tausend Schwarzen Jugendlichen, die am 16. Juni 1976 in Soweto, Südafrika, gegen die schlechte Qualität ihres Bildungssystems protestierten. Fast 200 unbewaffnete Demonstrierende wurden damals von Polizisten erschossen. Die Jugendlichen demonstrierten für bessere Bildung und für das Recht, in ihren eigenen Sprachen unterrichtet zu werden anstatt in Afrikaans – für die Schwarze Bevölkerung die Sprache der Unterdrücker.
Rund um den 16. Juni finden inzwischen jedes Jahr Veranstaltungen unter einem Motto statt, das sich jeweils auf ein aktuelles Thema, das Kinder in Afrika betrifft, bezieht. Das Motto in 2012 lautet „The Rights of Children with Disabilities“: ‚the duty to protect, respect, promote and fulfil.’“ (Rechte von Kindern mit Behinderung. Die Pflicht, sie zu schützen, zu respektieren, voranzubringen, und zu erfüllen.“).
Hier ein ausführliches Hintergrundpapier zum Thema, erarbeitet vom African Committee of Experts on the Rights and Welfare of the Child (ACERWC), mit Empfehlungen für afrikanische Regierungen zur Umsetzung politischer Maßnahmen sowie Vorschlägen für Aktivitäten zum heutigen Aktionstag.
Kinder mit Behinderungen: Immer noch übersehen und übergangen
Die Rechte und Bedürfnisse von Kindern mit Behinderungen rücken erst ganz allmählich in den Fokus der Zivilgesellschaft und der Regierungen vieler Entwicklungsländer und auch die Entwicklungszusammenarbeit hat hier großen Nachholbedarf. Selbst viele derjenigen Organisationen, die sich für Kinder und ihre Rechte einsetzen, haben sich lange Zeit nicht übermäßig für Kinder mit Behinderungen engagiert.
Maßnahmen wie etwa Barrierefreiheit bei Baumaßnahmen, Schaffen von Bildungsangeboten für Seh- oder Hör-beeinträchtigte Kinder oder Ausbildung speziell geschulter LehrerInnen gab und gibt es nur spärlich, wenn auch mit steigender Tendenz. Zahlen der britischen NGO Sightsavers, die sich für Blinde einsetzt, lassen darauf schließen, das ein Drittel der Kinder in Entwicklungsländern, die keine Schule besuchen, eine Behinderung haben, weltweit rund 23 Millionen. Neben fehlenden Angeboten spielen vielerorts auch Vorbehalte und Ablehnung gegenüber behinderten Menschen eine große Rolle, so dass Eltern dazu neigen, ihre Kinder zu verstecken.
Es fehlen gesellschaftliches Bewusstsein und politischer Wille
Eine aktuelle Studie des in Südafrika ansässigen Secretariat of the Africa Decade of Persons with Disabilities (SADPD) mit Daten aus Malawi, Lesotho, Namibia, Swasiland und Südafrika zeigt, wie tief diese Vorbehalte in vielen afrikanischen Ländern weiterhin sind, was gleichzeitig auch die Ursache dafür ist, dass es kaum Angebote und entsprechende (finanzielle) Mittel gibt, um Kindern mit Behinderungen etwa den gleichberechtigten Zugang zum Bildungssystem ermöglichen. Dazu wiederum haben sich die afrikanischen Regierungen (mit Ausnahme Somalias) durch Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention jedoch verpflichtet.
Da aber Kinderrechte ohnehin nicht auf der Agenda der meisten afrikanischen Regierungen stehen, ist es leider wahrscheinlich, dass Kinder mit Behinderungen weiterhin vom Zugang zu Bildung und anderen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen werden und sich hier nur sehr langsam ein Wandel hin zu mehr Chancengleichheit und Gleichberechtigung vollziehen wird.
Immerhin zeigen Ereignisse wie die oben zitierte Studie und eine damit im Zusammenhang erfolgte Konferenz zum Thema, organisiert von SADPD zusammen mit dem Ministerium für Bildung und Ausbildung Swasilands und der Open Society Initiative for Southern Africa (OSISA), dass es zumindest Ansätze gibt, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen und mehr und bessere Daten zu generieren, auf deren Grundlage Vorschläge für konkrete Maßnahmen erarbeitet werden können.