Der morgige 8. März ist internationaler Frauentag. Anlass, einmal kurz über dessen historische und aktuelle Bedeutung nachzudenken. (Für weitere Informationen siehe z.B. das Dossier der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg oder Wikipedia).
Ich plane außerdem einen Folgebeitrag zur Bedeutung des internationalen Frauentags in Afrika.
Was ist der Ursprung des internationalen Frauentages?
Der internationale Frauentag hat seinen Ursprung im frühen 20. Jahrhundert, als Frauen in immer mehr Ländern begannen, für das Frauenwahlrecht zu kämpfen. In Deutschland gilt Clara Zetkin, SPD-, später KPD-Mitglied, als Begründerin des Frauentages, nachdem sie auf der ersten internationalen sozialistischen Frauenkonferenz 1907 das allgemeine Frauenwahlrecht gefordert hatte. Erstmals begangen wurde der internationale Frauentag dann am 19.3.1911.
Nicht vollständig geklärt ist, wie das Datum 8. März zustande kam, an dem der Tag seit 1921 begangen wird. Am 8. März 1917 streikten Arbeiter-, Soldaten- und Bauernfrauen in St. Petersburg und lösten damit die Februarrevolution aus. Die Meinungen gehen auseinander, ob im Jahr 1921 der Vorschlag der bulgarischen Delegation zur 2. internationalen Konferenz sozialistischer Frauen oder aber Lenin den 8. März als internationalen Frauentag vorschlugen.
Nachdem 1918 das Wahlrecht für Frauen in Deutschland eingeführt worden war, rückten weitere Formen der Ungleichbehandlung von Frauen in den Fokus des Aktionstages, etwa die Bereiche Zugang zu Bildung, Arbeitslohn, oder Zugang zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen betreffend.
Die Nationalsozialisten verboten den Frauentag wegen seines sozialistischen Ursprungs und führten stattdessen den Muttertag ein. Nach dem 2. Weltkrieg hatte der Frauentag in Westdeutschland zunächst kaum Bedeutung während er in der DDR und anderen sozialistischen Ländern als Feiertag begangen wurde.
Die sozialistische Herkunft des Frauentages führte im Kontext des Kalten Krieges zu einer neuen Herleitung des Datums in den westlichen Ländern: losgelöst von der Frauenbewegung galt nun ein angeblicher Streik New Yorker Textilarbeiterinnen vom 8.3.1857 als eigentlicher Ursprung des Gedenktages, was inzwischen aber als Mythos entlarvt worden ist.
Erst die zweite Frauenbewegung griff Ende der 1960er Jahre den Frauentag wieder auf, um auf Themen wie Gewalt in der Ehe, verschiedene Formen der Diskriminierung sowie die Rechte nicht-heterosexueller Menschen aufmerksam zu machen. Seit 1975 ist der 8. März als internationaler Frauentag offizieller UN-Tag. In einigen Ländern ist er sogar gesetzlicher Feiertag.
Internationaler Frauentag heute – brauchen wir den noch?
Betrachtet man die ursprüngliche Bedeutung des internationalen Frauentages, nämlich den Kampf für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit, so lautet die Antwort ganz klar: Ja!
KritikerInnen wenden ein, dass – wie bei vielen anderen Gedenktagen auch – solche Tage oft nur als Feigenblatt fungieren. Für einen Tag werden die Forderungen und Lebenssituationen von Frauen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt, um danach für die kommenden 364 Tage wieder in den Hintergrund zu verschwinden.
Grundsätzlich ist diese Argumentation nachvollziehbar: Frauenrechte sind immer aktuell und werden täglich eingeschränkt, da kann es nicht mit einem Tag der Aufmerksamkeit getan sein. Tagtäglich kämpfen viele AktivistInnen für die Rechte von Frauen und Mädchen auf Gleichbehandlung, für gleiche Chancen (und Pflichten).
Dennoch dienen solche internationalen Tage dazu, dass diese täglichen Aktivitäten und Kämpfe einmal sichtbar werden, sichtbarer als sonst. Die mediale Aufmerksamkeit ist höher und vielleicht wird gerade dann die/der eine oder andere dazu motiviert, sich einmal intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen. Ein solcher internationaler Gedenktag dient also auch als eine Art Signal und Wegweiser der Orientierung im Meer der Informationsdauerbeschallung.
Gibt es nicht längst die „Gleichberechtigung“?
Viele – Frauen wie Männer – wenden gerne ein, dass die Gleichberechtigung doch längst erreicht sei, und Feministinnen sich aber wirklich einmal zufriedengeben könnten mit dem, was erreicht wurde.
Ist das wirklich so? Ein großes Nein lautet die Antwort. Frauen sind in vielen gesellschaftlichen Bereichen weiter Einschränkungen und Diskriminierungen ausgesetzt, und das weltweit. Gerade forderte die EU-Justizkommissarin Viviane Reding eine europaweite Frauenquote für das Management großer Unternehmen. Und in der Tag ist die „gläserne Decke“ nach wie vor eines der großen Probleme, mit dem sich berufstätige Frauen konfrontiert sehen.
Ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen (der sog. Gender Pay Gap), Benachteiligung alleinerziehender Mütter, fehlende Kitaplätze, sexistische Werbung, Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen in in den den Medien, ein zunehmender Diskurs gegen Abtreibung (nicht nur im US-Wahlkampf)… Beispiele der Ungleichbehandlung gibt es viele und auch wenn Frauen im Vergleich zu den Frauen rund um Clara Zetkin heutzutage vieles erreicht haben, so ist immer noch vieles unerreicht und leider viel zu weit unten angesiedelt auf der politischen Agenda, nicht nur aber auch in Deutschland.
Wo finde ich weitere Informationen?
Das Internet bietet eine Fülle von Informationen, hier ein kurzer, nicht repräsentativer und überhaupt nicht vollständiger Überblick:
- das oben erwähnte Dossier der Landeszentrale für politische Bildung BW
- Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung über die „Geschichte der Frauenbewegung“
- Übersicht von Veranstaltungen zum Frauen(kampf)tag von der Mädchenmannschaft
- UN-Seite zum International Women’s Day mit dem diesjährigen Motto „Empower rural women – end hunger and poverty“ (Frauen aus ländlichen Gegenden stärken – Hunger und Armut beenden)
- arte Themenabend am heutigen 7.3. zu „Was Frauen wollen“ mit weitergehenden Informationen zum Thema und der Möglichkeit, im TV gesendete Beiträge bis zu 7 Tage nach Ausstrahlung im Netz anzusehen
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