EZ, Kinderrechte
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Die Post-2015-Agenda und die Rolle junger Menschen darin

aus: Youth Consultations for a Post-2015 Framework: A Toolkit“, S. 9

2015 endet die Phase der Millenniums-Entwicklungsziele (MDG). Die Ziele wurden nur teilweise erreicht, viel Kritisches wurde darüber berichtet und seit Anfang 2012 konkretisieren sich die Prozesse rund um eine post-2015-Agenda immer stärker: „Die heiße Phase der inhaltlichen Debatte hat begonnen“, so das DIE , spätestens seit UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon ein BeraterInnengremium eingesetzt hat, das bis September 2013 Empfehlungen für ein neues Rahmenwerk erarbeiten soll (PDF). Dieses Gremium, besetzt mit hochrangigen VertreterInnen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft (u.a. Ex-Bundespräsident Horst Köhler) wird geleitet von Bambang Yudhoyono, Präsident Indonesiens, Ellen Johnson Sirleaf, Präsidentin Liberias sowie David Cameron, Premierminister Englands.

Lag der Schwerpunkt der MGDs auf der Reduzierung der weltweiten Armut, so wird inzwischen darüber diskutiert, dass eine zukünftige Strategie einen weiteren Fokus braucht und etwa Maßnahmen zu nachhaltigem Umgang mit Ressourcen beinhalten muss – daher wurde auf dem Rio+20-Gipfel im Juni dieses Jahres auch mit der Entwicklung sog. Sustainable Development Goals (SDGs) begonnen.

Einen ausführlichen (deutschsprachigen) Hintergrundbericht mit vielen Links und kritischer Betrachtung zu MDGs und dem Post-2015-Prozess gibt es beim Bretterblog.

Die Welt sieht anders aus als im Jahr 2000

Die Weltpolitik und mit ihr das Verständnis von Entwicklungspartnerschaft und –zusammenarbeit haben sich seit dem Jahr 2000 gewandelt. Die „klassischen“ Geberländer konkurrieren mit neuen Gebern wie China und Indien um die Gunst der Empfängerländer, welche zusehends selbstbewusster werden. Länder des Südens formulieren ihre Ziele, in absehbarer Zeit ohne Zahlungen von außen auskommen zu können (zwei Beispiele). NGOs und Zivilgesellschaft sind immer besser organisiert und vernetzt. In Bezug auf die MGDs wird von einigen kritisiert, dass sie nicht genügend auf friedenspolitische und menschenrechtliche Belange ausgerichtet sind, andere Stimmen sprechen sich wiederum gegen stärkere Betonung der Menschenrechte aus.

Und schließlich gibt es die Forderung nach einer post-2015-Struktur, die nicht wie bisher lediglich Ziele und Indikatoren für Prozesse in den Ländern des Südens vorgibt, sondern sich auf alle Länder beziehen muss – sonst bleibt der partnerschaftliche Ansatz eine rhetorische Hülle und zementiert weiterhin die ungleichen Machtstrukturen im Nord-Süd-Verhältnis.  Siehe hier oder hier).

Wessen Stimme wird gehört?

Bis Ende März 2013 sollen, organisiert durch UNDP, mindestens 56 nationale und 9 thematische Konsultationen stattfinden.  Die thematischen Konsultationen stehen über die verlinkte Website allen Menschen (die einen Internetzugang und lesen und schreiben können) offen. Die nationalen Konsultationen sollen darüber hinaus allen gesellschaftlichen Gruppen aus den beteiligten Ländern des Südens die Chance bieten, ihre Meinung zu einer post-2015-Agenda beizutragen.

Die Richtlinien für die Konsultationen sehen vor, diesen Prozess möglichst inklusiv zu gestalten. Aus diesem Anlass hat Restless Development (RD), eine NGO, die mit Jugendlichen in Ländern des Südens arbeitet, im Rahmen der Initiative Youth in Development einen Toolkit (PDF) entwickelt , der Anregungen bietet, um Kinder und Jugendliche in den Post-2015-Prozess mit einzubeziehen. Angesichts der Tatsache, dass 87% der Bevölkerung in Ländern des Südens jünger als 25 Jahre sind, haben ihre Meinungen zu diesem Thema Gewicht. Dies gilt aber genauso für junge Menschen in den Ländern des Nordens, deren Stimmen ebenfalls Teil der Vision einer „Welt wie wir sie uns vorstellen“ sind. („The World we Want“ ist das Motto des Post-2015-Prozesses). Dementsprechend will RD alle Interessierten weltweit dazu animieren, ebenfalls Konsultationen mit jungen Menschen zu organisieren, damit diese die Chance haben, sich an der Entwicklung einer Post-2015-Agenda zu beteiligen.

Solche Konsultationen müssen nicht notwendigerweise in einem offiziellen Rahmen stattfinden, sondern können überall abgehalten werden, in Schule, Jugendgruppe oder auf Gemeindeebene. Mithilfe moderner Kommunikationsmittel bestehen überdies vielfältige Möglichkeiten, Ergebnisse zu präsentieren und nicht zuletzt gibt es mehrere Plattformen, über die sich alle Interessierten direkt beteiligen können (siehe unten).

Dazu ist wichtig, Strukturen zu schaffen, mit welchen sichergestellt wird, dass die Teilhabe möglichst vieler junger Menschen sichergestellt wird und auf ihren Schutz geachtet wird.

aus: Youth Consultations for a Post-2015 Framework: A Toolkit“, S. 17

RD formuliert dazu vier Schlüsselprinzipien:

1. Zugang und Inklusivität

Alle sollten gleiche Chance auf Teilhabe haben, daher muss auf Barrierefreiheit, die verwendete Sprache (Fachworte, aber auch offizielle Sprache vs. Dialekt oder lokale Sprache) geachtet werden, genauso wie auf das Vermeiden des Reproduzierens dominanter Strukturen (z.B. sollten Mädchen und Jungen gleichermaßen gehört werden können). Auch sollte das Setting so gewählt werden, dass es für alle angenehm ist, d.h. Achten auf Uhrzeit (z.B. außerhalb von Ferien und Schulzeit), gute Erreichbarkeit, ansprechende Methoden, Bereitstellen von Getränken, etc.

2. Bottom-up

Erwachsene, die solche Prozesse anleiten, müssen darauf achten, dass sie als ModeratorInnen wirken, und dabei die TeilnehmerInnen nicht in bestimmte Richtungen beeinflussen, sondern ihnen ermöglichen, ihre eigene Sicht der Dinge darzulegen, untereinander Konsens zu schließen und abschließend zu visualisieren, bzw. dokumentieren.

3. Partizipativ

Schon bei der Organisation sollte darauf geachtet werden, dass die Einladung möglichst alle potenziell Interessierten erreichen kann. Auch sollte darauf geachtet werden, dass jeder Mensch anders lernt und kommuniziert, d.h. unterschiedliche Lernstile sollten berücksichtigt werden (z.B. eher Bilder als Text verwenden, Teilnehmende zur Moderation einzelner Teile animieren, etc.).

4. „Ownership“ der jugendlichen Teilnehmerinnen

Ownership ist immer ein kritisches Konzept – dennoch sollte darauf geachtet werden, dass im Anschluss an eine Konsultation das Erarbeitete nicht in einer Schublade verschwindet, sondern dass auch Strategien entwickelt werden, wie das Ganze weitergeführt werden kann, bzw. verdeutlicht werden, wie sich das Erarbeitete in den Gesamtkontext der Post-2015-Agenda einfügt.

Im Toolkit sind weiterhin konkrete Empfehlungen enthalten, wie eine Konsultation Schritt für Schritt organisiert werden kann und wie der Toolkit für den jeweiligen kulturellen Kontext angepasst werden kann. Ganz wichtig ist auch das Einhalten von Maßnahmen zum Kinderschutz, insbesondere, wenn unter-18-Jährige teilnehmen werden. Hier ist notwendig, dass klare Richtlinie zum Kinderschutz bestehen, die etwa Maßnahmen zum Datenschutz beinhaltet (z.B. ob Fotos aufgenommen werden dürfen und ob und unter welchen Bedingungen diese veröffentlicht werden können).

Schließlich enthält das Dokument viele Vorschläge für Themen und Methoden, wie eine Konsultation gestaltet werden kann – vom auf die Minute genau geplanten Ablaufplan über Auflockerungsübungen bis hin zu methodischen Übungen zur Erarbeitung einzelner Themen.

Das Thema Internationale Entwicklungspartnerschaft anschaulich vermitteln

Das Dokument ist nicht nur interessant für alle, die in der EZ arbeiten (und damit sind nicht nur NGOs gemeint), sondern auch für LehrerInnen oder ReferentInnen in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit – auch wenn keine vollständige Konsultation erarbeitet werden soll, eignen sich die Materialien, um das Thema internationale Entwicklungspartnerschaft anhand des Beispiels MDG, bzw. post-MDG-Prozess zu vermitteln. Insbesondere der partizipative und inklusive Ansatz ist erwähnenswert und mag inspirieren.

Informationen über den Post-2015-Prozess

Es gibt mehrere Websites, die sich dem Post-2015-Prozess widmen, hier nur eine kleine Auswahl – zum Stichwort Inklusion: Die offiziellen Webressourcen sind nur in den UN-Sprachen einsehbar, was schon einen wesentlichen Kritikpunkt am Prozess darstellt, denn bei aller Rhetorik zur Inklusion sind neben Fremdsprachenkenntnissen auch Lese- und Schreibkenntnisse sowie Wissen über und Zugang zu bestimmten Medien, insbesondere dem Internet und Social Media, notwendig). Dennoch ist der jetzige Prozess vermutlich partizipativer als derjenige in den 1990er Jahren, der zur Millenniumserklärung führte.

  • allgemeiner Twitter-Hashtag: #post2015
  • Post 2015 vom Overseas Development Institute http://post2015.org, Twitter: @post2015,
  • World We Want – thematische Konsultationen http://www.worldwewant2015.org geeinsame Web-Plattform von UN und Zivilgesellschaft, an der sich alle Interessierten beteiligen können @WorldWeWant2015
  • Beyond 2015 – Zivilgesellschaftliche Kampagne http://www.beyond2015.org @beyond2015
  • „Deine Stimme gegen Armut – Entwicklung braucht Beteiligung“ – Kampagne von VENRO, die insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene für die Anliegen der MDG und des Post-2015-Prozesses gewinnen will @deinestimme

Weitere deutschsprachige Angebote

  • Von zwanzig-nach-92 zu Post-2015, Blog, Brot für die Welt
  • Die UN-Entwicklungsagenda nach 2015, Globale Bildungskampagne
  • Global Policy Forum Europe et al. (Hg.) Globale Nachhaltigkeitsziele und Post-2015-Entwicklungsagenda. Dokumentation Fachgespräch und Perspektivworkshop Bonn, 25.-16. September 2012 (PDF)
  • Ankündigung des nationalen Komitees Deutschland von UN Women der Online-Diskussionen (PDF)

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